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Versprechen zum Klimaschutz auf der Klimakonferenz in Glasgow: Die Umsetzung zählt

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Von: Christian Mihatsch

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Demonstrierende in Glasgow
Demonstrierende in Glasgow © AFP

Neue Versprechen könnten die Klimakrise auf 1,8 Grad begrenzen. Nach einer Woche Konferenz sind jedoch zentrale politische Fragen ungeklärt.

Wenn Ihr schlauer wärt, wären wir in der Schule“, steht auf dem Plakat, das eine junge Aktivistin von „Fridays for Future“ am Freitagmittag durch Glasgow trägt. Die markigen Worte sind an die Verhandler:innen und Politiker:innen auf der Weltklimakonferenz gerichtet, die aus Sicht der Jugendlichen nicht genug fürs Klima tun. Die für höhere Löhne streikende Glasgower Müllabfuhr beteiligte sich ebenfalls an dem Protest. Zu Beginn der Woche hatten Klimaaktivist:innen die Müllabfuhr bei ihrem Streik unterstützt, im Gegenzug nahmen Müllwerker:innen an der Klimademo teil.

„Die Macht liegt nicht im Konferenzzentrum, in das nur die Mächtigen kommen können“, sagte Anna Brown von „Fridays for Future“. Die Macht liege in der Solidarität mit Arbeitnehmer:innen, Studierenden und jungen Menschen aus der ganzen Welt. Im Konferenzzentrum waren allerdings nicht nur „die Mächtigen“ sondern auch sehr viele andere: Knapp 40 000 Menschen haben sich für die Konferenz in Schottland registriert, 10 000 mehr als für Paris. In den ersten Tagen waren Großbritannien und die UNO denn auch mit der Logistik überfordert. Vor dem Eingang bildeten sich lange Schlangen. Nach Abreise der Staatschefs verbesserte sich die Lage jedoch.

Klimakonferenz in Glasgow: Viele neue Klimaziele kamen hinzu

Das viele Warten hat sich allerdings gelohnt. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat eine Blitzanalyse der neuen Klimaziele und –initiativen gemacht: Wenn diese Ankündigungen eins zu eins umgesetzt werden, dann erwärmt sich das Klima um 1,8 Grad. Vor Glasgow lag dieser Wert noch bei 2,2 Grad. Die Analyse ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: In der Hektik der ersten Tage war es nahezu unmöglich, die Wirkung der oft vagen Ankündigungen genau zu analysieren.

Bei den offiziellen Klimazielen der Länder kamen in Glasgow viele neue Netto-Null-Ziele hinzu. So gehören nun Indien, Nigeria, Brasilien und Vietnam zum Kreis der Staaten mit einem solchen Ziel. Zudem haben diverse Ländergruppen neue Initiativen vorgestellt: So wollen die Mitglieder des „Methanversprechens“ ihre Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Ebenfalls bis 2030 soll zudem die Entwaldung gestoppt werden. Viele Länder haben sich auch neu zum Ausstieg aus der Kohle bekannt, darunter Vietnam, Indonesien und die Ukraine. Dass die Kohleverstromung keine Zukunft mehr hat, war allerdings vor der Konferenz schon klar.

Neuerdings gilt das auch für Öl und Gas. 20 Länder und die Europäische Investitionsbank haben versprochen, keine Öl- und Gasprojekte im Ausland mehr zu fördern, darunter die USA, Kanada und Großbritannien – nicht aber Deutschland. Pünktlich zur Konferenz kam dann auch die Nachricht, dass dieser Trend in der Realwirtschaft angekommen ist: Der US-Energiekonzern Exxon schrieb in seinem Jahresbericht, dass für manche Investitionen in Öl und Gas „das Risiko einer Wertminderung“ bestehe. Damit gesteht der Konzern zum ersten Mal ein, dass ein Teil der Öl- und Gasreserven unverkäuflich sein könnten. Auch bei der Klimafinanzierung gab es Fortschritte: Dank Zusagen von Japan, Italien und Spanien könnten schon nächstes Jahr 100 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer bereitstehen. Das ist zwei Jahre später als versprochen, aber schneller als zu Konferenzbeginn gedacht.

Klimakonferenz in Glasgow: Zentrale politische Fragen noch ungelöst

Zudem haben Finanzmarktakteure, die 130 Billionen Dollar verwalten, zugesagt, ihre Anlageportfolios bis zum Jahr 2050 auf Netto Null zu bringen. Das bedeutet, dass sie die Emissionen aller Firmen erfassen, in die sie investieren, und diese Emissionen schrittweise reduzieren. Mark Carney, der frühere Chef der britischen Nationalbank und Mitinitiator der Initiative, schrieb dazu: „Das Geld ist jetzt da, wenn die Welt die Klimakrise wirklich aufhalten will.“ Wie bei all diesen Initiativen zählt letztlich aber die Umsetzung. Darum hat UN-Chef António Guterres angekündigt, ein Expertengremium zu berufen, das die Umsetzung der vielen Netto-Null-Ziele von Unternehmen überprüft. Parallel zu all diesen Ankündigungen der Staats- und Wirtschaftsführer verhandelten Klimadiplomat:innen über die fehlenden Kapitel der Bedienungsanleitung des Paris Abkommens. Durchbrüche wurden hier – wie erwartet – nicht erzielt.

Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, zeigte sich allerdings „positiv überrascht“ ob des Tempos der Verhandlungen und der „konstruktiven Einstellung“ der Verhandler:innen. Dies dürfe allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zentralen, politischen Fragen noch nicht gelöst seien. Ob das gelingt, zeigt dann Woche zwei.

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