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Diesel-Gate: VW-Gebrauchtwagenhalter gehen leer aus

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Von: Alina Schröder

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Diesel-Gate bei VW: Laut Urteil des Bundesgerichtshofs sind zahlreiche Schadenersatz-Ansprüche für Gebrauchtwagen verjährt.
Diesel-Gate bei VW: Laut Urteil des Bundesgerichtshofs sind zahlreiche Schadenersatz-Ansprüche für Gebrauchtwagen verjährt. © Julian Stratenschulte/dpa

Das Gericht hat sein Urteil im VW-Abgasskandal gefällt: Zahlreiche Besitzer:innen eines gebrauchten VW-Diesels verlieren ihren Anspruch auf Schadenersatz.

Karlsruhe – Wer einen vom Dieselskandal betroffenen VW-Gebrauchtwagen gekauft und die Schadensersatz-Klage zu spät eingereicht hat, geht nun endgültig leer aus. Die Voraussetzungen für einen sogenannten Restschadenersatz für Käufer:innen, den es in gewissen Fällen bei Verjährung noch geben kann, seien nicht gegeben. Darüber urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, entschieden die Richter:innen auch, ab welchem Zeitpunkt es grob fahrlässig wird, nicht zu prüfen, ob das eigene Auto von dem Abgasskandal betroffen ist. Daraus resultiert schließlich, wann Ansprüche gegen Volkswagen* verjähren. Ob dasselbe auch für betroffene Neuwagen gilt, ist derzeit noch unklar. Darüber verhandelt ein BGH-Senat am 21. Februar 2022.

Abgasskandal bei VW: BGH entscheidet über Schadenersatz für betroffene Diesel-Autos

Im Herbst 2015 war der VW-Dieselskandal aufgeflogen. Millionen Autos mit dem Motor EA189 hatten Behördentests nur mithilfe einer Betrugs-Software bestanden. In Wahrheit, stießen die Fahrzeuge im Straßenverkehr zu viele Giftstoffe aus. Betroffene Käufer:innen konnten schließlich verlangen, dass ihr Auto zurückgenommen wird, vom Kaufpreis wurde jedoch die Nutzung abgezogen. Schadenersatz-Ansprüche müssen allerdings binnen drei Jahren geltend gemacht werden, sonst verfallen sie. Bis Ende 2018 waren Klagen also noch möglich.

Zahlreiche Käufer:innen zogen aber erst 2019 oder noch später vor Gericht, mit der Begründung, dass sie zunächst nichts mitbekommen hätten oder ihnen erst später klar wurde, dass auch ihr Auto betroffen ist. Laut Gesetz läuft die Frist schließlich ab dem Zeitpunkt, sobald man zu den „begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“. Im Jahr 2021 hatte der BGH im Diesel-Gate erst beschlossen, dass ein Schadenersatz auch ohne Rückgabe des VW-Autos* möglich ist.

Käufer:innen eines gebrauchten VW-Diesels verlieren Anspruch auf Schadenersatz

Im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung am BGH steht vor allem der VW-Motor EA189. Ein Großteil der aktuell eingehenden Diesel-Revisionen drehe sich um genau dieses Triebwerk. Wie VW mitteilt, betreffe das Thema rund 10.000 laufende Verfahren, von denen 70 Prozent der Fälle gebrauchte Autos seien.

Geregelt ist der Restschadenersatz in Paragraf 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demzufolge kann es auch nach Eintritt der Verjährung noch Ansprüche geben, sofern „der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt“ hat. Dadurch soll niemand davon profitieren, dass er jemandem Schaden hinzugefügt hat, nur weil die Person nicht rechtzeitig geklagt hat. Wie die Richter:innen des BGH nun beschlossen haben, gilt diese Regelung für den VW-Motor EA189 eines Diesel-Gebrauchtwagens allerdings nicht.

Diesel-Gate bei VW: BGH urteilt über Schadenersatz – „Ab Ende 2016 liegt grobe Fahrlässigkeit vor“

Die Richter:innen des BGH stellten nun erstmals klar, dass eine grobe Fahrlässigkeit ab Ende 2016 anzunehmen ist. Somit endet die Verjährungsfrist für den Restschadenersatz in diesen Fällen Ende 2019. VW hatte im Oktober 2015 unter anderem ein Online-Portal gestartet, auf dem Kund:innen prüfen konnten, ob auch ihr Auto betroffen ist. Der Vorsitzende Richter Rüdiger Pamp sprach von „auf der Hand liegenden Informationsmöglichkeiten“, die bis Ende 2016 Anlass zur Recherche geboten hätten. „Das nicht getan zu haben, war grob fahrlässig.“

Der VW-Konzern habe zudem „einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert“, heißt es in dem Beschluss. Man könne auch nicht argumentieren, dass der Schaden weitergereicht werde, sagte Pamp bei der Urteilsverkündung.

Der Wolfsburger Autobauer sieht sich in der Rechtsauffassung bestätigt: „Die Wertschöpfungskette von Volkswagen ist durch Gebrauchtwagenverkäufe von Händlern und Privaten nicht betroffen“, heißt es von VW. Das hätten zuvor auch beinahe alle Oberlandesgerichte so gesehen. Der Konzern hofft auch auf ein ähnliches Urteil bezüglich der Diesel-Neuwagen. „Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diese Rechtsfragen beantworten wird.“ Volkswagen sei der Auffassung, dass der Paragraf 852 des BGB auch auf Neuwagenkäufe anwendbar ist und kündigte an, diese Position beim BGH auch zu erläutern. (Alina Schröder) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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