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Verlegungsflüge der Luftwaffe: „Wir wollen helfen – und wir können das auch“

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Von: Cedric Rehman

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Ein Corona-Patient wird von Dresden zum Flughafen nach Köln gefolgen. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ein Corona-Patient wird von Dresden zum Flughafen nach Köln gefolgen. © dpa

Der zweite Pandemie-Winter trifft den Süden und Osten Deutschlands hart. Bundeswehr-Mediziner Willi Schmidbauer über die Arbeit bei Verlegungsflügen innerhalb Deutschlands.

Seit Ende November verlegt die Luftwaffe erstmals in der Pandemie Schwerkranke innerhalb Deutschlands – wie laufen solche Flüge ab?

Herr Schmidbauer, der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat erst vor einem Monat Covid-Patient:innen aus Rumänien über den Luftweg nach Deutschland verlegt. Wie fühlt sich das für Sie und ihre Kolleg:innen an, dass ihre Hilfe nun im eigenen Land gefordert ist?

Es handelt sich immer um eine besondere Situation, wenn unser intensivmedizinisch ausgerüsteter Airbus zum Einsatz kommt. Wir haben im Kampfeinsatz schwer verletzte Soldaten ausgeflogen oder auch deutsche Urlauber nach dem Busunglück auf Madeira 2019. Wenn der Airbus startet, geht es immer um einen Ernstfall. Ich beschäftige mich seit zwei Jahren mit Corona und habe dabei gelernt, auch mit dem Schlimmsten zu rechnen. Bereits im Frühherbst war die Entwicklung der Zahlen für Intensivmediziner ja absehbar. Gleichzeitig beherrschen wir derzeit die Lage unter schwierigen Bedingungen. Wir wollen helfen – und wir können das auch.

Sie sprechen von „schwierigen Bedingungen“. Was unterscheidet die Arbeit von Ärzt:innen und Pflegekräften an Bord eines Airbus von der am Boden?

Jeder, der schon einmal geflogen ist, weiß, dass sich eine Maschine immer bewegt. Das reicht von kleinen Vibrationen bis hin zu Turbulenzen. Der Patient muss gut fixiert werden, damit er auf keinen Fall von der Trage rutscht. Auch alle Apparate, an die der Patient angeschlossen ist, müssen gut befestigt sein. Wenn beatmet wird und der Beatmungsschlauch löst sich unbemerkt, ist das eine Katastrophe. Wir müssen uns ans Bord doppelt konzentrieren auf den Gesundheitszustand und darauf, dass alles an seinem Platz und gut befestigt ist. Deshalb ist auch mehr Personal nötig als am Boden.

Zur Person

Willi Schmidbauer, 54, ist klinischer Direktor der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin am Bundeswehrkrankenhaus in Koblenz. Als Mediziner ist er bei den Flügen des zur fliegenden Intensivstation umgebauten Airbus A310 mit an Bord. Er betreut Coronapatientinnen und -patienten, für die es im Süden und Osten Deutschlands kein freies Bett mehr gibt. In der Frühphase der Pandemie war er für die Umstrukturierung des Dienstalltags verantwortlich. FR

Wie gefährlich ist ein solcher Transport selbst bei optimaler Betreuung für schwerkranke Patient:innen?

Alle Patienten, die wir mitnehmen, müssen stabil genug sein für einen Transport. Sie werden dementsprechend ausgesucht. Ziel ist es ja, ihnen die bestmögliche Versorgung zu ermöglichen. Der medizinische Airbus der Bundeswehr ist seit Jahrzehnten im Einsatz. Bisher ist noch niemand an Bord gestorben.

Willi Schmidbauer. Foto: Bundeswehrkrankenhaus Koblenz.
Willi Schmidbauer. © Bundeswehrkrankenhaus Koblenz.

Patient:innen aus Süd- und Ostdeutschland belegen nun Betten im Norden und Westen. Geht die Verlegung zulasten der Kapazitäten in den noch nicht überlasteten Regionen Deutschlands?

Bund und Länder entschieden gemeinsam, wo es noch Platz für Intensivpatienten gibt. Die Bundesrepublik ist geografisch in Regionen aufgeteilt, die sogenannten Kleeblätter. Im Moment sind der Süden und der Osten überlastet. Die Kliniken in den Kleeblattregionen mit freien Betten im Norden und Westen müssen der Aufnahme aber zustimmen. Aus meiner Sicht funktioniert das System im Moment sehr gut.

Gibt es denn eine Grenze für die Kapazitäten der Bundeswehr bei der Verlegung? Und was würde in einem solchen Fall geschehen?

Ich sehe bisher keine Hinweise, dass wir auf ein solches Szenario zusteuern. Wir können noch mehr Flüge innerhalb Deutschlands organisieren. Und wir können auch ins Ausland fliegen. Dort können Coronapatienten ebenfalls optimal betreut werden. Deutschland erlebt die schlimmste gesundheitliche Notlage seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Lage ist grenzwertig, aber noch beherrschbar. Wir sind gefordert, aber wir dürfen jetzt nicht aufgeben.

Interview: Cedric Rehman

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