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Jusos strikt gegen Wehrpflicht: „Diese ganze Forderung ist vollkommener Humbug“

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Von: Nail Akkoyun

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Angesichts des Ukraine-Kriegs wird zunehmend über eine Wehrpflicht in Deutschland diskutiert – insbesondere seitens der SPD. Die Jusos halten davon jedoch nichts.

Berlin – Seitdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) im vergangenen Juni die Einführung eines Pflichtdienstes angestoßen hatte, scheint die Debatte nicht mehr aus der Öffentlichkeit zu verschwinden. Insbesondere Parteikolleg:innen sprechen immer wieder eine Art Wehrpflicht an, wie zuletzt die Wehrbeauftragte Eva Högl.

In der Jugendorganisation der SPD, den Jusos, steht man entsprechenden Vorschlägen jedoch ablehnend gegenüber: „Weder zur Stärkung der Bundeswehr noch um fehlende Ressourcen im sozialen Bereich auszugleichen, ist die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines Pflichtdienstes geeignet. Die Bundeswehr braucht eine umfassende Reform des Beschaffungswesens und bessere Ausrüstung der Soldat:innen. Damit stärken wir die Bundeswehr – nicht mit frischen Schulabgänger:innen“, sagte Pressesprecher Leonard Wolf im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.

Högl sagte der Augsburger Allgemeinen letzten Mittwoch (8. Februar), dass sie „nicht zur alten Wehrpflicht zurück“ wolle, man aber diskutieren müsse, „wie viel Zwang, wie viel Freiwilligkeit nötig ist“. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius ging noch weiter und sagte der Süddeutschen Zeitung, „es war ein Fehler, die Wehrpflicht auszusetzen“. Gleichzeitig erklärte er, der jüngeren Generation keine Pflicht aufbürden zu wollen.

Soldaten des Wachbataillon der Bundeswehr, aufgenommen im Rahmen des Empfangs der Ministerpräsidentin Italiens im Bundeskanzleramt am 3. Februar 2023.
Soldaten des Wachbataillon der Bundeswehr, aufgenommen im Rahmen des Empfangs der Ministerpräsidentin Italiens im Bundeskanzleramt am 3. Februar 2023. © Florian Gaertner/Imago

Diskussion um Wehrpflicht: Juso-Vorsitzende spricht von „vollkommenem Humbug“

In den Augen der Jusos wäre eine Wehrpflicht ohnehin nicht mehr zeitgemäß. „Die Bundeswehr braucht vielmehr spezialisierte Kräfte, zum Beispiel in der Cyberabwehr, da sind einfache Wehrpflichtige ungeeignet. Darauf hat der Generalinspekteur der Bundeswehr bereits im vergangenen Jahr zurecht hingewiesen“, sagte Wolf. Juso-Bundesvorsitzende Jessica Rosenthal sprach ebenfalls davon, dass eine Wehrpflicht kein strukturelles Problem der Bundeswehr lösen würde. „Diese ganze Forderung ist vollkommener Humbug“, sagte sie der Frankfurter Rundschau.

Der ehemalige Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert hatte sich in der Vergangenheit mehrfach zur Wehrpflicht geäußert – und ebenfalls dagegen ausgesprochen. „Die Jugendlichen, denen jahrelang immer eingetrichtert wurde ‚schneller, höher, weiter‘, denen wird jetzt von einigen Älteren zugerufen ‚Tut doch mal was für die Gesellschaft!‘ Das finde ich ganz schön hochnäsig, ehrlich gesagt“, so Kühnert dem Deutschlandfunk bereits im Juli 2020 inmitten der Corona-Pandemie. Laut seinem Pressesprecher vertritt der heutige SPD-Generalsekretär diese Ansicht noch immer.

Im Kriegsfall: Nur jede:r zehnte Deutsche wäre bereit, zur Waffe zu greifen

Einer Umfrage zufolge wäre gut jede beziehungsweise jeder zehnte Deutsche bereit dazu, sein Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Freiwillig würde sich in solch einem Fall allerdings nur fünf Prozent zum Kriegsdienst melden, wie die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zeigen. Etwa 33 Prozent würden der Umfrage nach versuchen, das gewohnte Leben so weit wie möglich weiterzuführen. Circa 24 Prozent würden im Kriegsfall so schnell wie möglich das Land verlassen.

Vor rund einem Jahr, kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs, befürwortete eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht. (nak)

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