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Wacklige Hoffnung auf Waffenstillstand im Sudan

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Von: Johannes Dieterich

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Ein sudanesischer Soldat im Gespräch mit einem Zivilisten während einer Waffenpause in Kharthum.
Ein sudanesischer Soldat im Gespräch mit einem Zivilisten während einer Waffenpause in Kharthum. © AFP

Laut der US-Regierung unterscheidet er sich von allen bisherigen versuchen. Fachleute erwarten sich allerdings auch vom siebten Waffenstillstand im Sudan nur wenig.

Nur wenige Stunden vor Beginn eines von den Konfliktparteien im Sudan ausgehandelten Waffenstillstands haben Augenzeugen im Verlauf des Montags über weitere schwere Gefechte in der Hauptstadt Khartum berichtet. Im Mittelpunkt der Kämpfe soll der Versuch der Milizentruppe „Rapid Support Forces“ (RSF) gestanden haben, den im Nordwesten Khartums gelegenen Militärflughafen Wadi Saeedna einzunehmen. Das Rollfeld ist für die meist aus der Luft geführten Angriffe der Regierungstruppen auf RSF-Stellungen von zentraler strategischer Bedeutung. Bislang habe die Arme den Milizen-Angriff unter Einsatz von schwerer Artillerie abgewehrt, hieß es weiter.

Am Montagabend sollte ein Waffenstillstand in Kraft treten, den Vertreter der Miliz und der Armee bereits am Samstag in der saudischen Hafenstadt Dschidda unter Vermittlung der USA und Saudi Arabiens unterzeichnet hatten. Es handelt sich um den siebten Versuch einer Waffenruhe: Seine sechs Vorgänger sind in den seit mehr als fünf Wochen anhaltenden Kämpfen alle gescheitert. Der jüngste Anlauf unterscheide sich von allen vorigen Versuchen, heißt es in einer Stellungnahme der US-Regierung, weil die Vereinbarung von beiden Seiten unterzeichnet worden sei und von einem Überwachungsmechanismus mit internationaler Beteiligung begleitet werde.

Sudanesische Analystin: „Daraus wird nichts“

Dem vereinbarten „Koordinations- und Überwachungskomitee“ sollen je drei Vertreter der beiden Konfliktparteien sowie je drei Repräsentanten der saudischen und der US-Regierung angehören. Die Vereinbarung sieht eine zunächst einwöchige Waffenruhe in allen Landesteilen vor. Beide Seiten verpflichten sich, humanitäre Hilfe nicht zu behindern, Flüchtlinge nicht aufzuhalten und Plünderungen von Geschäften und Privathäusern zu beenden. Außerdem sollen keine Zivilist:innen „bedroht, verhaftet oder gefoltert“ werden. Vorgesehen ist eine Verlängerung der Vereinbarung nach einer Woche.

Kenner:innen des Konflikts versprechen sich auch von der siebten Vereinbarung einer Waffenruhe indessen nicht viel. „Wenn der einzige Unterschied dieses Anlaufs ist, dass er unterzeichnet wurde und von einem nebulösen Überwachungssystem begleitet wird, dann wird auch daraus nichts“, kritisiert die sudanesische Analystin Kholood Khair: Sudans Generäle liebten es, Vereinbarungen zu unterzeichnen, „an die sie sich von Anfang an nicht halten wollen“. Verwiesen wird außerdem darauf, dass beide Seiten noch immer an ihren militärischen Sieg glaubten und deshalb nicht wirklich verhandlungsbereit seien. Ende vergangener Woche hatte Streitkräftechef Al Burhan den Konflikt noch weiter verschärft, indem er den Führer der RSF-Miliz, Mohamed Hamdan Dagalo (alias Hemeti), als Vizechef des Militärischen Rates abgesetzt und durch den ehemaligen Rebellenführer Malik Agar ersetzt hatte.

UN warnen vor Zuspitzung im Sudan

Schließlich sorgte das Verbot aller Bewegungen in und aus Khartum für Aufregung, das die Armeeführung Ende vergangener Woche erlassen hatte. Es wurde als Vorbereitung einer Eskalation der Kämpfe seitens der Regierungstruppen interpretiert. Unterdessen nehmen die Zustände in der Stadt immer schlimmere Ausmaße an: Nach Banken, Geschäften, Botschaften und den Warenlagern von Hilfsorganisationen werden inzwischen sogar Kirchen geplündert. RSF-Milizionäre hätten mehrere Gotteshäuser in Stützpunkte verwandelt, teilte ein Sprecher der koptischen Kirche mit. Die Organisation „Missing Initiative“ geht nach eigenen Angaben derzeit dem Schicksal von 190 entführten Personen nach.

Derweil warnen die UN vor einer weiteren Zuspitzung der Versorgungslage sowohl in der Hauptstadt wie in anderen Regionen des Landes. Am Schlimmsten soll die Lage in den Darfur-Provinzen sein, wo die Kämpfe mit unveränderter Intensität anhalten. Allein in West-Darfur seien in den vergangenen fünf Wochen mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen, gab der Gouverneur der Provinz, Generalleutnant Khamis Abdullah Abkar, bekannt. Die UN riefen zur Bereitstellung von 2,6 Milliarden Dollar auf, die zur Versorgung der fast 25 Millionen hilfsbedürftigen Sudanes:innen nötig seien. Allerdings müssen dafür die Waffen schweigen.

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