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Reform des Wahlrechts: Idealismus gegen Machtwille

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Von: Pitt von Bebenburg

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Die Ampel schlägt eine Wahlrechtsreform vor, die Union blockt im Bundestag ab.

Berlin - Das von der Ampelkoalition geplante Wahlrecht kann dazu führen, dass nicht unbedingt alle, die einen Wahlkreis gewinnen, auch in den Bundestag einziehen. Das wurde in der ersten Lesung über den Gesetzentwurf am Freitag sehr plastisch.

Da ist zum Beispiel Sarah Ryglewski aus Bremen, Staatsministerin im Kanzleramt und seit 2015 Abgeordnete. Ihren Kreis hat sie mit mehr als 30 Prozent gewonnen. Nach dem Modell der Ampel würde das bei der nächsten Wahl nicht mehr reichen.

Denn auch der zweite Wahlkreis in Bremen war an die SPD gegangen. Dort hatte der Verkehrspolitiker Uwe Schmidt fast 37 Prozent geholt. Der SPD hätte nach dem Zweitstimmenergebnis aber nur ein Sitz zugestanden. Ryglewski wäre ausgeschieden. Es war der CDU-Politiker Philipp Amthor, der diesen Fall als warnendes Beispiel anführte. Wenn ungewiss sei, ob überhaupt jemand aus einem Wahlkreis in den Bundestag einzieht, dann habe dieser „den Namen Wahlkreis nicht verdient“, so Amthor. Die SPD konterte: „Wir wissen darum und wir stellen unsere eigenen Interessen zurück“, entgegnete Svenja Stadler und fügte in Richtung der Union hinzu: „Das müssen Sie erst noch lernen.“

Bedingt durch Überhang- und Ausgleichsmandate ist der Bundestag um mehr als 100 Abgeordnete größer als er eigentlich sein soll. Dem könnte eine Reform des Wahlrechts abhelfen - falls sich die Abgeordneten einigen.
Bedingt durch Überhang- und Ausgleichsmandate ist der Bundestag um mehr als 100 Abgeordnete größer als er eigentlich sein soll. Dem könnte eine Reform des Wahlrechts abhelfen - falls sich die Abgeordneten einigen. © epd

Reform des Wahlrechts: Aufgeblähter Bundestag soll verkleinert werden

Die Fraktionen haben sich vorgenommen, den aufgeblähten Bundestag zu verkleinern – möglichst auf 598 Abgeordnete. Derzeit sind es 709. „Das bedeutet, dass einige Abgeordnete ihr Mandat verlieren werden“, konstatierte Detlef Müller (SPD). Das aber sei gerecht, da es alle Parteien treffen werde.

SPD, Grüne und FDP haben sich verständigt, dass die 598 Sitze nach dem Ergebnis der Zweitstimmen vergeben werden, die künftig „Hauptstimmen“ heißen sollen. Das kann dazu führen, dass Wahlkreisgewinner:innen nicht zum Zuge kommen, wenn zu viele ihrer Partei im eigenen Bundesland vorn liegen. AfD und Linke signalisierten Zustimmung. Die Union hingegen lehnt das Modell der Ampel ab, vor allem die CSU, die stets zahlreiche Überhangmandate holt. Ihr Abgeordneter Michael Frieser sprach davon, die Koalition wolle „die Axt an die Grundlage der Demokratie legen“.

Vorstoß der Union für Wahlrechtsreform erntet Kritik

Die Union hatte ihrerseits einen Vorschlag eingebracht. Er sieht neben Reduzierung der Wahlkreise vor, dass einige Überhangmandate entstehen, ohne dass es dafür Ausgleichsmandate gibt. Das würde die Zusammensetzung des Parlaments zugunsten der Union verzerren. Entsprechend scharf fielen die Kommentare aus. Konstantin Kuhle (FDP) sprach davon, CDU und CSU wollten Mandate „einsacken“. Till Steffen (Grüne) ging die CSU an: „Es kann nicht sein, dass Kleinstparteien hier im Deutschen Bundestag Lösungen verhindern.“

Die Linke will durchsetzen, dass Menschen ab 16 Jahren wahlberechtigt sind und dass auch Ausländer:innen mitbestimmen, wenn sie seit mindestens fünf Jahren hier leben. Auch ein gleicher Anteil von Frauen und Männern solle festgelegt werden. Abgeordnete von SPD und Grünen ließen Sympathien dafür erkennen. Doch sie stellten wie Ulle Schauws (Grüne) fest, dass es etwa bei der paritätischen Aufstellung von Listen „leider noch keine Einigung mit der FDP“ gebe. (Pitt von Bebenburg)

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