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Russland hoch im Kurs: Wo Putins Ansehen steigt

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Von: Johannes Dieterich

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Ein Freund, ein guter Freund: mit Maske bei einer prorussischen Kundgebung in Mali.
Ein Freund, ein guter Freund: mit Maske bei einer prorussischen Kundgebung in Mali. © AFP

Russland und China werden in vielen afrikanischen Staaten geschätzt: Sie schicken Geld und Söldner und stellen keine Fragen nach Menschenrechten.

Moskau – Kalter Krieg 2.1: Afrika wird erneut zum Aufmarschgebiet fremder Interessen. Der US-Kongress verabschiedet ein „Gesetz zur Bekämpfung bösartiger russischer Aktivitäten in Afrika“, während im „Global Engagement Centre“, der Zentrale in den USA für die Abwehr von Desinformationskampagnen, Hochbetrieb herrscht. Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung hat Anfang März fast die Hälfte der afrikanischen Delegierten der Verurteilung Russlands wegen des Überfalls auf die Ukraine nicht zugestimmt: In westlichen Hauptstädten leuchten deshalb rote Lämpchen auf. Afrika ist nicht nur wegen seiner Bodenschätze und zunehmend wegen seiner Sonnenstrahlen wichtig: Der Kontinent verfügt auch über mehr als ein Viertel aller Stimmen im Weltparlament.

Russland ist früh aktiv geworden: Während Washington unter Donald Trump Afrika links liegenließ, schloss Moskau mit einem Staat des Kontinents nach dem anderen Militärabkommen ab, mehr als 20 sind es inzwischen. Seitdem können sich unter Druck geratene Regierungschefs wie in Äthiopien oder dem Sudan russischer Waffen sicher sein. Wer sich wie der malische oder der zentralafrikanische Staatschef in akuter Not wähnt, kann russische Söldner bestellen. Und wer sich das Ergebnis einer Wahl zurechtschneidern will, ruft die russische „Agentur für Internet-Forschung“ zu Hilfe. Moskau kommt in Afrika ausnahmslos Regierungen zu Hilfe: Die Bevölkerung ist höchstens als manipulierbare Wählermasse von Bedeutung.

Afrika: China und Russland genießen Ansehen

Historisch allerdings tritt Russland in Afrika mit einem Handicap an. Westeuropas ehemalige Kolonialmächte haben schon sprachlich einen Vorteil. Fast überall auf dem Kontinent werden im Fernsehen US-Serien oder englischer Fußball gezeigt; wer es sich leisten kann, geht zum Studieren nach London, New York oder Paris; und wer sich auf der Suche nach einer Zukunft in Richtung Europa auf den Weg begibt, peilt selbstverständlich nicht Russland, sondern Großbritannien oder Frankreich an. Die zahllosen zivilgesellschaftlichen Organisationen des Erdteils werden fast ausschließlich aus dem Westen unterstützt, während sich der Osten auf die Wirtschaft (China) oder das „Sicherheitsbedürfnis“ der Regierenden (Russland) konzentriert.

China und Russland haben bei afrikanischen Präsidenten einen guten Ruf, weil sie sich nicht um die „inneren Angelegenheiten“ ihrer Partner kümmern – im Gegensatz zum Westen, der seine Unterstützung gerne an Bedingungen knüpft: wie Demokratie, gute Regierungsführung und die Einhaltung der Menschenrechte. Das muss allerdings nicht unbedingt sein, solange das Land – wie etwa Äquatorialguinea – über Erdöl verfügt. Hat es nichts dergleichen, muss sich seine Regierung schon mehr anstrengen. Oder an Russland wenden.

Dessen Hochburg befindet sich im Südlichen Afrika, das sich als letzter Teil des Kontinents von seinen Kolonialmächten befreite. Meist mit russischer Hilfe: Moskau bildete und rüstete Befreiungskämpfer in Angola und Mosambik, in Nord- und Süd-Rhodesien, in Namibia und in Südafrika aus. Der Kontakt zwischen den russischen und afrikanischen Genossen brach niemals ganz ab – selbst nachdem die Befreiungsbewegungen längst zu korrupten Regierungsparteien und die sozialistischen Sowjetrepubliken zu räuberischen Oligarchien mutierten. Noch heute verbindet sie ein gemeinsames Interesse: Sich so schamlos und schnell wie möglich zu bereichern.

Putins Freunde in Afrika – Russland als Vorbild

Nirgendwo kam das deutlicher zum Vorschein als in Wladimir Putins Freundschaft mit dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma. Die beiden fühlten sich schon durch ihre bescheidene Herkunft und ihre Schlapphut-Karriere verbunden – auch Zuma war vom KGB ausgebildet worden. An die Macht gekommen suchte er Putins Konzept eines autoritären, alles kontrollierenden Staats fast 1:1 auf Südafrika zu übertragen: Der Versuch, sämtliche staatlichen Institutionen mitsamt der Staatsbetriebe zu unterwandern, wurde „State Capture“ genannt. Um ein Haar hätte Zuma das Kap der Guten Hoffnung wie Putin Russland in einen Mafia-Staat verwandelt.

Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma (links) und Russlands Präsident Wladimir Putin beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg.
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma (links) und Russlands Präsident Wladimir Putin beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg. © John Macdougall/afp

Er scheiterte schließlich an seinem Stellvertreter Cyril Ramaphosa, unter dessen Präsidentschaft auch eine distanziertere Haltung gegenüber Moskau erwartet wurde. Ramaphosa war auch nie zum Befreiungskämpfer ausgebildet worden. Umso größer die Überraschung, als sich in der UN-Vollversammlung auch Südafrika der Stimme enthielt. Schon zuvor war die in Großbritannien aufgewachsene Außenministerin Naledi Pandor wegen ihrer spontanen Verurteilung Putins unwirsch aus dem Präsidentenamt zurückgepfiffen worden.

Russland: Afrikas Staaten sind auf diversen Wegen mit Putin verbunden

Aufgeschreckt stattete Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Mai im Rahmen einer Afrika-Reise auch Pretoria einen Besuch ab: Er hatte Cyril Ramaphosa zum G-7-Gipfel nach Bayern eingeladen und wollte dort Debatten um die Ukraine-Politik vermeiden. Falls er erwartet hatte, den Präsidenten für eine gemeinsame Haltung im Umgang mit Russland gewinnen zu können, sah er sich enttäuscht: Südafrika werde sich im „Konflikt“ zwischen Russland und der Ukraine weiterhin neutral verhalten, beschied Ramaphosa, dabei beharrlich das Wort „Krieg“ oder „Angriffskrieg“ vermeidend.

Was der Bundeskanzler womöglich nicht wusste: Ramaphosas Partei, der ANC, baut über seinen Investmentarm, das „Chancellor House“, gemeinsam mit dem russischen Oligarchen Viktor Vekselberg Mangan in der Wüste Kalahari ab. Eine Verurteilung Russlands kann sich die nicht nur moralisch, sondern auch finanziell bankrotte Regierungspartei nicht leisten: Anfang dieses Jahres konnte sie schon ihre Angestellten nicht mehr bezahlen. (Johannes Dieterich)

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