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Klimaschutz bei Heizungen: Wie viel bringen Wärmepumpen wirklich?

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Von: Jörg Staude

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Der Wirkungsgrad von Wärmepumpen-Anlagen schwankt je nach Einsatzsituation stark.
Der Wirkungsgrad von Wärmepumpen-Anlagen schwankt je nach Einsatzsituation stark. © dpa

Wärmepumpen sind meist effizient genug, Treibhausgase einzusparen. Aber ein Verband kritisiert die Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung als zu lasch.

Frankfurt – Klimaschutz-Anforderungen für neue Heizungen und für die Emissionsbilanzen der politisch verantwortlichen Ministerien waren zuletzt zentrale Streitpunkte innerhalb der Ampel-Koalition. Aber noch gelten die Sektorziele des Klimaschutzgesetzes und verlangen von Bau- und Wirtschaftsministerium, Sofortprogramme zur Einhaltung ihrer Vorgaben vorzulegen. Und wenn das Mitte des Jahres geschieht, wird Teil davon sein, Öl- und Gasheizungen mit Wärmepumpe-Anlagen auszutauschen.

Der Vorteil der klimapolitisch favorisierten Wärmepumpe: Sie heizt genau genommen nicht mit Strom, sondern sie nutzt Strom, um aus CO2-freier Umgebungswärme Heizwärme zu machen. Entscheidend dafür ist die sogenannte Jahresarbeitszahl.

Umstieg auf Wärmepumpen: Strommix bestimmt, ab welchem Wirkungsgrad Emissionen sinken

Diese beschreibt, wie effizient eine Wärmepumpe arbeitet. Eine Jahresarbeitszahl von 3 bedeutet: Aus einer Kilowattstunde Strom werden drei Kilowattstunden Heizwärme erzeugt, indem zwei Kilowattstunden Umweltwärme eingekoppelt werden – aus der Luft, dem Boden oder tieferen Erdschichten.

Ausgehend vom Strommix in Deutschland 2021 und den damit verbundenen Emissionen von knapp unter 430 Gramm CO2 je Kilowattstunde müssen Wärmepumpen mindestens eine Jahresarbeitszahl von 1,5 erreichen, um weniger CO2-Emissionen zu verursachen als ein Erdgas-Heizkessel mit 95 Prozent Wirkungsgrad, Wie stark der Klimaeffekt ist, hängt auch davon ab, wie „schmutzig“ das fossile Erdgas ist. Studien gehen pro Kilowattstunde Erdgaswärme von bis zu rund 250 Gramm CO2-Ausstoß aus. Nicht wenige Fachleute halten Erdgas für so klimaschädlich wie Steinkohle und veranschlagen zum Beispiel für Flüssigerdgas 300 Gramm CO2.

Umrüsten auf Wärmepumpe: Wie schnell werden Investitionskosten wieder eingespielt?

Der Klima-Effekt sagt aber nichts über die Wirtschaftlichkeit aus. Also darüber, ob eine elektrische Wärmepumpe ihre gegenüber dem Gaskessel höheren Investitionskosten wieder einspielt, weil ihre Betriebskosten geringer sind. Nach Erfahrungen des Umweltbundesamtes muss dazu die Jahresarbeitszahl über 3,2 liegen. Dabei geht die Behörde von Preisen für eine Kilowattstunde Wärmepumpen-Strom von 40 Cent und zwölf Cent für eine Kilowattstunde Erdgas aus. Auf längere Sicht werden steigende CO2-Preise strombasierte Wärmepumpen wirtschaftlich attraktiver machen, sind sich Fachleute sicher.

Klar ist: Je höher der Anteil des Ökostroms im Strommix ist, desto klimafreundlicher ist die Wärmepumpe. Wer mit der Technik CO2 sparen will, kommt am Ausbau der erneuerbaren Energien nicht vorbei.

Energiewende und Klimaschutz: Vorgaben im Gebäudeenergiegesetz aufgeweicht

Alles in allem ist der bisherige Beitrag der Wärmepumpen zum Klimaschutz überschaubar. Der Branchenverband BWP gibt für 2022 eine jährliche CO2-Einsparung von rund vier Millionen Tonnen an – bei einem Bestand von 1,4 Millionen Wärmepumpen. Ziel der Bundesregierung ist, bis 2030 rund sechs Millionen Wärmepumpen einzubauen.

Im derzeit heiß diskutierten Gebäudeenergiegesetz ist keine Angabe zu finden, wie viel CO2 mit der darin enthaltenen Vorgabe eingespart wird, dass ab 2024 neue Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. Eine Anfrage im Bundestag erbrachte nur die Auskunft aus dem Wirtschaftsministerium, das Gesetz werde 2024 rund 1,7 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich einsparen. Bis 2030 soll diese Zahl auf etwas mehr als zehn Millionen Tonnen steigen.

Wärmepumpe statt Gasheizung: Fachleute warnen vor Mogelpackung

Allerdings mindern die vielen fossilen Ausnahmen, die zuletzt ins Gebäudeenergiegesetz aufgenommen wurden, die Klimawirkung. Jürgen Leppig, Vorsitzender des Energieberaterverbands GIH, sagt, leider sei im Gesetz von der ursprünglichen Idee, ab 2024 keine fossilen Heizungen mehr einzubauen, nicht viel übriggeblieben. „Dass unter dem Deckmantel ‚H2-ready‘ weiter Gasheizungen in Betrieb genommen werden und sie noch über ein Jahrzehnt fossiles Gas verbrennen dürfen, halten wir für eine Mogelpackung“, sagt er. Um die Klimaziele im Gebäudesektor wirklich zu erreichen, müssten die Anforderungen ehrgeiziger ausfallen, fordert Leppig.

Bei der Klimawirkung des neues Gesetzes sind zudem weitere gegenläufige Effekte zu berücksichtigen. So sind seit 1990 die CO2-Emissionen aus der Raumwärme in privaten Haushalten um etwa 40 Millionen Tonnen zurückgegangen, zeigen Statistiken. Diese CO2-Reduktion war aber schon 2007 erreicht, seitdem ist nicht mehr viel passiert. CO2-Einspareffekte – unter anderem durch den steigenden Anteil erneuerbarer Energien – werden bisher größtenteils durch die wachsende Pro-Kopf-Wohnfläche aufgezehrt: Standen 1990 im Schnitt pro Person noch rund 35 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung, waren es 2020 mehr als 47 Quadratmeter.

Und künftig drohen ähnliche Rebound-Effekte. So will die Bundesregierung bis zu 400.000 Wohnungen pro Jahr neu bauen lassen. Prognosen zum Ausmaß, in dem dadurch möglicherweise die CO2-Emissionen im Gebäudebereich steigen werden, sind nicht bekannt. (Jörg Staude)

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