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Eine Diät wie andere auch

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Von: Pamela Dörhöfer

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Bei Anhängern des Intervallfastens bleibt der Teller wahlweise 16 Stunden oder zwei Tage lang leer.
Bei Anhängern des Intervallfastens bleibt der Teller wahlweise 16 Stunden oder zwei Tage lang leer. © istock

Heidelberger Wissenschaftler nehmen das Intervallfasten unter die Lupe.

Wollen wir etwas essen gehen heute Abend?“ „Nein, ich darf ab 17 Uhr nichts mehr zu mir nehmen...“ Viele Menschen dürften solche Situationen in ihrem Bekanntenkreis schon einmal erlebt haben. Mit verlässlicher Regelmäßigkeit gibt es alle paar Jahre – oft auch in noch kürzeren Abständen – einen Hype um einen neuen Ernährungstrend, eine neue Diät, die vermeintlich alles andere in den Schatten stellt und sicher den gewünschten, dauerhaften Gewichtsverlust bringen soll.

Das gute alte Prinzip „Friss die Hälfte“ (FDH), reicht längst nicht mehr aus, es muss ein (nicht selten pseudowissenschaftlicher) Überbau geschaffen werden. Mal war es Low Fat, dann Low Carb, zwischendurch noch Trennkost, um nur einige populäre der vielen Trends zu nennen. Aktuell ist Intervallfasten bei Abnahmewilligen schwer angesagt. Indes: So sicher wie neue Methoden zur Gewichtsreduktion samt dazugehörigen Büchern und Medienberichten auf den Markt kommen, so sicher folgt meist auch die Relativierung superlativischer Aussagen, wenn unabhängige Wissenschaftler die Diät unter die Lupe nehmen.

Das ist nun auf dem Intervallfasten widerfahren: Es hilft beim Abnehmen und ist der Gesundheit förderlich, soweit die gute Nachricht, allerdings tut es das nicht besser als herkömmliche Diäten auch. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und des Universitätsklinikums Heidelberg nach Auswertung ihrer Helena-Studie, der bislang größten Untersuchung zum Intervallfasten.

Für alle, die mit dem Begriff nichts Konkretes anfangen können, in Kürze das Prinzip dieses Ernährungstrends: Intervallfasten oder auch intermittierendes Fasten wird von den Anhängern unterschiedlich gelebt: Einige essen acht Stunden lang, worauf sie gelüstet, und darben die restlichen 16 – was bedeutet: Jegliche Nahrungsaufnahme ist in dieser Zeit „verboten“. Andere essen zwei Tage nichts und futtern dafür den Rest der Woche nach Belieben. Deshalb gibt es auch die Begriffe „16:8“- oder „5:2“-Diät.

In etlichen Ratgebern versprechen die Autoren (wie bei anderen Diäten auch) eine dauerhafte Gewichtsabnahme ohne Jojo-Effekt, eine nachhaltige Veränderung des Stoffwechsels und damit eine grundsätzliche Verbesserung des Gesundheitszustandes. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt hingegen, dass Intervallfasten zur dauerhaften Regulation des Gewichts nicht geeignet sei, außerdem fehle es an wissenschaftlich fundierten Untersuchungen zu den Langzeitfolgen.

Tatsächlich gebe es erst wenige kleinere Studien dazu, die aber mit „verblüffend positiven Effekten für die Stoffwechsel-Gesundheit“ aufwarten könnten, sagt Ruth Schübel vom Deutschen Krebsforschungszentrum: „Das hat uns neugierig gemacht und wir wollten wissen, ob sich diese Effekte auch in einer größeren Patientengruppe und über einen längeren Zeitraum nachweisen lassen.“

Gemeinsam mit Kollegen des DKFZ und Wissenschaftlern des Uniklinikums Heidelberg untersuchte Ruth Schübel über die Dauer eines Jahres 150 übergewichtige und fettleibige Menschen. Die Teilnehmer wurden zu Beginn nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt: Ein Drittel hielt zwölf Wochen lang eine herkömmliche Diät ein, bei der schlicht die tägliche Kalorienaufnahme um 20 Prozent gesenkt wurde. Die zweite Gruppe praktizierte Intervallfasten nach dem „5:2“-Prinzip (Fünf Tage essen, zwei Tage fasten), mit dem sie über die gesamte Woche gesehen die gleiche Kalorienmenge einsparten. Die dritte Gruppe richtete sich nach keiner bestimmten Diät, wurde jedoch, wie die anderen auch, motiviert, nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausgewogen zu essen. Im Anschluss an die Diätphase dokumentierten die Wissenschaftler für 38 weitere Wochen das Gewicht und die Gesundheit der Probanden.

Das Ergebnis dürfte für glühende Anhänger des Intervallfastens eher enttäuschend sein: Der Gesundheitszustand verbesserte sich durch beide Diätformen gleichermaßen: Bei den Teilnehmern beider Gruppen verringerte sich mit dem Körpergewicht das viszerale Fett, also das ungesunde Bauchfett rund um die Organe, auch die Fettablagerungen in der Leber gingen zurück. Die Änderung der Fettverteilung im Körper konnten die Wissenschaftler mithilfe einer speziellen Bildung in einem Magnetresonanztomographen des Uniklinikums Heidelberg exakt ermitteln. Dabei stellte sich heraus, dass bereits ein kleiner Abnahmeerfolg viel für die Gesundheit bringt. Wer sein Körpergewicht um nur fünf Prozent reduziert, verliert demnach um die 20 Prozent des gefährlichen Bauchfetts und sogar mehr als ein Drittel de Leberfetts – „unabhängig von der Diätform“, wie die Forscher betonen. Auch bei sämtlichen anderen analysierten Stoffwechselwerten sowie bei allen untersuchen Biomarkern und Genaktivitäten fanden die Forscher keinen Unterschied zwischen einer herkömmlichen, auf Kalorienreduzierung basierenden Diät und dem Intervallfasten – was im Umkehrschluss aber auch heißt: Letzteres ist nicht schlechter als andere Diäten.

Und Tilman Kühn, leitender Wissenschaftler der Studie, bricht noch eine Lanze für das Intervallfasten: Es scheine, dass es einigen Menschen leichter falle, an zwei Tagen sehr diszipliniert zu sein, statt jeden Tag Kalorien zu zählen und sich einzuschränken. Er sagt freilich auch: „Um das neue Gewicht zu halten, bedarf es einer dauerhaften Ernährungsumstellung auf ausgewogene Kost nach den Empfehlungen der DGE.“

Der Wissenschaftler bewertet das Studienergebnis so, dass es nicht vorrangig auf die Diätform ankomme, „sondern vielmehr darauf, sich für eine Methode zu entscheiden und diese dann durchzuziehen“. Darauf deutete auch eine aktuelle Studie hin, die Low Carb (wenig Kohlenhydrate) und Low Fat (wenig Fett) miteinander vergleicht. Auch hier erzielten die Teilnehmer mit beiden Methoden die gleichen Effekte.

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