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Lkw-Protest gegen Corona-Regeln: Trucker-Blockade traumatisiert Anwohner in Kanada

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Von: Gerd Braune

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Ein Mann in Camouflage-Kleidung schwenkt auf einer Straße eine Flagge, neben ihm stehen zahlreiche Autos hintereinander.
Die Demonstrierenden bei der Lkw-Blockade im kanadischen Ottawa beteuern, sie träten für die Freiheit ein. © Ed Jones/afp

In der kanadischen Hauptstadt Ottawa protestieren Trucker mit einer Lkw-Blockade gegen die Corona-Regeln. Die Protestierenden werden zunehmend aggressiver.

Ottawa – Nach dem Verhängen des Notstands durch die kanadische Bundesregierung geht die Polizei in der Hauptstadt Ottawa gegen die illegale Blockade des Stadtzentrums und den Protest gegen die Corona-Regeln vor. Das Zentrum in der Nähe des Parlaments wurde abgesperrt.

Zwei Organisator:innen des sogenannten „Freedom Convoy“ der Lastwagenfahrer:innen waren am Donnerstagabend (Ortszeit, 17.02.2022) festgenommen worden. Für Freitag (18.02.2022) war das Vorrücken der Polizei in das Stadtzentrum erwartet worden. Die unter der Besetzung der Stadt leidende Bevölkerung hoffte auf ein Ende des nun dreiwöchigen Lkw-Protests. Vor wenigen Tagen hatte die Polizei eine Trucker-Blockade am Grenzübergang geräumt.

Lkw-Protest gegen Corona-Regeln in Ottawa: Polizei nimmt Organisator:innen fest

Am Freitagmorgen (18.02.2022) herrschte eine angespannte Stimmung in der Stadt. Nach Berichten aus der Innenstadt wurden am Morgen in der Nähe eines Einkaufszentrums im Stadtkern mehrere Demonstrierende festgenommen. Insgesamt drei Quadratkilometer in der Innenstadt waren abgesperrt. Die Polizei richtete 100 Kontrollstellen ein.

Nur wer nachweisen konnte, dass er in der sogenannten „roten Zone“ wohnt oder arbeitet, wurde durchgelassen. Alle Abfahrten der Stadtautobahn im Zentrum Ottawas wurden gesperrt. Zugleich wurden Polizeieinheiten aus Bundespolizei und der Provinzpolizei Ontarios und Quebecs zusammengezogen.

Mit Chris Barber und Tamara Lich hat am Donnerstag (17.02.2022) die Polizei zwei Anführer der Corona-Blockaden festgenommen. Ihnen wird unter anderem Missachtung von Gerichtsanordnungen vorgeworfen. Der Parlamentspräsident sagte die für Freitag (18.02.2022) geplante Fortsetzung der parlamentarischen Beratung über die Notstandsverordnung ab. Das Parlament liegt in dem Stadtbereich, der am stärksten von Protest und Polizeieinsatz betroffen ist.

Blockade wegen der Corona-Regeln: Lkw-Fahrer protestieren gegen neue Verordnung

Der Protestkonvoi hatte vor vier Wochen in West-Kanada begonnen. Er richtet sich gegen die am 15. Januar in Kraft getretene Verordnung, nach der Lkw-Fahrer:innen im grenzüberschreitenden Verkehr mit den USA geimpft sein müssen oder sich bei der Rückkehr nach Kanada testen lassen und in Quarantäne begeben müssen.

Während alle anderen Reisenden derartigen Restriktionen schon lange unterworfen sind, galt für die Trucker eine Ausnahmeregelung, die dann aber von Kanada und den USA beendet wurde. Inzwischen fordern die Lkw-Fahrer:innen und ihr Unterstützer:innen die Aufhebung aller Corona-Einschränkungen.

Sie wollen die Stadt erst verlassen, wenn die Forderungen erfüllt sind. Radikale Kräfte, teils aus dem rechtsextremen Lager, fordern sogar den Sturz der Regierung. Zeitweise waren Grenzübergänge in die USA blockiert. Besonders heikel: Die Corona-Politik von Kanada-Premier Justin Trudeau spaltet dabei sogar seine eigene Partei. Am Montag hatte die Regierung von Premierminister Justin Trudeau den Notstand erklärt, was der Polizei zusätzliche Befugnisse gab.

Lkw-Blockade im kanadischen Ottawa: Angst vor psychischen Langzeitfolgen

Die Protestierenden aber zeigten am Freitagmorgen (18.02.2022) keine Bereitschaft, ihre Aktion zu beenden. In der Innenstadt ging offenbar die „Freedom Convoy Party“ weiter. Videos aus der Innenstadt zeigten tanzende und lachende Menschen, darunter viele Junge, die sich in kanadische Flaggen gehüllt hatten. Sie verstehen ihren Einsatz als Kampf für die Freiheit und gegen die Eingriffe des Staats in ihre Rechte. „Thank you Truckers“ war auf Plakaten zu lesen. Sie sprechen von „Frieden und Liebe“, für die sie einträten.

Am Rande der „Party Zone“ aber sieht es anders aus. Dort sind die Bewohner:innen der Innenstadt anhaltenden Belästigungen ausgesetzt. Immer wieder wird berichtet, wie die Menschen von Demonstrierenden verbal attackiert und beleidigt würden, wenn sie Masken trügen.

Eine Sammelklage von Bewohner:innen und Geschäftsleuten aus der Innenstadt gegen die Veranstalter:innen des Konvois beläuft sich mittlerweile auf mehr als 300 Millionen Dollar (etwa 200 Millionen Euro). Die Chefin der Gesundheitsbehörde von Ottawa, Vera Etches, und Psycholog:innen befürchten Langzeitfolgen bei Menschen, die traumatische Erlebnisse mit Protestierenden hatten. Das Trauma sei stadtweit zu spüren, sagt Etches. (Gerd Braune)

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