Wähler verärgert über Wahlkampfvideo

Israels Premier Benjamin Netanjahus Likud-Partei macht im israelischen Wahlkampf mit diffamierenden Videos von sich reden. Jetzt hagelt es insbesondere von Anhängern der Likud-Partei Proteste.
Es sollte pfiffig und frech wirken. Hafenarbeiter und andere Beschäftigte aus dem halbstaatlichen Dienst beschweren sich in dem Videoclip, man könne keine ruhige Kugel mehr schieben, seitdem „Bibi“ wie Israels Premier Benjamin Netanjahu genannt wird, mit seinem Reformkurs ihre Privilegien ad acta gelegt habe. Zu den „Bibi-Opfern“ gesellt sich alsdann ein bärtiger Hamas-Terrorist, der sich ebenfalls beklagt, dass Netanjahu ihm den Job erschwere. Nationalstolze israelische Gewerkschafter fanden es jedoch dann überhaupt nicht lustig, vom Likud in eine Reihe mit der palästinensischen terroristischen Hamas gestellt zu werden.
Das Wahlkampfvideo, das der rechtskonservative Likud jüngst präsentierte, war allenfalls für die Konkurrenz eine Lachnummer. Stammwähler der israelischen Regierungspartei von Netanjahu reagierten vergrätzt. Zu ihnen gehören Malocher wie „Misrahi“ – die orientalischen Juden, die bislang zur Likud-Partei so treu standen wie zu einer Fußballmannschaft. Die Arbeitspartei in Israel versteht sich zwar als sozialdemokratisch, gilt aber im einfachen Volk als zu elitär, zu „aschkenasisch“ – sprich: zu europäisch – geprägt.
Video eine Lachnummer
Besagten Videoclip zogen die Wahlkampfstrategen des Likud inzwischen zerknirscht aus dem Verkehr. Der angerichtete Schaden lässt sich weniger leicht beseitigen. Er habe genauso wie seine Eltern sein Kreuz immer für den Likud gemacht, „aber damit ist es ab jetzt vorbei“, ließ sich ein Hafenarbeiter aus Aschdod in der Zeitung „Yedioth Achronoth“ zitieren. Viele Kollegen, die als Reservisten vorigen Sommer im Gazakrieg kämpften, zeigten sich ebenfalls empört, mit der Hamas verglichen zu werden. Damit habe der Premier „jede rote Linie überschritten“.
Es läuft nicht gut für Netanjahu. Seine Gefolgschaft schrumpft. Armand Lankri, Vorsteher einer Likud-Ortsgruppe in der Negevstadt Dimona, wollte gar schon auf der linken Massenkundgebung „Israel will einen Wechsel“ vergangenen Samstag in Tel Aviv sprechen. Lankri ist zugleich Gewerkschaftsführer der Arbeiter von „Dead Sea Works“, die seit Wochen gegen Entlassungspläne kämpfen. Erst als Netanjahu ihm persönlich versprach, die staatlichen Anteile zu nutzen, um die Jobs bei dem israelischen Chemieriesen zu retten, sagte Lankri den Auftritt ab.
Der frühere Mossad-Chef Meir Dagan allerdings ließ sich nicht abhalten. Er prangerte in Tel Aviv vor einer Menge von gut 50 000 Menschen die visionslose Politik der Netanjahu-Regierung an. „Wir verdienen eine Führung, die neue Prioritäten setzt“, so Dagan. Und eine Regierung, die Friedensinitiativen ergreife.
Doch daran denkt Netanjahu als Allerletztes. An seine Rede in der Bar-Ilan-Universität, in der er sich vor sechs Jahren unter Wenns und Abers für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen habe, mag er ungern erinnert werden. Die Frage nach Gebietskonzessionen sei irrelevant, sagte er Sonntagabend, da nach jetziger Lage nur der radikale Islam sowie der Iran profitieren würden. Netanjahu hätte das Thema wohl am liebsten ganz vermieden. Ein rigoroses Nein zu einem Staat Palästina macht sich international nicht gut. Nur kommt ein „Ja“ im stramm rechten Likud noch schlechter an.