Zerreißprobe rund um den Tempelberg

Arabische Partei setzt Mitgliedschaft in Israels Regierung aus – und droht mit Rückzug
Die Spannungen in Jerusalem belasten auch Israels diplomatische Beziehungen. Israel hatte am Sonntag mehr als siebenhundert jüdischen Gläubigen den Besuch des Tempelberges gewährt, wo sich die Al-Aksa-Moschee befindet. Laut einem fragilen Übereinkommen Israels mit Jordanien dürfen jüdische Gläubige den Tempelberg zwar besuchen, aber dort keine religiöse Praxis ausüben. In den vergangenen Tagen hatten jüdische Rechtsextreme wiederholt dazu aufgerufen, diesen Status quo zu brechen. In arabischsprachigen Medien war dies zum Teil so dargestellt worden, dass das offizielle Israel den Tempelberg „übernehmen“ wolle.
Weiteren Zündstoff brachte die Nachricht, dass Palästinenser:innen vorübergehend der Zutritt aufs Areal verweigert wurde, um die Sicherheit der jüdischen Besucher:innen zu garantieren. Zuvor waren mehrere Autobusse mit Steinen und Felsbrocken beworfen und dabei mindestens fünf Personen leicht verletzt worden. Die Passagiere waren auf dem Weg zum Tempelberg gewesen.
Der jordanische Außenminister bestellte nun den israelischen Abgesandten in Amman ein, um ihm ein Protestschreiben zu übergeben. Darin soll von einer „gefährlichen Eskalation seitens Israels“ die Rede sein. Zuvor hatte der jordanische König Abdullah II. sich von Frankfurt aus zu Wort gemeldet, wo er sich von einem chirurgischen Eingriff erholt. Das Staatsoberhaupt forderte Israel auf, „den historischen und rechtlichen Status quo zu respektieren“. Die Bilder aus Jerusalem belasten zudem die neu aufgenommenen Beziehungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und der Türkei.
Am Sonntagabend kam eine innenpolitische Komponente dazu: Die einige arabische Partei in der Acht-Parteien-Regierung, die islamische Raam-Fraktion, erklärte, ihre Regierungsbeteiligung für zwei Wochen „einzufrieren“ – aus Protest gegen die „Schändung“ der Al-Aksa-Moschee durch Israel, wie es manche in der Partei formulieren. Zwar hat diese Schritt praktisch kaum Auswirkungen, da das Parlament noch bis 8. Mai in Frühlingspause ist. Es gibt also keine Abstimmungen, bei denen die Koalition auf die Stimmen der Raam-Fraktion angewiesen wäre.
Doch womöglich ist das Platzen der Regierung damit nur aufgeschoben: Raam-Chef Mansour Abbas machte klar, dass aus dem „Einfrieren“ der Zusammenarbeit auch ein Ausscheiden aus der Regierung werden könnte.
Bei der Opposition sorgt der Schritt für Hohn. Ein Abgeordneter der arabischen Oppositionspartei „Vereinigte Liste“ sagte, ein Boykott während der Pause sei „wie eine Diät im Ramadan“.
In der Raam-Fraktion geht es aber vor allem darum, Signale an die eigene Basis zu schicken. Dort sind viele der Meinung, dass eine islamische Partei die Vorgänge rund um die Al-Aksa-Moschee nicht mittragen könne, ein Ausscheiden aus der Regierung sei der einzige Weg.
Vieles wird nun davon abhängen, ob die Lage sich wieder beruhigt oder weiter eskaliert. Eine wichtige Rolle spielen die Terrorgruppen rund um Hamas und Islamischer Dschihad im Gazastreifen. Sie hatten mehrmals verkündet, jederzeit bereit zu sein, Jerusalem zu „verteidigen“.
Jüd:innen feiern derweil das Pessachfest, viele Gläubige besuchen in diesen Tagen die Altstadt von Jerusalem, manche von ihnen auch den Tempelberg. Da die Muslime aber gerade auch den heiligen Fastenmonat Ramadan begehen und die Al-Aksa-Moschee für muslimische Palästinenser:innen die wichtigste lokale heilige Städte ist, sind Konflikte auf dem Areal programmiert.