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„Victory City“ von Salman Rushdie: Eine Reise nach Indien

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Von: Sven Trautwein

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Salman Rushdies neues Buch „Victory City“ ist von einem Hindu-Reich inspiriert, das nicht mehr existiert. Zugleich ist es eine Geschichte der heutigen Welt.

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Nach dem erneuten Attentat auf Salman Rushdie war die Kulturwelt in Aufregung. Wird es ein neues Buch von ihm geben? Lassen die Verletzungen Lesen und Schreiben zu? Sechs Monate nach dem Messerangriff hat der bekannte Autor sein neues Buch „Victory City“ veröffentlicht. Es ist eine Reise in die sagenhafte Stadt Hampi und zu den moralischen Fragen unserer Zeit.

Salman Rushdie „Victory City“: Über das Buch

Autor Salman Rushdie und Cover von Victory City
Der Schriftsteller Salman Rushdie legt mit „Victory City" einen sprachgewaltigen Roman vor. © Matt Crossick/picture alliance/dpa/PA Wire/Randomhouse (Montage)

Rushdie bezieht sich in „Victory City“ auf die sagenhafte Stadt Hampi, die früher unter dem Namen Vijayanagara bekannt war und von 1343 bis 1565 als Hauptstadt des untergegangenen Hindu-Reiches diente. Um diesen Roman zu verstehen, sind jedoch keine Vorkenntnisse in indischer Geschichte erforderlich. Der Autor hat sich vielmehr diese historische Kulisse angesehen und dann etwas ganz Eigenes daraus gemacht.

Südindien im 14. Jahrhundert: Die neunjährige Waise Pampa Kampana wird von einer Göttin auserkoren, ihre menschliche Hülle und ihr Sprachrohr in die Welt zu sein. In ihrem Namen erschafft Pampa aus einer Handvoll Samen eine Stadt: Bisnaga – Victory City, das Wunder der Welt. All ihr Handeln beruht auf der großen Aufgabe, die ihr die Göttin gestellt hat: den Frauen in einer patriarchalen Welt eine gleichberechtigte Rolle zu geben. ...

Klappentext / Goldmann

„Victory City“ mit ironischer Einleitung

In der ironischen Einleitung präsentiert Rushdie diese Seiten nicht als seine eigene Schöpfung, sondern nur als seine „völlig abgeleitete“ Zusammenfassung eines alten epischen Gedichts. Der Sanskrit-Text wurde laut ihm kürzlich in einem Tonkrug in den Ruinen von Vijayanagar entdeckt. Dieses unsterbliche Meisterwerk, das „Jayaparajaya“ genannt wird, ist das Werk einer Prophetin namens Pampa Kampana, die im Jahr 1565 im Alter von 247 Jahren verstorben ist.

In den 1980er Jahren erklärte die UNESCO die Ruinen am Ufer des Tungabhadra zu einem Weltkulturerbe. Während dieses Restaurierungsprojekt weitergeführt wird, gibt sich Rushdie hier als einfacher Übersetzer aus, der alles zusammenfasst. Er tritt vorsichtig auf, unterbricht nur selten, um auf eine seltsame Lücke im Originaltext hinzuweisen. So scheint er sich nahezu als Erzähler zurückzuziehen und im Leser ein eigenes Kopfkino erstellen zu lassen. Ansonsten rasen wir durch die Abenteuer von mehreren Generationen eines einst großen Königreichs, als ob wir in eine indische Version von „Game of Thrones“ eintauchen.

„Victory City“: Aufstieg und Fall des Vijayanagar-Reiches

Die Geschichte beginnt lange vor dem Aufstieg und Fall des Vijayanagar-Reiches, in den glimmenden Überresten eines besiegten Königreiches. Die überlebenden Witwen verlassen ihre Festung, errichten ein großes Feuer entlang des Flusses und gehen dann in die Flammen. Pampa Kampana, die neunjährige Tochter einer der Frauen, wird traumatisiert zurückgelassen. Pampa ist eine tief mitfühlende und verwundbare Superheldin, die ihre Stadt mit großer Weisheit und tiefen Wissen vorsteht. Sie hofft, eine Art feministische Utopie zu schaffen, aber der Weg ist lang und beschwerlich. Mal hat sie politische Macht, mal wird sie verachtet.

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Der Ton von „Victory City“ bleibt überraschend bescheiden. Das Überladene, das manchmal in Rushdies Romanen auftauchte, ist hier gezähmt, ersetzt durch einen sanfteren Humor und eine subtilere Satire. Der enorme Zeitrahmen der Geschichte und die vorhergesagte Katastrophe am Ende lassen eine Melancholie durchschwingen. Rushdies Heldin ist sich der Gefahren bewusst, aber in die Geschichte hineingezogen, als ob sie glaubt, dass sie durch das Erfinden einer Geschichte das Böse abwenden oder zumindest etwas Gutes und Bleibendes hinterlassen könnte.

Salman Rushdie „Victory City“: Fazit

Salman Rushdie bietet mit „Victory City“ einen sprachgewaltigen Roman und einen abenteuerlichen Ritt durch die Geschichte. Es ist ein moderner und epischer Roman, bei dem die Worte siegreich sind. Pampa schließt mit „Worte sind die einzigen Sieger“. Wie treffend!

Salman Rushdie „Victory City“

Aus dem Englischen von Bernhard Robben

2023 Heyne, ISBN-13 978-3-328-60294-1

Preis: Hardcover 26 €, E-Book, 21,99 €, 450 Seiten (abweichend vom Format)

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Salman Rushdie

Salman Rushdie wurde 1947 in Bombay geboren und studierte Geschichte in Cambridge. Durch seinen Roman „Mitternachtskinder“ (werblicher Link) erlangte er weltweite Berühmtheit. Seine Bücher wurden mit renommierten internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Booker Prize, und wurden in viele Sprachen übersetzt. Im Jahr 1996 erhielt er den Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk. 2007 wurde er von der Queen zum Ritter geschlagen.

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