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Prigoschin auf Konfrontationskurs: die Geschichte hinter dem Wagner-Chef

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Von: Moritz Serif

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Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin gilt als Schlüsselfigur Russlands im Ukraine-Krieg. Dank seiner Verbindungen zu Wladimir Putin konnte er rasant aufsteigen.

Moskau – Er gilt als knallhart und verheizt seine Kämpfer stellenweise wie Vieh: Jewgeni Prigoschin kümmert sich persönlich um die Rekrutierung von neuen Söldnern für seine paramilitärische Organisation Wagner. Sein teuflischer Deal: Aussicht auf Begnadigung für russische Strafgefangene, die eigentlich noch jahrelang in den kärglichen Kreml-Gefängnissen schmoren müssten. Allerdings hat der Deal einen gewaltigen Haken. Die Gefangenen müssen an der Front kämpfen. Deserteure lässt er gnadenlos hinrichten.

Zweifelslos ist der Wagner-Chef durch den Ausbruch des Ukraine-Krieges auch im Westen bekannt geworden. Doch wer ist er überhaupt? Warum ist Wagner so schlagfertig? Was passiert mit der Gruppe nach dem Krieg? Warum streitet er sich mit dem russischen Verteidigungsministerium? Und vor allem: Was für eine Beziehung hat er zu Putin? Fragen über Fragen, die wir Ihnen beantworten werden.

Beschwert sich über mangelnde Hilfe bei der Rekrutierung von Söldnern: Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin.
Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin ist als knüppelharter Hund bekannt und gefürchtet. © Russian Look/Uncredit/Imago/dpa/Montage

Wer ist Wagner-Chef Prigoschin überhaupt?

Prigoschin ist ein russischer Oligarch. Über sein früheres Leben ist nicht allzu viel bekannt, außer dass er wegen Diebstahls und Raubes neun Jahre im sowjetischen Gefängnis einsaß. Anschließend versuchte sich der heutige Oligarch in der Gastronomie und betrieb Restaurants in Sankt Petersburg. In den 1990er Jahren soll Prigoschin Geschäfte in der Glücksspielszene betrieben haben. Bereits damals sollen erste Kontakte zum heutigen Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, entstanden sein. Putin stammt ebenfalls aus Sankt Petersburg. Im Jahr 2000 expandierte der Geschäftsmann und baute eine Kette von Schnellrestaurants auf – allerdings scheiterte das Projekt.

2001 soll Prigoschin Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den französischen Präsidenten Jacques Chirac verköstigt haben. Das Essen sei so schmackhaft gewesen, dass Prigoschin einen bleibenden Eindruck auf Putin hinterlassen habe. In der Folge konnte der Gastronom zahlreiche Aufträge an Land ziehen, zum Beispiel die Bewirtung von Schulen und Kindergeräten sowie die Versorgung der russischen Streitkräfte. Prigoschin durfte Staatsbankette ausrichten. Seitdem ist er als „Putins Koch“ oder „der Koch des Kreml“ bekannt.

Was es mit Prigoschins Verbindung zu Putin auf sich hat

Dank seiner Geschäftsbeziehungen gehören dem Oligarchen und Milliardär Prigoschin ein Privatjet, eine Luxus-Yacht und mehrere Anwesen. Seine Tochter Polina soll verschiedenen Medienberichten zufolge in einem Palast in „Prunk und Protz“ geheiratet haben. Kreml-Kritiker Alexej Nawalny bezeichnete das in seinem Blog als „eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten von Putins Russland“. Dank seiner Verbindungen zu Putin konnte Prigoschin in der Hackordnung noch weiter aufsteigen.

Mit Dmitri Utkin war Prigoschin ab 2012 an der Schaffung der privaten Sicherheits- und Militärorganisation Gruppe Wagner beteiligt. Wagner setzt als „privates Sicherheits- und Militärunternehmen“ Söldner in Krisen- oder Kriegsgebieten ein. Lange Zeit war unklar, dass Prigoschin der Kopf der Organisation ist – das ist erst seit Ausbruch des Ukraine-Krieges bekannt.

Wagner gilt als besonders schlagkräftig, denn Prigoschins Soldaten konnten die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im vergangenen Sommer einnehmen. Laut britischen Geheimdienst macht die Gruppe mittlerweile einen beträchtlichen Anteil der Kampfstärke Russlands aus. Bis zu 50.000 Soldaten könnten für Wagner mittlerweile kämpfen, heißt es.

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Kämpfer der russischen Söldnertruppe Wagner in der Region Donezk in der Ukraine. © Imago

Wie geht es mit Wagner weiter? Prigoschin liegt im Clinch mit der russischen Armee

Was mit Wagner nach dem Krieg geschieht, ist aktuell nicht absehbar. Prigoschin hat jedenfalls mehrmals kryptische Botschaften verlauten lassen. Dass es die Gruppe nach dem Krieg nicht mehr geben wird, scheint aber eher unwahrscheinlich. Immerhin besteht die Organisation bereits seit 2014 und hat zahlreiche Kriege und Schlachten geschlagen. Ausgeschlossen ist aber nicht, dass Prigoschin ausgetauscht wird. Der Wagner-Chef liegt nämlich mit der regulären Armee Russlands im Clinch.

Prigoschin klagt, dass seine Truppen zu wenig Munition, Waffen und Ausrüstung bekämen. Außerdem äußert der Wagner-Chef immer wieder Kritik an der Schlagfertigkeit der russischen Armee. Teilweise wurde er auch ausfallend, etwa, als er Armeeangehörige als „Bastarde“ beschimpfte. Ob das eine gute Idee ist, dürfte fraglich sein. Der Kreml hatte Prigoschin eigentlich befohlen, sich mit öffentlicher Kritik zurückzuhalten. Andere sind dafür bereits von der Bildfläche verschwunden. (mse)

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