Was Nachbarn alles dulden müssen

Laute Kirchenglocken am Morgen, stinkender Qualm von Nachbars Grill - Anwohner müssen so einiges aushalten. Aber müssen sie wirklich? Anwalt Christian Langgartner hat einen praktischen Ratgeber zum Thema Nachbarrecht verfasst. Im Zweifelsfall sollte man dort erstmal nachschlagen.
In Bayern schoss ein 53-Jähriger mit einer Luftdruckpistole auf seine Nachbarin, weil ihm der Rasenmäher zu laut war. Ein Extremfall, sicherlich. Doch bösen Streit unter Nachbarn gibt es in Deutschland immer wieder, und die Gründe sind vielfältig: „Ob der Kinderlärm von nebenan oder der Baustellenkrach gegenüber, Veränderungen in der Nachbarschaft liegen in der Natur der Sache und lassen sich nicht von vornherein ausschließen“, sagt Christian Langgartner. Langgartner ist Rechtsanwalt in München und kennt aus seiner Praxis nicht wenige solcher Fälle.
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„Natürlich gehören Meinungsverschiedenheiten auch in einer guten Nachbarschaft dazu“, bekräftigt der Jurist, „problematisch wird es, sobald die Empfindungen der Beteiligten deutlich auseinanderdriften.“ Dabei lassen sich Missverständnisse unter Nachbarn oft schon im Vorfeld vermeiden. Für betroffene und interessierte Leser hat Langgartner deshalb den Ratgeber ?Nachbarrecht? (Verlag C.H. BECK) geschrieben. Das Buch liefert nützliche Praxistipps - und erklärt, wie man die eigenen Rechte mit oder ohne Prozess durchsetzen kann.
Immer wieder streiten Nachbarn etwa über zu laute Gartenpartys. Dabei macht der Gesetzgeber klare Vorgaben: „Es ist deutlich klüger, seine Rechte und Pflichten einmal nachzuschlagen, bevor man frei heraus behauptet, zweimal jährlich das Anrecht auf eine lautstarke Party zu haben“, sagt Langgartner. Denn das stimme so nicht: Von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens herrscht Nachtruhe. Wer dagegen verstößt, muss damit rechnen, dass die Polizei kommt. Sogar ein Bußgeld kann fällig werden.
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Auch das Grillen auf der Gartenterrasse oder dem Balkon sorgt in den Sommermonaten für Zwist. Grundsätzlich verbieten könne man den Grillspaß nicht, so Langgartner. In einigen Bundesländern, darunter NRW und Brandenburg, ist aber der Gebrauch von stark qualmenden Holzkohlegrillen verboten. Oftmals lohnt sich auch ein Blick in den Mietvertrag: In Mietshäusern entscheidet nämlich grundsätzlich die Hausordnung bzw. der Vermieter, ob überhaupt gegrillt werden darf.
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Häufig stört gar nicht der direkte Nachbar von Gegenüber. Für Unmut sorgen zum Beispiel Volksfeste, Kirchenglocken oder ein neuer Sportplatz - solche Fälle finden Leser auch in Langgartners Buch. Gegen Lärmbelästigungen können sich Anwohner wehren. Allerdings sei hierbei die jeweilige Umgebung zu berücksichtigen, gibt der Jurist zu bedenken: „In einem Industriegebiet ist zwangsläufig ein anderer Geräuschpegel zulässig als in einem reinen Wohngebiet“. In letzterem sei das Ruhebedürfnis besonders schützenswert.
Den Weg vor Gericht sieht Langgartner als möglichst letzten Schritt: Stattdessen sollten die Betroffenen aufeinander zugehen, Verständnis zeigen und miteinander reden. „Kündigen Sie eine Feierlichkeit rechtzeitig an“, rät der Anwalt. Dann werde der Nachbar erfahrungsgemäß eher bereit sein, die Party zeitlich zu tolerieren. „Oder noch besser: Sie laden den Nachbarn gleich mit ein!“
Ob Feiern, Fallobst oder Froschlärm: Welche Regeln im Garten gelten, erklären wir in unserer Bildergalerie:
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