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Parlament von Wisconsin: Republikaner bringen „schwerwiegenden Machtmissbrauch“ ins Spiel

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Von: Johanna Soll

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Janet Protasiewicz, Befürworterin des Rechts auf Abtreibung, hat ihre Wahl gewonnen und wird im August 2023 Richterin am Supreme Court des US-Bundesstaats Wisconsin
Janet Protasiewicz, Befürworterin des Rechts auf Abtreibung, hat ihre Wahl gewonnen und wird im August 2023 Richterin am Supreme Court des US-Bundesstaats Wisconsin © Mark Hertzberg / Imago

In Wisconsin wurde eine liberale Richterin gewählt. Republikaner verfügen über die parlamentarische Mehrheit, um sie durch ein Amtsenthebungsverfahren abzusetzen.

Madison – In Wisconsin haben zwei wichtige Wahlen stattgefunden, die eine im Senat, die andere am Obersten Gerichtshof des US-Bundesstaats. Im Senat von Wisconsin haben die Republikaner nun eine Zweidrittelmehrheit, am Supreme Court des Bundesstaats sind liberale Richter:innen nach 15 Jahren nun wieder in der Mehrheit. Mit dem Wahlsieg der Richterin Janet Protasiewicz sitzen jetzt vier Liberale auf der Richterbank und nur noch drei Konservative. Die Senatswahl gewann der republikanische Kandidat Dan Knodl.

Die Zusammensetzung von Parlament um oberstem Gericht ist in Wisconsin besonders wichtig, denn es handelt sich um einen Swing State, den bei den Präsidentschaftswahlen mal die Demokraten und mal die Republikaner gewinnen. Mittels Gerrymandering, dem manipulativen Zuschnitt von Wahlkreisen, haben die Republikaner in Wisconsin dafür gesorgt, dass sie gemessen am Stimmanteil überproportional viel Macht im Parlament haben. Die einzigen Instanzen, die der lokalen Regierung Einhalt gebieten können, sind die oberen Gerichte, der U.S. Supreme Court in Washington, D.C. und der Supreme Court von Wisconsin.

Doch mit dem Wahlsieg im Senat, der den Republikanern eine sogenannte Supermehrheit (supermajority) von 22 der 33 Senatssitze beschert hat, kann das Parlament Amtsträger:innen ihrer Ämter entheben. Darunter fallen möglicherweise auch Oberste Richter:innen, doch der Wortlaut der Verfassung von Wisconsin ist unklar, dort ist von „civil officer“ die Rede – eine Definition des Begriffs fehlt. Laut der US-Verfassung können Supreme-Court-Richter:innen durch ein Impeachment des Kongresses des Amtes enthoben werden.

Republikaner in Wisconsin: Werden sie gegen liberale Richterin vorgehen?

Ob auch das Parlament in Wisconsin Richter:innen seines Obersten Gerichtshofs impeachen kann, könnte bald äußerst relevant werden. Im August wird die neue Richterin Protasiewicz vereidigt und dann könnte die liberale richterliche Mehrheit die von den Republikanern durch Gerrymandering verzogenen Wahlkreisgrenzen für nichtig erklären, die der rechtsradikalen Partei praktisch die Mehrheit im Parlament sichert. Außerdem wird erwartet, dass das Gericht das Abtreibungsverbot in Wisconsin aufhebt, das nahezu alle Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1849 und trat in Kraft, als der U.S. Supreme Court im Juni 2022 das landesweite Recht auf Abtreibung kippte und die Entscheidung darüber den Bundesstaaten überließ.

Duey Stroebel, Senator im Parlament von Wisconsin, brachte gegenüber der New York Times zu Ausdruck, dass er ein Amtsenthebungsverfahren gegen die neue Richterin – eine Befürworterin des Rechts auf Abtreibung – nicht für ausgeschlossen hält. „Wenn sie wirklich so handelt, dass sie unsere Gesetze ignoriert und ihre eigenen persönlichen Überzeugungen anwendet, dann werden die Leute vielleicht darüber sprechen“, sagte Stroebel der New York Times. „Wenn die Urteile im Widerspruch zu dem stehen, was die Gesetze und die Verfassung unseres Bundesstaats sagen, könnte es meiner Meinung nach ein Problem geben.“

Ein Impeachment ist laut der Verfassung von Wisconsin möglich gegen „alle Zivilbeamten dieses Bundesstaates wegen korrupten Verhaltens im Amt oder wegen Verbrechen und Vergehen“. Wenn lediglich die Rechtsauffassung einer Richterin oder eines Richters nicht mit der der Regierungspartei übereinstimmt, ist keine Amtsenthebung möglich. „Wir können nicht sagen, was das Parlament tun wird oder wie wahrscheinlich ein Vorstoß ist. Aber wenn diese manipulierte Legislative Schritte zur Absetzung demokratisch gewählter Beamter unternehmen würde, wäre dies ein schwerwiegender Machtmissbrauch“, sagte Dan Lenz gegenüber dem Guardian. Lenz ist Jurist bei Law Forward, einer gemeinnützigen, progressiven, rechtlichen Demokratieinitiative in Wisconsin. (Johanna Soll)

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