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Vorwurf der AfD-Nähe: FDP empört über Grünen-Kritik an Kubicki

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Von: Jens Kiffmeier

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Fordert die Aufarbeitung der Corona-Politik: Wolfgang Kubicki (FDP).
Fordert die Aufarbeitung der Corona-Politik: Wolfgang Kubicki (FDP). © Frank Rumpenhorst/Kay Nietfeld/dpa/Montage

Wolfgang Kubicki (FDP) fordert die Aufarbeitung der Corona-Politik. Doch aus Sicht der Grünen spielt er damit der AfD in die Hände. Zu Recht?

Berlin – Die Pandemie hat ihren Schrecken verloren, doch die Corona-Regeln sorgen nachträglich für Zoff: In der Ampel-Koalition ist ein Streit über die Aufarbeitung der Schutzmaßnahmen entbrannt. So hat Kritik aus den Reihen der Grünen an einer Forderung von FDP-Vize Wolfgang Kubicki jetzt bei den Liberalen für große Empörung gesorgt. Den Bundestagsvizepräsidenten in die Nähe der AfD zu rücken, sei eine „bodenlose Frechheit“, beschwerte sich FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Ampel-Zoff um Corona-Lehre: Grüne rücken Kubicki in die Nähe von der AfD

Auslöser für die Aufregung: Die FDP will die Corona-Politik der Bundesregierung in einer Enquete-Kommission aufarbeiten lassen. Parteivizechef Wolfgang Kubicki hatte dafür vor wenigen Wochen ein Papier vorgelegt – jedoch offenbar ohne Abstimmung innerhalb der Regierungsfraktionen. Bei den Grünen kam das Vorgehen nicht besonders gut an.

In einem Interview offenbarte der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen jetzt seine ganze Skepsis gegenüber dem Plan, Lehren aus der Pandemie zu ziehen. Eine Enquete-Kommission sei mit hohem Aufwand, Bürokratie und Kosten verbunden, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es bestehe die Gefahr, dass es am Ende eher ein Kampf um Deutungshoheiten und nachträgliche Schuldzuweisungen werde und damit weiteres Vertrauen der Bevölkerung verloren gehe. Dann fügte Dahmen hinzu: „Wolfgang Kubicki hat während der Pandemie immer wieder extreme Positionen vertreten und durch eine zum Teil AfD-nahe Rhetorik versucht, eine gesellschaftliche Spaltung herbeizureden. Mir fehlt die Fantasie zu glauben, dass ausgerechnet er Interesse an seriöser nach vorne gerichteter Aufarbeitung hat.“

Streit um Enquetekommission: Grünen-Kritik an Kubicki entfacht Aufschrei bei Twitter

In der FDP brach daraufhin am Mittwoch (26. April) ein Sturm der Entrüstung los. Ziel einer Corona-Enquete-Kommission müsse es sein, dass die Politik ihre Fehler in der Pandemie aufarbeitet und Schlussfolgerungen daraus ziehe, stellte Generalsekretär Djir-Sarai im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa klar. Offensichtlich hätten „Leute wie Herr Dahmen genau davor Angst“.

Und auch bei Twitter wurde die Debatte hitzig geführt: Unliebsame Meinungen in eine bestimmte Ecke zu rücken, sei ja nichts Neues, schrieb der liberale Bundestagsabgeordnete Gerald Ulrich. „Selbstkritisch mit dem eigenen Wirken während #Corona umzugehen, ist nicht jedermanns Sache. Den scharfen Ton, den Herr #Dahmen hier reinbringt, sagt mehr über ihn als #Kubicki.“

Während der Corona-Pandemie hatte Wolfgang Kubicki die Bundesregierung immer wieder hart kritisiert. Seiner Meinung nach waren viele Maßnahmen wie Ausgangssperren oder dauerhafte Maskenpflicht nicht verhältnismäßig. Bei der Präsentation des FDP-Papiers verurteilte er jetzt nachträglich noch einmal, dass kritische Stimmen zum Regierungskurs während der Pandemie nicht genug Gehör bekommen hätten. So hätten Kinder- und Jugendärzte beispielsweise schon früh vor den Auswirkungen langer Schulschließungen gewarnt, trotzdem seien die Schulen in Deutschland an 183 Tagen ganz oder teilweise geschlossen gewesen, so lange „wie in keinem anderen Land der Welt“, zitierte ihn der Tagesspiegel.

Corona-Regeln: Lauterbach räumt Fehler ein – Kubicki fordert Rücktritt

Fehler im Umgang während der Corona-Pandemie hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kürzlich teilweise selber eingeräumt. „Was Schwachsinn gewesen ist, wenn ich so frei sprechen darf, sind diese Regeln draußen“, hatte der Sozialdemokrat in der ZDF-Talkrunde von Markus Lanz gesagt und sich dabei etwa auf das zeitweise ausgesprochene Verbot, ohne Maske joggen zu gehen, bezogen. Kubicki hatte dem Minister daraufhin den Rücktritt nahegelegt.

Ob die Corona-Regeln nun nachträglich noch einmal Gegenstand einer Aufarbeitung werden, bleibt abzuwarten. Für die Einsetzung der Enquetekommission müssten 25 Prozent der Abgeordneten des Bundestags zustimmen. Es ist fraglich, ob dies zustande kommt. Da die FDP den Vorstoß in der Koalition nicht abgestimmt hatte, ist das Interesse bei SPD und Grünen Medienberichten zufolge äußerst gering – zumal die Sozialdemokraten durchgehend in der Regierung mitverantwortlich waren, für das Krisenmanagement und wenig Lust auf eine weitere Ampel-Eskalation mit den Liberalen haben. Nur in der CDU signalisierte man bislang die Bereitschaft zur Zustimmung. (jkf)

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