Väter aus den Büros holen

Meist sitzen die Väter eben doch kurz nach der Geburt wieder Vollzeit im Büro, während die Mütter sich Vollzeit um die Ernährung, Kleidung, Freizeit, Erziehung der Kleinen kümmern.
Muss jetzt am Frauentag hier ein Mann die Zeilen vollschreiben? Wo männliche Sichtweisen eh so viele Diskurse dominieren, immer noch? Zumindest ein paar Zeilen sollten es schon sein, finde ich, ja. Denn da sind drängende Fragen zum Feminismus. Fragen, deren Antworten viel über unsere Gesellschaft aussagen. Sie treiben mich und meine Partnerin um, seit wir 2018 Eltern geworden sind. Wo, fragen wir uns, sind all die Väter? Und warum fühlen wir uns mit dem Versuch, die Kinderbetreuung 50/50 aufzuteilen, oft wie Aliens?
Nehmen wir den Babykurs, den ich in meiner Elternzeit mit der sechs Monate alten Tochter besucht habe. Da gab es noch einen Vater, der mit seinem Kind getanzt und gemalt und mit den Erwachsenen Erfahrungen über Beikost ausgetauscht hat, ja. Manchmal waren es auch zwei. Aber es waren eben auch ungefähr acht Mütter da. Engagierte, tolle Frauen, freilich. Und alle hatten Erklärungen dafür, warum der Mann statt ihnen wieder arbeitet – „er verdient mehr“, „der Chef hätte nichts anderes erlaubt“, „ich stille ja noch“. Aber auch: „Wir wollten das so.“
Klar kenne ich auch engagierte Männer, die genauso Verantwortung für ihre Kinder übernehmen wollen, wie es ihre Partnerinnen tun. Manchmal sogar mehr. Aber meist sitzen die Väter eben doch kurz nach der Geburt wieder Vollzeit im Büro, während die Mütter sich Vollzeit um die Ernährung, Kleidung, Freizeit, Erziehung der Kleinen kümmern. Ach ja, und um den gemeinsamen Haushalt natürlich. Und die Nächte schmeißen sie oft auch. Das sind zwar private Entscheidungen – aber mit gesellschaftlichen Auswirkungen. Was wird sich schon groß an der ungleichen Bezahlung der Geschlechter ändern, wenn es weiter vor allem Männer sind, die ungestört von vollen Windeln und chaotischen Wohnungen Karriere machen können? Von den erwerbstätigen Frauen, die 2021 ein Kind unter 3 Jahren hatten, befanden sich laut Statistischem Bundesamt 45,1 Prozent in Elternzeit – und von den Männern 2,6 Prozent. Hier muss sich was tun. Sonst tut sich nix.
Fabian Scheuermann, 37, Ressort Politik