Vizepräsidentin Harris beunruhigt die Demokraten

Als US-Vizepräsidentin gilt Kamala Harris als politische Erbin von Präsident Biden. Doch sie hat demokratische Kritiker:innen, die ihr den Sprung ins Weiße Haus nicht zutrauen.
Washington, D.C. – US-Präsident Joe Biden ist seit über zwei Jahren im Amt und wird, so die derzeitige Annahme, eine Wiederwahl anstreben. In diesem Fall würde das auch Wahlkampf für Kamala Harris als seine Vizepräsidentin bedeuten. Sollte Biden jedoch Platz machen und auf eine erneute Kandidatur verzichten, wäre Harris wohl eine der Top-Kandidat:innen im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur. Doch innerhalb ihrer Partei ist man sich nicht sicher, ob Harris Chancen hätte, zur ersten Präsidentin der USA gewählt zu werden.
Die Washington Post hat mit mehreren ranghohen Demokraten in wahlentscheidenden Bundesstaaten gesprochen. Harris’ bisherige Amtszeit sei nicht gerade berauschend gewesen, die 58-Jährige habe nicht gut kommuniziert und sei mitunter fast unsichtbar gewesen. Viele demokratische Wähler:innen seien nicht davon überzeugt, dass Harris die Kraft, das Charisma und die Kompetenzen habe, einen erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf zu bestreiten.
Unlängst sagte die linke Senatorin Elizabeth Warren in einem Radiointerview, Biden solle erneut kandidieren. Doch zu Harris als dessen „running mate“ bekannte sie sich nicht. Biden und sein Team sollten entscheiden, womit sie sich wohlfühlten. Sie möge Harris, so Warren, „aber sie müssen ein Team sein.“ Sie fügte schnell hinzu, dass sie damit keine Probleme sehe. Später stellte Warren in einer Erklärung klar: „Ich unterstütze die gemeinsame Wiederwahl des Präsidenten und der Vizepräsidentin voll und ganz und hatte nie die Absicht, etwas anderes zu implizieren.“
Kamala Harris‘ mögliche Konkurrenten: Gavin Newsom und Pete Buttigieg
Die Zweifel der Demokraten an Harris können laut der Washington Post grob in zwei Kategorien eingeteilt werden:
- Die Befürchtung, die Menschen in den USA seien einfach nicht bereit für eine Person of Color und eine Frau als US-Präsidentin. Insbesondere angesichts des Rassismus und Sexismus der letzten Jahre.
- Die Sorge, Harris verfüge nicht über die politischen Fähigkeiten, um siegreich aus einem landesweiten Wahlkampf hervorzugehen.
In einem demokratischen Vorwahlkampf müsste sich Harris gegen ein wahrscheinlich großes Bewerberfeld durchsetzen und als potenzielle Kandidaten gelten unter anderem Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom und der US-Verkehrsminister Pete Buttigieg. Seit ihrer Zeit als Vizepräsidentin ist Harris mehrmals durch verpatzte Live-Auftritte und TV-Interviews aufgefallen.
Kamala Harris hat immer wieder Personalprobleme
Die demokratischen Quellen der Washington Post, die Harris‘ grundlegende politische Kompetenz infrage stellen, führen an, sie habe es im Wahlkampf 2016 um den Senatssitz in Kalifornien nur mit schwachen Gegenkandidat:innen zu tun gehabt. 2019 musste Harris ihre Präsidentschaftskandidatur im Vorwahlkampf der Demokraten beenden, noch bevor die erste Wahl im Bundesstaat Iowa stattfand. Dies lag an ihrer durchwachsenen Leistung im Wahlkampf, an niedrigen Zustimmungswerten, ausgehenden Geldspenden und Spannungen in ihrem Wahlkampfteam.
Ein weiteres Problem von Harris sind ihre Personalprobleme. Die Vizepräsidentin sorgte für Negativschlagzeilen, weil es in ihrem Team zu häufigen Personalwechseln kam, auch von einer toxischen Arbeitsatmosphäre war die Rede. Dieses Problem habe Harris seit ihrer Zeit als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco, das erste politische Amt, in das sie gewählt wurde. (Johanna Soll)