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Zweifel an Sicherheit in Japan

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Von: Felix Lill

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Die Polizei inspiziert nach dem Anschlagsversuch den Hafen von Saikazaki. afp
Die Polizei inspiziert nach dem Anschlagsversuch den Hafen von Saikazaki. afp © afp

Ein versuchtes Attentat auf den Premier Kishida schürt Nervosität. Unterdessen ist die deutsche Außenministerin Baerbock bei einem G7-Treffen im Land.

Ist es da auch sicher?“, fragen Menschen in Japan häufig ihre Freunde, wenn diese eine Reise ins Ausland planen. Diese Sorge dient im ostasiatischen Land immer auch als eine Art patriotische Vergewisserung: Hier, in Japan, kenne man viele Probleme ja gar nicht: Die Kriminalitätsrate ist niedrig, geklaut wird fast nie, die Polizei wirkt eher beschützend als einschüchternd, Demonstrationen verlaufen meist friedlich. Japan gilt als Nation der Sicherheit.

Doch inwieweit dieses Bild noch akkurat ist, wird im Land seit dem Wochenende wieder intensiv diskutiert. Am Samstag wurde Ministerpräsident Fumio Kishida mit einer Bombe beworfen, als er bei einer Kampagnenveranstaltung für anstehende Lokalwahlen sprach. Kishida überlebte den Vorfall zumindest äußerlich unversehrt, er trat am selben Nachmittag an anderen Orten der westlichen Präfektur Wakayama erneut auf. „Uns steht eine wichtige Wahl bevor!“, rief er kampfeslustig. Doch ebenso wie um Selbstsicherheit dürfte es sich beim demonstrativen Weitermachen des Premiers um Angst gehandelt haben.

Denn der Vorfall ruft Erinnerungen an den Juli vergangenen Jahres wach, als der Ex-Premier Shinzo Abe erschossen wurde, ebenfalls bei einer Wahlkampfveranstaltung. Der Mord an Abe sorgte auch deshalb weltweit für Aufsehen, weil er sich im als sicher bekannten Japan ereignete. Der Täter ist der Sohn einer Frau, die von einer Sekte in den finanziellen Ruin getrieben worden war und mit Abe in Kontakt stand. Politisch schlug der Fall hohe Wellen, provozierte Rücktritte von Politikern mit ähnlichen Verbindungen. In Bezug auf die öffentliche Sicherheit galt das Attentat aber als Einzelfall.

Mit dem Anschlag auf Kishida wirkt dies ungewiss. Dies offenbaren auch die Statements, die seitdem abgegeben werden und kaum in ein Land passen, das keine Sicherheitsprobleme hat. Der liberale Oppositionspolitiker Kenta Izumi mahnte: „Politische Aktivitäten dürfen niemals durch Gewalt oder Einschüchterung gestört werden.“ Isao Itabashi, Anti-Terror-Experte des Thinktank Nihon Sousei Kaigi, kommentierte: „Die Sicherheit bei Wahlveranstaltungen müssen wir überdenken.“ Die Zeitung „Yomiuri Shimbun“ legte gleich eine Liste mit Attentaten aus vergangenen Zeiten vor.

Unterdessen wird – wie im vergangenen Sommer auch nach dem Attentat auf Shinzo Abe – über den Täter spekuliert. Die Polizei durchsuchte am Sonntag die Wohnung des 24-Jährigen, der am Vortag festgenommen worden war. Er hatte ein zylindrisches Objekt geworfen, das dann explodierte.

Zwar hätte diese Rauchbombe Kishida wohl kaum töten können, aber der mutmaßliche Täter führte eine weitere Bombe sowie ein Messer mit sich. In seiner Wohnung wurden dann Kartons sichergestellt, die Sprengstoff enthalten könnten. Die Tatmotive blieben zunächst unklar.

So steht nun auch die Frage im Raum, ob das Abe-Attentat vom Juli 2022 für einige Personen Terror als Ausdruck von Unzufriedenheit legitimiert hat. Im ostasiatischen Land, wo Rücksicht und Empathie als hohe Güter des sozialen Zusammenlebens geschätzt werden und das Wort „wa“ – ein Begriff für Harmonie – zugleich als Synonym für Japan als Ganzes gilt, sind solche Fragen zutiefst verstörend. Und sie kommen politisch gesehen zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.

Denn im Urlaubsort Karuizawa, 175 Kilometer von Tokio entfernt, nahm Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Sonntag an einer G7-Runde teil. Das Treffen der Außenminister:innen fand wegen des versuchten Anschlags vom Vortag unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Baerbock forderte ein klares Signal der G7-Runde gegen Russlands andauernde Aggressionen in der Ukraine . mit dpa

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