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Polizisten im Fall Tyre Nichols wendeten bereits in der Vergangenheit Gewalt an

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Von: Johanna Soll

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Gegen vier der fünf nach dem Tod von Tyre Nichols entlassenen Polizisten wurden bereits Disziplinarmaßnahmen verhängt. Bei zwei von ihnen ging es um Gewalt im Dienst.

Memphis – Fünf Polizisten verletzten den 29-jährigen Afroamerikaner Tyre Nichols bei einer Festnahme in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee dermaßen stark, dass er drei Tage später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag. Am Mittwoch (1. Februar) fand die Trauerfeier statt, bei der auch US-Vizepräsidentin Kamala Harris eine Rede hielt. Die fünf Polizisten wurden zwischenzeitlich entlassen und nun kam heraus, dass vier der fünf bereits vor der tödlichen Gewalt gegen Nichols disziplinarisch wegen unterschiedlichem Fehlverhalten im Dienst belangt wurden.

Zwei dieser Polizisten erhielten 2021 laut dem Guardian schriftliche Rügen, weil sie nach der Anwendung von „unmittelbarem Zwang“, wie die Anwendung von körperlicher Gewalt durch die Polizei genannt wird, das dafür vorgesehene Formular nicht ausgefüllt hatten. Es ging in zwei unterschiedlichen Fällen um die Festnahme jeweils einer Frau, die sich dem angeblich widersetzt habe.

Trauerfeier für den wegen tödlicher Polizeigewalt gestorbenen Afroamerikaner Tyre Nichols in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee
Trauerfeier für den wegen tödlicher Polizeigewalt gestorbenen Afroamerikaner Tyre Nichols in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee © Andrew Nelles / Imago

Ein weiterer Polizist wurde zweimal suspendiert. Das erste Mal, weil ein anderer Polizist am Ende der Schicht einen geladenen Revolver gefunden hatte, eingeklemmt auf dem Rücksitz des Streifenwagens des später Suspendierten. Die zweite Suspendierung erfolgte, weil der Polizist es versäumt hatte, einen Bericht über eine Beschwerde wegen eines Beziehungsstreits einzureichen und damit gegen das Protokoll seiner Abteilung verstieß.

Tyre Nichols: Fünf gewalttätige Polizisten waren Teil einer Eliteeinheit

Der vierte Polizist wurde für zwei Tage suspendiert, weil er in einem zivilen Polizeifahrzeug in einen Autounfall verwickelt war, er fuhr mit „überhöhter Geschwindigkeit“. In dem Anhörungsprotokoll hieß es, „dass seine Erinnerung aufgrund seiner leichten Kopfverletzung, die durch das Auslösen des Airbags verursacht wurde, etwas unklar ist“.

Die fünf Polizisten, deren exzessive Gewalt Tyre Nichols letztlich das Leben kostete, waren Teil einer Polizeieinheit mit dem Namen „Street Crimes Operation to Restore Peace in Our Neighborhoods“, kurz SCORPION, die nach Nichols Tod aufgelöst wurde. Die Gruppe wurde als Eliteeinheit beschrieben, die gegen Gewaltverbrechen vorgehen sollte. Lokale Strafjustizexpert:innen sagten, das aktenkundige Fehlverhalten der fünf Polizisten weise auf die routinemäßige übermäßige Anwendung von Gewalt hin.

Trotz massivem Fehlverhalten gute Noten für einen der Polizisten

In der Personalakte von einem der Polizisten befindet sich ein Vorfall, bei dem er angeblich damit gedroht habe, zwei Verdächtigen bei ihrer Festnahme ins Gesicht zu schießen, berichtet der Guardian. Dennoch erhielt der Polizist bei seiner letzten jährlichen Leistungsbeurteilung gute Noten. Laut seiner Dienststelle übertreffe der Mann im Abschnitt „Umgang mit der Öffentlichkeit“ „die Erwartungen“. Er sei kontinuierlich an der Spitze „bei Festnahmen und Anrufen, und nicht eine Person, die er festgenommen hat, hat sich beschwert“, heißt es in dem Bericht.

Nach dem Tod von Tyre Nichols durch Polizeigewalt wird in den USA wird erneut die Forderung nach einer Polizeireform laut. Es solle landesweite Standards für die Haftung von Polizist:innen geben und deren qualifizierte Immunität solle aufgehoben werden. Diese schützt Mitglieder der Polizei vor zivilrechtlichen Klagen auf Schadensersatz. (Johanna Soll)

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