Schwangere Gefangene will entlassen werden – weil das Baby unschuldig ist

Eine schwangere Frau in Florida sitzt wegen Totschlags in U-Haft. Sie behauptet, dadurch würden die verfassungsmäßigen Rechte ihres ungeborenen Kindes verletzt.
Miami – Natalia H. sitzt seit Juli 2022 in Untersuchungshaft in einem Gefängnis in Miami im US-Bundesstaat Florida. Die 24-Jährige ist schwanger und behauptet, ihr ungeborenes Baby werde in der Haftanstalt nicht ausreichend versorgt und befände sich dadurch in Gefahr. Daher hat ihr Strafverteidiger beantragt, sie bis zur Geburt aus der Haft zu entlassen, weil die verfassungsmäßigen Rechte des ungeborenen Kindes verletzt würden.
Die junge Frau wird beschuldigt, im Juli eine andere Frau getötet zu haben und ist wegen Mord zweiten Grades angeklagt. Nach deutschem Strafrecht entspricht dies einer Anklage wegen Totschlags. Die Angeklagte war mit dem Opfer in einem Uber unterwegs, als sie sie erschoss. Laut ihrem Rechtsanwalt handelte sie dabei in Notwehr, „aus Angst um ihr Leben und das Leben ihres ungeborenen Kindes“. Die Angeklagte plädierte auf „nicht schuldig“ und ist inzwischen im achten Monat schwanger.
Gefangene behauptet, ihr werde angemessene medizinische Versorgung verweigert
In dem gerichtlichen Eilantrag im Namen des Ungeborenen beantragte der Strafverteidiger der Angeklagten, das ungeborene Kind müsse aus dem Gefängnis entlassen werden, weil es unschuldig sei. Es sei „eine Person im Sinne der Verfassung von Florida und der Verfassung der Vereinigten Staaten“, schrieb der Anwalt. Die Rechtsauffassung, wonach ein ungeborenes Kind eine Person mit verfassungsmäßigem Schutz ist, hat an Bedeutung gewonnen, seit der Supreme Court im Juni 2022 das Grundsatzurteil zum landesweiten Recht auf Abtreibung, Roe v. Wade, aufgehoben hat.
In dem Schriftsatz behauptet der Verteidiger, das Gefängnispersonal hätte seiner Mandantin angemessene medizinische Versorgung verweigert und auch, sie zu geplanten Arztterminen zu bringen. Seit Oktober sei keine gynäkologische Untersuchung mehr vorgenommen worden. Auch habe sie nicht die nötigen Vitamine und Nahrungsmittel erhalten, zu dessen Aufnahme ihr ärztlich geraten worden sei. Ein Sprecher des Gefängnisses teilte gegenüber der Washington Post mit, man überprüfe die vorgeburtlichen Versorgungsdienste.
Das Büro von Ashley Moody, Floridas Generalstaatsanwältin, beantragte, den Eilantrag abzuweisen. Die Angeklagte habe die erforderlichen Dokumente nicht vorgelegt, die eine unzureichende medizinische Versorgung belegen sollen. Außerdem sei die Behauptung, das ungeborene Kind werde illegal festgehalten, das falsche rechtliche Argument, um Abhilfe zu schaffen. Das Strafverfahren gegen Natalia H. ist für April angesetzt. (Johanna Soll)