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Prigoschins Pläne gehen weit über Bachmut hinaus

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Von: Felix Durach

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Jewgeni Prigoschin will die Söldnerarmee „Gruppe Wagner“ nach den Kämpfen um Bachmut offenbar neu strukturieren. Das sind die Pläne von „Putins Koch“.

Kiew – Seit Monaten tobt der unerbittliche Kampf um die Stadt Bachmut in der Ostukraine. Ukrainische Verteidiger:innen halten nach wie vor weite Teile der Stadt in der Region Donezk. In der vergangenen Woche war es den Söldnern der Privatarmee „Gruppe Wagner“ jedoch gelungen, nach wochenlangem Sturm in das Stadtgebiet einzudringen. Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin gab bekannt, dass seine Truppen das komplette Gebiet östlich des Flusses Bachmutka kontrollieren würden. Es war der jüngste Vorstoß der Söldner-Gruppe, die an der Seite der russischen Armee in Donezk kämpft. Prigoschins Ziel: die vollständige Einnahme Bachmuts.

Wagner-Chef Prigoschin
Jewgeni Prigoschin ist der Leiter der Wagner-Gruppe. © Uncredited/AP/dpa

Prigoschins Pläne im Ukraine-Krieg für die Wagner-Gruppe gehen weit über Bachmut hinaus

Doch auch nach dem Fall der Stadt hat „Putins Koch“ offenbar bereits weitere Pläne für seine Privatarmee. Prigoschin kündigte am Wochenende über Telegram an, die „Gruppe Wagner“ nach der Schlacht um Bachmut in eine „kompromisslose ideologische Elite-Parallel-Militärorganisation“ umwandeln zu wollen. Dafür soll unter anderem eine neue Rekrutierungswelle gestartet werden, um die Reihen der Söldner-Armee wieder aufzufüllen.

Die „Gruppe Wagner“ hat bei den Kämpfen im Ukraine-Krieg wohl erhebliche Verluste erleiden müssen. Das lag vor allem an der Taktik der Privatarmee: Schlecht ausgebildete Rekruten wurden dabei an vorderster Front eingesetzt, um als Teil von menschlichen Wellen feindliche Positionen zu stürmen und diese regelrecht zu überrollen. Viele der Rekruten waren dabei verurteilte Sträflinge, die Prigoschins Söldner direkt aus russischen Gefängnissen für die Kämpfe im Ukraine-Krieg angeworben hatten. Als Gegenleistung für ihren Einsatz wurde ihnen die Freiheit versprochen – sollten sie die Kämpfe überleben.

Gruppe Wagner soll umgebaut werden: „Putins Koch“ will verstärkt junge Erwachsene rekrutieren

Im Clinch mit dem russischen Verteidigungsministerium hat die Wagner-Gruppe zuletzt jedoch die Möglichkeit verloren, Sträflinge zu rekrutieren. Deswegen muss die Privatarmee nun neue Wege finden, um an neue Söldner zu kommen. In diversen russischen Metropolen sollen dafür bereits Rekrutierungszentren eröffnet worden sein. Diese befinden sich unter anderem in Box- und Kampfsportvereinen und richten sich vor allem an Jugendliche und junge Erwachsene. Eine russische regionale Nachrichtenquelle gab am 11. März bekannt, dass die Wagner-Gruppe sechs Rekrutierungszentren in Schulen und Jugendsportvereinen in vier russischen Oblasten eröffnet habe.

„Die Wagner-Gruppe zielt wahrscheinlich darauf ab, durch diese jugendorientierten Kampagnen leicht zu beeindruckende Rekruten zu rekrutieren und ihnen Prigoschins extremistische ideologische Marke des russischen Ultranationalismus einzuflößen“, kommentierten die Militärexperten vom US-Thinktank „Institute for the Study of War“ (ISW) die Entwicklungen. „Prigoschin versucht möglicherweise, die Wagner-Gruppe in eine ideologische Elite-Parallel-Militärorganisation umzustrukturieren, um für sie eine spezialisierte Rolle unter den russischen Streitkräften in der Ukraine herauszuarbeiten“, schrieben die ISW-Analyst:innen weiter.

Prigoschins Pläne für Gruppe-Wagner: „Ideologische Elite-Parallel-Militärorganisation“ statt Söldner-Truppe

Zuvor wurde die „Gruppe Wagner“ hauptsächlich dazu eingesetzt, um taktischer Gewinne auf dem Schlachtfeld in der Ostukraine zu erzielen – oft unter hohen Verlusten. Dieser Rolle will Prigoschin nach der Einnahme von Bachmut offenbar hinter sich lassen. Mit diesem Schritt könnte „Putins Koch“ auch versuchen, seinen Einfluss im Dunstkreis des Kremls weiter zu steigern. Prigoschin zählte in den vergangenen Monaten zu den schärfsten Kritikern von Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu und kritisierte auch Präsident Wladimir Putin öffentlich. Zuletzt war der Söldner-Chef dem Kreml vor, der Wagner-Gruppe nicht die benötigte Munition für für den Einsatz im Ukraine-Krieg zur Verfügung zu stellen.

Wenn Prigoschin seine Wagner-Gruppe in eine „ideologische Elite-Parallel-Militärorganisation“ umwandeln kann, könnte er diese noch mehr als ebenbürtigen Gegenspieler zum russischen Militär in Szene setzen. In einem Statement auf Telegram erklärte Prigoschin, die Weiterentwicklung der Organisation sei nötig, da die Gruppe politisch und gesellschaftlich stark an Bedeutung gewonnen habe. Durch die ideologische Komponente müsse man nun klarstellen, wer die „Gruppe Wagner“ ist und wofür sie steht.

Prigoschin will Söldner-Armee neu ausrichten – Ideologie so „klar wie ein Vorschlaghammer“

„Die Ideologie sollte einfach und klar wie ein Vorschlaghammer sein“, sagte der Söldner-Chef weiter. Der Vorschlaghammer war im vergangenen Herbst zum geflügelten Wort innerhalb der Privatarmee geworden. Auslöser dafür war ein Video, dass die Exekution eines Wagner-Deserteurs mit eben jenem Werkzeug zeigte und von der Söldnergruppe verbreitet wurde. (fd)

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