Teile der Demokraten wollen Harris bei US-Wahl 2024 ersetzen

US-Vizepräsidentin Kamala Harris ist unbeliebt und manche Demokraten würden sie gern politisch loswerden. Doch die Parteiführung ruft zur Ordnung.
Washington, D.C. – Es wird erwartet, dass US-Präsident Joe Biden demnächst seine Wiederwahlabsichten bekannt geben wird. Aller Voraussicht nach wird er erneut gemeinsam mit Vizepräsidentin Kamala Harris antreten. Die Vizepräsidentin der USA tritt öffentlich wenig in Erscheinung und ist zudem unbeliebt. Derzeit liegt ihr Zustimmungswert bei rund 42 Prozent und ist deutlich niedriger als die 50 Prozent der Befragten, die ihr nicht zustimmen. In einer Analyse von CNN wird bereits darüber spekuliert, ob Harris Biden im Wahlkampf mehr nützen oder mehr schaden werde.
In einer US-Radiosendung im Januar hatte die progressive Senatorin Elizabeth Warren Zweifel an Harris als geeignete Vizepräsidentin für Biden geäußert. Anschließend ruderte sie öffentlich zurück und rief zweimal bei Harris an, um sich zu entschuldigen. Doch diese rief nicht zurück. Wie CNN berichtet, ist man in Harris’ Umfeld wütend auf Warren, denn ihre Äußerung sei nur eine von vielen Brüskierungen der Vizepräsidentin, die nie den Respekt oder die Unterstützung bekomme, die sie verdiene. Warren, eine ehemalige Rivalin von Harris im Vorwahlkampf der Demokraten 2020 habe selbst Vizepräsidentin werden wollen.
Es gibt in Demokraten-Kreisen die, die davon überzeugt sind, Harris, die erste Woman of Color im Vizepräsidentenamt, sei ein Opfer von Sexismus und Rassismus. Andere machen sich Sorgen um mangelnde politische Fähigkeiten der 58-Jährigen und wie sich ihre Unbeliebtheit im Wahlkampf auf Biden auswirken wird. Aufgrund Bidens hohen Alters von 80 Jahren gerät seine Vize vermehrt in den Fokus, denn am Ende einer möglichen zweiten Amtszeit wäre er 86 Jahre alt, so alt wie noch kein US-Präsident vor ihm.
Kamala Harris: Hollywood-Spender:innen wollen sie loswerden
„Im Moment scheint sie ein Klotz am Bein zu sein“, sagte eine Person in der Parteiführung der Demokraten gegenüber CNN, die sich um Harris’ Umfragewerte und Bidens Wiederwahlchancen sorgt. „Sie wird entweder eine Belastung oder eine Hilfe sein.“ Man solle sich besser damit anfreunden, dass sie zusammen mit Biden zur Wiederwahl antreten werde. Bidens Beraterteam, so heißt es, sähe eine wichtige Rolle für Harris im Wahlkampf vor.
Teile der Demokraten-Führung sind besorgt, die Wähler:innen könnten sich abwenden, sollten sie Harris als Bidens mögliche Nachfolgerin nicht positiver gegenüberstehen. Sie fordern daher andere in demokratischen Führungskreisen auf, von Kritik an Harris abzulassen – um zu Bidens Gunsten oder zugunsten der Partei.
In einem Video-Call für Parteispender:innen in Hollywood, an dem Führungskräfte und Schauspieler:innen teilnahmen, hielt man sich mit Kritik an Harris indes nicht zurück. Sie sei eine große Belastung, hieß es, und würde Bidens Wiederwahlchancen schmälern, weil sich die Leute wegen seines hohen Alters auf Harris konzentrieren würden. Es wurde gefragt, wie man Biden dazu bringen könnte, Harris zu ersetzen.
Kamala Harris soll bei US-Wahl 2024 zwei Wählergruppen überzeugen
Personen aus Harris’ Team teilen die Kritik an ihrer Chefin naturgemäß nicht und verweisen stattdessen auf öffentliche Auftritte wie zuletzt bei der Münchener Sicherheitskonferenz. In ihrer Rede dort warf sie Russland vor, in der Ukraine „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu begehen und warnte China davor, Russland militärisch zu helfen.
Strateg:innen der Demokraten, die die Wiederwahlkampagne vorbereiten, haben zwei Wählergruppen ausgemacht, bei denen Harris Biden behilflich sein könnte: Schwarze und wohlhabende Frauen in den Vorstädten. Harris könnte sich für die Belange von Afroamerikaner:innen einsetzen und Frauen von den Demokraten überzeugen, die die Anti-Abtreibungspläne der Republikaner abschrecken. Diese Wählergruppen zu gewinnen, könnte nach Ansicht der demokratischen Strateg:innen bereits ausreichen, um Biden – und Harris – eine zweite Amtszeit zu sichern. (Johanna Soll)