Putin hat in Italien trotz Ukraine-Krieg noch immer viele Fans

In der italienischen Politik und Bevölkerung herrscht Uneinigkeit über die Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine.
Rom – Italiens Ministerpräsident Mario Draghi hat in der Frage zu einem möglichen Embargo auf russisches Gas wegen des Ukraine-Konflikts Kompromissbereitschaft gefordert. „Wir fragen uns, ob der Gaspreis für den Frieden eingetauscht werden darf“, sagte der 74 Jahre alte Ex-Chef der Europäischen Zentralbank am Mittwochabend (06.04.2022) in Rom, so die Deutsche Presseagentur.
„Angesichts dieser beiden Dinge, was bevorzugen wir da - den Frieden oder entspannt bleiben, mit angeschalteten Heizungen oder jetzt mit laufender Klimaanlage über den ganzen Sommer?“, fragte der parteilose Regierungschef. „Wie würden Sie darauf antworten? Bevorzugen Sie den Frieden oder die laufende Klimaanlage? Das ist die Frage, die wir stellen müssen“, entgegnete er der Frage eines Journalisten.
Italien: Wladimir Putin kann immer noch auf Unterstützung aus Rom hoffen
Zumindest in Teilen der politischen Welt Italiens würde diese Frage klar zugunsten Russlands beantwortet werden. Einer Analyse des Nachrichtenportals Politico zufolge hat Russlands Präsident Wladimir Putin viele Befürworter in der italienischen Politik. Tatsächlich gebe es, so das Ergebnis der Analyse, im Parlament in Rom einen soliden Block von Rechten und Linken, der sich konsequent gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und gegen die Pläne der Regierung zur Erhöhung der Militärausgaben ausspricht. Das führe zu Spannungen in der Regierungskoalition von Ministerpräsident Mario Draghi.
Die Alternativa-Senatorin Bianca Laura Granato, bezeichnete das italienische Parlament als „unterwürfige Clique“, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im März vor dem Parlament sprach. Sie bestand darauf, dass das Parlament auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin anhören solle, der „einen wichtigen Kampf für Russland“ und gegen eine „globalistische Agenda“ führe.
Ukraine-Konflikt: Politiker in Italien sprechen sich für Russland aus
Vito Comencini, ein Abgeordneter der rechtspopulistischen Lega Nord, sagte, dass die Teilnahme an Selenskyjs Rede „respektlos“ gegenüber den Menschen im Donbas gewesen wäre, der ostukrainischen Region, in der von Putin unterstützte Rebellen 2014 weite Teile des Landes erobert haben.
Italien | |
Hauptstadt | Rom |
Regierungsform | Parlamentarische Republik |
Staatsoberhaupt | Präsident Sergio Mattarella |
Regierungschef | Ministerpräsident Mario Draghi |
Einwohner | 60.026.546 |
Die Politiker sind nicht die einzigen, die Russland verteidigen. Laut einer Umfrage im Auftrag der SWG halten etwa 12 Prozent der Italiener die russische Invasion für gerechtfertigt, bei den rechten Wählern sind es sogar 36 Prozent.
Russland und Italien: Jahrelange Freundschaft
Das ambivalente, in der Vergangenheit sogar freundliche Verhältnis zwischen Russland und Italien gründet auf einem jahrhundertelangen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Austausch. Im 20. Jahrhundert knüpfte die mächtige kommunistische Partei Italiens, die stärkste in Westeuropa, enge Verbindungen zur UdSSR.
Seit dem Ende des Kalten Krieges hat Russland enge Beziehungen zu Italiens rechtsgerichteten Parteien geknüpft. In den 2000er Jahren schlossen der ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Wladimir Putin eine persönliche Freundschaft, die auf wirtschaftlichen Interessen beruhte, wobei Berlusconi merkwürdigerweise sogar ein Bett in seinem Haus nach Putin benannt haben soll. Berlusconi initiierte 2002 in Rom die Unterzeichnung eines Kooperationsvertrags zwischen der NATO und Russland, der die Beziehungen nach der Sowjetunion wiederherstellen sollte. (marv)