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Der Westen, Russland und China - und falsche Anführer: Tragische Erfahrungen drohen

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Von: Michael Hesse

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G20-Gipfel in Indonesien
Falsche Führung zur falschen Zeit: Die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten kriegen die Probleme nicht in den Griff. © Kay Nietfeld/dpa

Vor zehn Jahren glaubte ein führender US-Sicherheitsstratege an ein friedliches China und die Integration Russlands in Europa. Was ist schiefgegangen? Die Kolumne „Times mager“.

Vor rund zehn Jahren beantwortete der US-amerikanische Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski einige Fragen zur strategischen Vision. Der Mann, der Lyndon B. Johnson und Jimmy Carter Orientierungshilfe in der Außenpolitik gab, kann als typischer Vertreter des Kalten Krieges gelten. Umso erstaunlicher war seine Einschätzung, wie sich die USA und Europa gegenüber dem Rest der Welt verhalten sollten.

Trotz der bereits 2012 gewachsenen Spannungen zwischen Russland und dem Westen war er von einer Sache überzeugt: „Ich halte es für wichtig, dass Europa als Ganzes nach mehr politischer Einheit strebt und dass ein geeintes Europa gemeinsam mit Amerika versucht, auch Russland für ein größeres Europa zu gewinnen.“

Russland und der Westen: Handwerkliche Fehler - und neue Gefahren im Umgang mit China

Blickt man heute auf die westlich-russischen Beziehungen, die nur noch in Kriegsrhetorik bestehen, muss man sich fragen, welche Fehler Politik und Militär in den vergangenen zehn Jahren handwerklich gemacht haben. Das gilt für Europa und die USA, aber umso mehr für die russische Politik, die nur noch militärische Konfrontationen suchte.

Brzezinski, der polnische Wurzeln hat, gab den US-Außenpolitikern aber auch mit Bezug auf China einen guten Rat mit auf den Weg: Es gebe die Gefahr, „dass sich in Asien die Tragödien des 20. Jahrhunderts in Europa wiederholen, und ein amerikanisches Engagement würde diese Konflikte wahrscheinlich noch verschärfen“.

Obwohl sich das Gravitationszentrum vom Westen nach Osten verlagere, blieben die Vereinigten Staaten die wesentliche Quelle des Gleichgewichts und der Stabilität, glaubte er. „Das bedeutet, dass die Vereinigten Staaten bei der Ausübung dieser Rolle vorsichtig sein müssen und insbesondere eine übermäßige Verwicklung in die Probleme des asiatischen Festlandes vermeiden sollten.“ Unmissverständlich war daher seine Botschaft: „Deshalb müssen die Vereinigten Staaten die Rolle des Schlichters und Ausgleichs übernehmen, ähnlich wie sie Großbritannien im 19. Jahrhundert gegenüber Europa gespielt hat.“

China nicht „als solches gefährlich“: US-Berater fordert Partnerschaft

Er glaube nicht, sagte er vor zehn Jahren, „dass China als solches gefährlich ist, es sei denn, die Außenwelt und insbesondere die Vereinigten Staaten beginnen, China als einen Feind zu betrachten, was es derzeit nicht ist“. Die große Herausforderung der Zukunft bestehe daher darin, eine Art von Partnerschaft insbesondere zwischen den Vereinigten Staaten und China zu schaffen, um eine Wiederholung der tragischen Erfahrungen Europas im 20. Jahrhundert zu verhindern.

Vor genau diesen tragischen Erfahrungen scheint die Welt nun erneut zu stehen. Der in Breslau geborene Historiker Fritz Stern, dessen Familie vor den Nazis in die USA floh, hatte eine einfache Erklärung hierfür: Die heutigen Politiker und Politikerinnen sind einfach im Vergleich zu früheren Staats- und Regierungschefs zu schwach. Und genau wie vor 100 Jahren, in den 1920er und 1930er Jahren, habe die Welt die falschen Führer zur falschen Zeit.

Michael Hesse

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