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Nach Tod von Schwarzem kommt es zu Protesten gegen Polizeigewalt in den USA

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Von: Caspar Felix Hoffmann, Kilian Bäuml

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Ein Video zeigt die Gewalt gegen den Schwarzen Tyre Nichols. Die Beamten wurden inzwischen angeklagt, landesweit kam es zu Protesten gegen Polizeigewalt.

+++ Update vom 29. Januar, 08.25 Uhr: Der Tod des Afroamerikaners Tyre Nichols befeuert die Rassismus-Debatte in den USA. Im ganzen Land kam es zu Protesten gegen Polizeigewalt, die überwiegend friedlich verlaufen sind. Im Memphis blockierten Demonstranten eine wichtige Fernverkehrsstraße. In Los Angeles protestierten nach Angaben der Los Angeles Times rund 100 Personen vor dem Hauptquartier der Polizei. Polizisten in Schutzausrüstung stellten sich den Protestierenden gegenüber. Bei Demonstrationen an der Ostküste sollen drei Personen verhaftet worden sein, berichtet NBC.

Die Polizisten, die Nichols‘ zurichteten, wurden bereits am Mittwoch entlassen und wurden wegen Mordes angeklagt. Die Sondereinheit, die man für Nichols‘ gewaltsamen Tod verantwortlich macht, wurde aufgelöst. Die Einheit wurde nur zwei Jahre vorher gegründet und sollte im Kampf gegen Drogendelikte helfen, sagte die Polizeit von Memphis dem Sender ABC.

Proteste gegen Polizeigewalt in den USA
Nach dem gewaltsamen Tod von Tyre Nichols kam es in den USA zu Protesten. © Alex Slitz/dpa

Video zeigt Polizeigewalt gegen Schwarzen in Memphis

Erstmeldung vom 28. Januar: Memphis – Drei Wochen nach dem Tod des Schwarzen Tyre Nichols bei einer Verkehrskontrolle in Memphis haben die Behörden ein Video veröffentlicht, das die ganze Brutalität des Polizeieinsatzes zeigt. Zu sehen ist unter anderem, wie die inzwischen festgenommenen Polizisten immer wieder auf ihr Opfer einschlagen und eintreten. US-Präsident Joe Biden reagierte am Freitag (27. Januar) „empört“ und rief angesichts befürchteter Ausschreitungen erneut zur Ruhe auf.

Zu sehen ist in den Aufnahmen unter anderem, wie die Polizisten am 7. Januar versuchen, Nichols mit Tränengas und einer Taser-Pistole zu Boden zu bringen. Ihr Opfer versucht zu flüchten, die Polizisten – ebenso wie ihr Opfer Afroamerikaner – stoppen ihn. Später ist zu sehen, wie Nichols „Mama, Mama, Mama“ ruft und unter Schmerzen stöhnt, als die Polizisten immer wieder auf ihn einschlagen und -treten, während er auf dem Boden liegt.

Dabei zielen sie offensichtlich auch bewusst auf den Kopf des 29-Jährigen, der drei Tage später im Krankenhaus starb. Eine von der Familie in Auftrag gegebene Autopsie kam inzwischen zu dem Schluss, dass Nichols massive Blutungen infolge „starker Prügel“ erlitten hatte. Die nun veröffentlichten rund eine Stunde langen Aufnahmen stammen von den Körperkameras der Polizisten sowie einer Straßen-Überwachungskamera.

Polizeigewalt in Memphis: Gewaltsame Unruhen befürchtet

Der Tod von Nichols sorgt in den USA schon seit Tagen für Empörung. Vor Veröffentlichung der Videoaufnahmen war befürchtet worden, dass sie gewaltsame Unruhen auslösen könnten. Biden erklärte nur eine halbe Stunde nach ihrer Veröffentlichung, die Aufnahmen würden die Menschen „zu Recht empören“. Er selbst sei „voller Schmerz“. Zugleich appellierte der Präsident: „Diejenigen, die Gerechtigkeit wollen, sollten nicht zu Gewalt oder Zerstörung greifen.“

Biden hatte zuvor bereits der Mutter und dem Stiefvater des Getöteten in einem Telefonat persönlich sein Beileid ausgesprochen. Die Mutter RowVaughn Wells sagte dem Fernsehsender CNN unter Tränen, die Polizisten hätten ihren Sohn „zu Brei geschlagen“. Sie fragte: „Wo war die Menschlichkeit?“ Zugleich rief auch sie dazu auf, dass die Proteste friedlich bleiben sollten.

Nach Veröffentlichung des Videos protestierten in Memphis zunächst rund 50 Menschen gegen Polizeigewalt. Im Park der Märtyrer im Zentrum der Stadt skandierten sie unter anderem „Ohne Gerechtigkeit kein Frieden“. Sie blockierten eine der wichtigsten Straßen und sorgten so für massive Behinderungen. Dass die befürchteten Ausschreitungen zunächst ausblieben, führte ein Teilnehmer darauf zurück, „dass die Familie uns darum gebeten hat, friedlich zu demonstrieren“.

Polizeigewalt in Memphis: Vorbereitet auf mögliche Ausschreitungen

Auch in anderen US-Städten versammelten sich Menschen, unter anderem in Washington und New York, wo mehr als 200 Demonstranten Gerechtigkeit für Nichols forderten. Überall in den USA hatten sich die Behörden auf mögliche Ausschreitungen vorbereitet; Berater von Biden telefonierten deshalb mit den Bürgermeistern von 16 Städten.

Den festgenommenen Polizisten wird in der gegen sie erhobenen Klage unter anderem Mord zweiten Grades, schwere Körperverletzung und Kidnapping zur Last gelegt. Mord zweiten Grades ist im Bundesstaat Tennessee, in dem Memphis liegt, eine Zwischenstufe zwischen Mord und Totschlag. Kidnapping bezieht sich in diesem Fall auf das illegale Festhalten eines Menschen.

In den USA sorgt tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze immer wieder für Entsetzen und Empörung. Meist – wenn auch nicht bei Tyre Nichols – sind weiße Polizisten die Täter, wie im Fall des im Mai 2020 in Minneapolis bei seiner Festnahme getöteten George Floyd. (cas/kiba/afp/dpa)

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