Washington – Bei der Aufarbeitung des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021 rückt die Rolle von Donald Trump immer stärker ins Zentrum der Untersuchung. Ein Mitglied des parlamentarischen Untersuchungsgremiums hat eine Vorladung des Ex-Präsidenten der USA nicht ausgeschlossen.
„Wenn wir plötzlich den ehemaligen Präsidenten vorladen, wissen wir, dass das ein ziemlicher Zirkus werden wird, also ist das nicht unbedingt etwas, was wir im von vornherein tun wollen“, sagte der Republikaner Adam Kinzinger dem Sender CNN am Sonntag (17.10.2021, Ortszeit). „Aber wenn er Informationen hat, die wir brauchen, werden wir das sicher tun.“
Kinzinger sprach auch eine Warnung an all jene aus, die einer Vorladung des Gremiums nicht nachkommen. Sie sollten nicht denken, dass man sie schon vergessen werde. Dem US-Sender CNN sagte er mit Blick auf die Strafandrohung: „Glaubt nicht, dass ihr einfach so weglaufen könnt. Wir lassen euch nicht davonkommen.“
Damit meint er wohl vor allem den ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon. Dieser hatte die Vorladung des Ausschusses missachtet und sich dabei auf das Vorrecht des Präsidenten berufen, dem Kongress oder Gerichten gewisse Informationen vorzuenthalten. Beobachter argumentieren aber, dass Bannon während der Kapitol-Attacke gar nicht mehr für das Weiße Haus gearbeitet hatte.
Anfang der Woche will das Gremium darüber abstimmen, ob strafrechtlich gegen ihn vorgegangen werden soll. Erste Schritte hat der Vorsitzende Bennie Thompson bereits eingeleitet. Bannon drohen bis zu zwölf Monate Gefängnis oder eine hohe Geldstrafe, wenn er die Vorladung des Ausschusses weiter ignoriert.
Donald Trump verlangt von Bannon und anderen aber, die Aussage zu verweigern. Der ehemalige Präsident nimmt für sich ein sogenanntes Exekutivprivileg in Anspruch, das es ihm erlauben würde, gewisse Informationen zurückzuhalten. Die Demokraten argumentieren, dieses Vorrecht bestehe nur für amtierende, nicht aber für frühere Präsidenten.
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Der Ausschuss im US-Repräsentantenhaus soll die Hintergründe des Angriffs auf das Kapitol untersuchen. Radikale Trump-Anhänger hatten das Kapitol im Januar gestürmt, als dort der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November zertifiziert werden sollte. Fünf Menschen kamen ums Leben, darunter ein Polizist.
Über den Untersuchungsausschuss zur Rekonstruktion der Ereignisse hatte es heftigen Streit zwischen Republikanern und Demokraten gegeben. Liz Cheny und Kinzinger sind die einzigen republikanischen Mitglieder. Beide sind Trump-Kritiker.
Gegen Trump lief wegen der Attacke auf das Kapitol ein Amtsenthebungsverfahren, weil er seine Anhänger zuvor in einer Rede zu Gewalt animiert haben soll. Das Verfahren endete jedoch mit einem Freispruch.
Trump hat seine Wahlniederlage gegen den Demokraten Joe Biden bis heute nicht anerkannt. Der 75-Jährige verbreitet nach wie vor die Falschbehauptung, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Der Rechtspopulist, der sich bei der Parteibasis nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, flirtet immer wieder öffentlich mit einer möglichen Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024. (judo/dpa)