„Wird eine Weile chaotisch sein“: US-Abschieberegelung läuft aus – Biden zeigt Härte
In den USA endet demnächst eine Abschieberegelung der Trump-Regierung. Daher wird ein vermehrter Andrang von Asylsuchenden erwartet.
Washington, D.C. – US-Präsident Joe Biden rechnet nach dem Auslaufen einer umstrittenen Abschieberegelung vorübergehend mit einer chaotischen Lage an der Grenze zu Mexiko. Auf die Frage, ob die USA auf einen Andrang von Menschen an der Grenze vorbereitet seien, sagte Biden am Dienstag (9. Mai): „Das bleibt abzuwarten. Es wird für eine Weile chaotisch sein.“ Die als Title 42 bekannte US-Abschieberegelung endet offiziell am 11. Mai um Mitternacht (Ortszeit). Dann läuft auch der nationale Gesundheitsnotstand aufgrund der Corona-Pandemie aus.
Derzeit sammeln sich an den Grenzübergängen im Süden der USA Zehntausende Menschen und die US-Behörden rechnen mit einem starken Anstieg der Asylanträge. Im Bundesstaat Texas haben die Städte El Paso, Brownsville und Laredo den Ausnahmezustand erklärt. Dort halten sich bereits hunderte Menschen auf, die aus Lateinamerika, aber auch aus China, Russland und der Türkei gekommen sind. US-Grenzbeamte forderten diese Menschen auf, sich den Behörden zu stellen.

Die im März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie unter Bidens Vorgänger Donald Trump eingeführte Regelung sieht vor, dass an der Südgrenze aufgegriffene Einreisende umgehend nach Mexiko oder in andere Länder abgeschoben werden, ohne Asyl beantragen zu können. Begründet wurde dies mit dem Kampf gegen Corona – für Kritikerinnen und Kritiker rechter Einwanderungspolitik nur ein Vorwand, um eine harte Grenzpolitik durchzusetzen. Gesundheitsexpertinnen und -experten zufolge entbehrt die Regelung der wissenschaftlichen Grundlage.
Biden ließ 1500 Soldaten an die US-Südgrenze verlegen
Die Behörden befürchten einen vermehrten Andrang von Flüchtlingen und Migranten, sobald Title 42 ausläuft. Die US-Regierung hat zuletzt mehrfach betont, sie werde weiter hart gegen illegale Grenzübertritte vorgehen, zugleich aber mehr Möglichkeiten für eine legale Einreise schaffen. Dafür sollen für die Erstregistrierung Asylsuchender unter anderem Migrationszentren in lateinamerikanischen Staaten eröffnet werden. Nach Angaben eines hochrangigen US-Grenzbeamten bereite man sich dennoch auf bis zu 10.000 Asylsuchende pro Tag vor.
Mit dem Ende von Title 42 wollen die USA sich auf ein unter dem Namen Title 8 bekanntes älteres Regelwerk stützen, das in den vergangenen Jahren parallel zu Title 42 angewandt wurde. Dieses ist stellenweise schärfer als Title 42 und sieht im Falle illegaler Einwanderung die sofortige Inhaftierung und ein fünfjähriges Wiedereinreiseverbot in die USA vor.
Biden hatte im Wahlkampf 2020 versprochen, die Asylpolitik humaner zu gestalten als Trump. Doch zuletzt hat das Verteidigungsministerium 1500 Soldaten an die Grenze verlegt, um den Grenzschutz zu unterstützen. Trotz Bidens äußerst konservativer Einwanderungspolitik werfen ihm die oppositionellen Republikaner beständig vor, „Illegale“ würden aufgrund „offener Grenzen“ ins Land „einfallen“ würden. Die Situation an der Südgrenze war in den vergangenen Jahren ein wichtiges Wahlkampfthema der Republikaner und wird es wohl auch bei der US-Wahl 2024 sein. (jso/AFP/Reuters)