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Schrumpfendes Russland: Briten-Geheimdienst sagt jetzt enorme Probleme in Putins Reich voraus

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Von: Andreas Apetz

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Die russische Wirtschaft und der Arbeitsmarkt leiden unter dem Fachkräftemangel seit Beginn des Ukraine-Kriegs
Die russische Wirtschaft und der Arbeitsmarkt leiden unter dem Fachkräftemangel seit Beginn des Ukraine-Kriegs. (Archivfoto) © ZUMA Wire/Imago Images

Die russische Wirtschaft ist auch ein Jahr nach dem Einmarsch in die Ukraine nicht kollabiert. Auf dem Fachkräftemarkt geht es trotzdem weiter bergab.

Moskau – Im Ukraine-Krieg hat die russische Wirtschaft nicht nur mit den europäischen Sanktionen zu kämpfen. Seit der militärischen Mobilmachung herrscht ein Mangel an Fachkräften auf dem russischen Arbeitsmarkt – ein Personalmangel, der kaum zu kompensieren ist. Der britische Geheimdienst schreibt in seinem täglichen Lagebericht von einem neuen Rekordtief: Eine Umfrage unter 14.000 Angestellten der russischen Zentralbank habe ergeben, dass die Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte auf den niedrigsten Stand seit 1998 gesunken sei.

Teilmobilmachung im Ukraine-Krieg sorgt für Fachkräftemangel

Laut dem Geheimdienst sei die Bevölkerung Russlands in den letzten drei Jahren aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin deutlich stärker gesunken als zu erwarten war. Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs hätten im vergangenen Jahr weitere 1,3 Millionen Menschen das Land verlassen. Zu den Geflüchteten zählt auch eine große Menge an jungen und gut ausgebildeten Arbeitskräften. Das russische Ministerium für Kommunikation berichtete von einem Rückgang von 100.000 Angestellten im IT-Sektor. Dies würde etwa zehn Prozent der gesamten Branche entsprechen.

Russlands Regierung hat seine Ökonomie selbst mürbe gemacht. Mit der von Präsident Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung wurden rund 300.000 Reservisten eingezogen – betroffen waren hauptsächlich Männer im erwerbsfähigen Alter. Die Angst vor einer noch radikaleren Mobilmachung befeuerte die Abwanderung der Bevölkerung. Schon damals prognostizierten Experten schwere Folgen für das russische Wirtschaftssystem.

Seitdem klagen Unternehmen in Russland über schwindende Arbeiter. Eine Studie des Moskauer Gaidar-Instituts, veröffentlicht auf bloomberg.com, offenbarte bereits im November 2022 die fatalen wirtschaftlichen Folgen der russischen Teilmobilmachung. Die Untersuchungen prognostizierten schon damals, dass sich ein Drittel der russischen Industrie auf einen erheblichen Personenmangel einstellen müsse. Eine Prognose, die nun Realität zu werden scheint..

„Braindrain“ in Russland stürzt Land in die wirtschaftliche Krise

Experten nennen bezeichnen die Abwanderung der Fachkräfte in Russland als „Braindrain“, also den Verlust von hoch qualifizierten Arbeitskräften ans Ausland, wodurch dem Abwanderungsland Wirtschaftskraft verloren geht. „Unter denjenigen, die versuchen, Russland zu verlassen, sind die Bessergestellten und Gutausgebildeten überrepräsentiert“, schrieb der britische Geheimdienst in einem Lagebericht im September 2022.

Die aktuell schrumpfende sowie alternde Bevölkerung stelle ein wirtschaftliches Problem für Russland dar: „Dies wird wahrscheinlich zu einer Verringerung des potenziellen Wachstums der russischen Wirtschaft führen und birgt die Gefahr, die Inflation anzuheizen“, heißt es im aktuellen Lagebericht aus London.

Auch wenn Moskau selbst sich ein Wirtschaftswachstum prognostiziert, sehen Fachleute langfristig keinen ökonomischen Aufschwung für Russland. Auch im Energiesektor wird wirtschaftlich abgebaut: „Es gibt für das Jahr 2023 keine Hinweise darauf, dass Russland wie im vergangenen Jahr zusätzliche Einnahmen über sein Öl verzeichnen wird“, sagt Alexandra Prokopenko, Ex-Mitarbeiterin der russischen Zentralbank. Den Ukraine-Krieg hält die Expertin trotzdem vorerst für finanzierbar. Schätzungsweise drei bis vier Jahre seien „Kriegsanstrengungen“ des Kreml noch tragbar, sagt Prokpenko. (aa/afp)

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