„Wie Goebbels“: Borrell warnt vor „Waffe“ Putin-Propaganda - EU unterstützt Exil-Medien
In ungewöhnlich deutlichen Worten hat die EU vor russischer Propaganda gewarnt. Josep Borrell zog einen Goebbels-Vergleich.
Brüssel – Um die Pressefreiheit in Russland ist es schlecht bestellt – das haben Experten IPPEN.MEDIA erst unlängst in eindringlichen Worten bestätigt. Umso kräftiger setzen die vom Kreml kontrollierten Medien auf lautstarke Verbreitung der putinschen Kriegshaltung. Die EU hat nun noch einmal deutlich reagiert.
Ihr Außenbeauftragter Josep Borrell zog am Dienstagmorgen in einer Rede ungewöhnlich unverblümt Parallelen zur Propagandaarbeit der deutschen Nationalsozialisten. Zugleich bestätigte er, dass Brüssel russische Exilmedien wie Meduza unterstützt. Seine Worte fanden auch in Russland Widerhall.
„Menschen, die sich wie Goebbels verhalten“: Borrell warnt vor „Waffe“ im Ukraine-Krieg
„Heute ist klar: Dieser Krieg wird nicht nur auf dem Schlachtfeld von Soldaten ausgefochten. Er findet auch im Informationsraum statt, im Versuch, die Herzen und Köpfe der Menschen zu gewinnen“, sagte Borrell laut Redemanuskript zur Eröffnung einer Konferenz zum Thema Desinformation. Der Kreml habe viel auf diesem Feld investiert; mehr als die EU in die Bekämpfung von Desinformation.
Neu sei diese Strategie zwar nicht, sie sei seit dem Zweiten Weltkrieg bekannt. Neu seien aber die Intensität und die Instrumente. „Goebbels hatte kein Internet und keine Social-Media-Werkzeuge“, sagte Borrell. „Aber heute haben Menschen, die sich wie Goebbels verhalten - und eine Lüge tausend Mal wiederholen - mächtige Multiplikations-Kapazitäten in Lichtgeschwindigkeit, die jedermann überall erreichen können“, warnte er.
Der Kreml nutze Desinformation und Propaganda als „eine Waffe“, erklärte Borrell. „Sie versuchen nicht nur die Geschehnisse zuhause zu kontrollieren - wie jedes autoritäre Diktatur-Regime -, sie versuchen auch, andere zu destabilisieren.“ Ziel sei es, „irrezuführen, zu lügen und in industriellem Umfang zu destabilisieren“. Dafür gebe es Beweise. Am Ende solle niemand mehr in der Lage sein, etwas zu glauben. In ähnlicher Weise hatte zuletzt auch der schwedische Inlandsgeheimdienst Säpo gewarnt.
Russlands Desinformation: EU unterstützt Exil-Medien - russische Agentur sieht Eingeständnis
Im weiteren Verlauf seiner Rede erwähnte Borrell auch die Lage in Russland. Der Druck auf die Rede- und Medienfreiheit habe dort bisher unbekannte Ausmaße erreicht. Der Kreml müsse, wie jedes autoritäre Regime in einem Krieg, das Ausmaß der eigenen Verluste verschleiern. Zuletzt sei mit Meduza eines der letzten freien Medienportale als „unerwünschte Organisation“ verbannt worden.
Die EU stehe aber unabhängigen Medien bei, betonte Borrell. Das sei nicht bloße Rhetorik: „Ich kann nicht ins Detail gehen, aber glauben Sie mir, wir unterstützen sie auf praktische Weise.“ Näheres zu verraten, könne aber „unabhängige Stimmen“ in Gefahr bringen.
Der russische Staatsagentur Tass griff insbesondere diese Passage auf. Borrell habe „zugegeben“, dass die EU Medienportale „ausländischer Agenten“ aktiv unterstütze, lautete die Nachricht in kremltreu-russischer Lesart. Auf weitere Wertungen verzichtete die Agentur allerdings.
Russlands Ukraine-Krieg: Borrell warnt vor Lawrow - „Verbreitet Lügen“
Die EU will im Kampf gegen nachweislich falsche oder irreführende Informationen aus Staaten wie Russland ein Zentrum zur Analyse und zum Informationsaustausch über Desinformation aufbauen. Die EU wolle unter anderem besser verstehen, wie Desinformationen und Kriegspropaganda etwa aus Drittstaaten wie Russland oder China in der EU verbreitet würden, kündigte Borrell an.
Als ein konkretes Wirkungsfeld russischer Desinformation nannte Borell aber auch Afrika. Erst am Montag habe sich bei einem Treffen gezeigt, dass dort nicht alle davon überzeugt seien, dass die Ukraine für die Freiheit aller kämpfe. In Afrika oder auch Lateinamerika seien Weizenpreise gestiegen oder auch Düngemittel knapp. „Es ist der Fehler der Europäer, es sind die europäischen Sanktionen“ sei in diesem Kontext zu hören.
Aktuell sei Wladimir Putins Außenminister Sergej Lawrow in Mali und Eritrea unterwegs, konstatierte der EU-Außenbeauftragte: „Er versucht, Lügen darüber zu verbreiten, wer an der Lage dort schuld ist.“ (fn)