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Wegen Corona: Tausende Schulklassen in Frankreich geschlossen

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Von: Stefan Brändle

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Frankreich, Albigny-Sur-Saone: Menschen stehen vor einem mobilen Corona-Testzentrum an.
Frankreich, Albigny-Sur-Saone: Menschen stehen vor einem mobilen Corona-Testzentrum an. © Laurent Cipriani/dpa

Eine Testpflicht sorgt in Frankreich für Chaos an den Schulen – für Präsident Macron wird das drei Monate vor der Wahl zu einem Problem.

Paris – Unter Frankreichs Eltern geht die Angst um – allerdings nicht so sehr vor Omikron, sondern vor dem Test-Marathon, zu dem sie im Fall einer Ansteckung gezwungen sind. Die Regierung in Paris unternimmt alles, um den Schulbetrieb offenzuhalten. Damit versucht sie indirekt auch einen Kollaps der Wirtschaft zu verhindern. Außer einer dreiwöchigen Schließung zu Beginn der Corona-Krise hatte Präsident Emmanuel Macron mit dieser Strategie bisher Erfolg.

Doch jetzt wirft Omikron alle Pläne über den Haufen. Die Massenansteckung erfasst zunehmend auch das Jungvolk der Nation. Allein am Donnerstag (06.01.2022) wurden 47.000 infizierte Schulkinder gemeldet, dazu 5600 Lehrer:innen. Fast 10.000 Schulklassen mussten bisher geschlossen werden. Und das, obwohl die Klassen nicht mehr bei einem „positiven“ Fall geschlossen werden, sondern erst nach drei Fällen.

Corona in Frankreich: Chaotische Szenen vor Schuleingängen

Der Preis dafür ist hoch. Laut dem seit Montag (03.01.2022) gültigen Protokoll müssen sich die Schüler:innen noch am selben Tag testen lassen, wenn eine Klassenkameradin oder ein Klassenkamerad angesteckt ist. Zwei Tage später müssen sie einen ersten Selbsttest anfügen, vier Tage später einen zweiten. Um danach in die Schule zurückkehren zu können, haben sie eine Testbescheinigung vorzuweisen. An den Schuleingängen kommt es zu chaotischen Szenen – die selbst ein hohes Ansteckungspotenzial bergen.

Eltern, Lehrkräfte und auch die Medien bezeichnen die Lage als „unhaltbar“. Denn mittlerweile verfügen nur noch wenige Apotheken über Selbsttests. Bildungsminister Jean-Michel Blanquer erlaubt zwar das Ausweichen auf PCR- oder Antigen-Tests. Doch das erfordern oft mehrstündiges Anstehen – und das für viele Schüler:innen täglich.

Macron zittert: In drei Monaten ist in Frankreich Präsidentschaftswahl

Das Bildungsministerium hat das Protokoll am Freitag leicht gelockert: Tritt in einer Schulklasse ein neuer Fall auf, muss nicht mehr sofort ein weiterer Test angefügt werden. Dies hatte zur Folge, dass sich viele Schüler:innen täglich testen mussten. Eine Mutter namens Magali sagte dem Radiosender Europe 1: „Wir verwenden unsere Energie nur noch darauf, die Testvorschriften einzuhalten.“

Hart betroffen sind auch die Lehrerinnen und Lehrer, von denen laut offiziellen Zahlen acht Prozent covidbedingt ausgefallen sind. Einige lassen sich zudem krankschreiben, weil sie sehen, dass Eltern zunehmend gefälschte Testbescheinigungen beibringen. Das verwandelt manche Klassenzimmer in Omikron-Herde.

Omikron-Chaos in Frankreich: Macron verscherzt es sich langsam mit denr Bevölkerung

Minister Blanquer hat in dieser Woche 55 Millionen neue Masken bestellt, doch dürften sie erst in zehn Tagen eintreffen. Das Omikron-Chaos an den Schulen durchkreuzt auch Macrons Pläne, sich vor den Präsidentschaftswahlen in drei Monaten als großer Beschützer der Nation zu präsentieren. Nachdem er in dieser Woche schon die Ungeimpften scharf angegriffen hatte, verscherzt er es sich mehr und mehr auch mit der schweigenden Impfmehrheit – 78 Prozent der Menschen in Frankreich gelten als mindestens einmal geimpft.

Diese Menschen versuchen den ständig wechselnden Vorschriften nachzuleben; doch täglich mehr als eine Stunde Schlange zu stehen, um ein Virus zu stoppen, dessen Gefährlichkeit verstärkt relativiert wird – das ist selbst für viele wohlmeinende Bürger:innen zu viel. (Stefan Brändle)

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