Ukraine-Krieg: „Putin kann sich eine Niederlage nicht leisten“
Der Chef des US-Geheimdiensts William Burns wertet Putins neue Kriegstaktik am Donbass als risikoreich und warnt vor einen möglichen Bruch mit China.
Washington D.C. – Statt Chancen auf ein rasches Kriegsende in der Ukraine rechnet US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA damit, dass Russlands Machthaber Wladimir Putin die militärischen Anstrengungen beim Angriff auf das Nachbarland nochmals verdoppeln könnte. Das sagte CIA-Chef William Burns am Samstag (7. Mai) bei einer Veranstaltung der Financial Times in der US-Hauptstadt.
Verglichen mit der ersten Phase des Ukraine-Kriegs, bei der die Ukraine an zahlreichen Stellen von russischen Truppen angegriffen worden war, sei die Konzentration der Angriffe auf den Donbass „mindestens genauso riskant“, wenn nicht gar „noch riskanter“, betonte Burns und begründete das vor allem mit der Einstellung des russischen Präsidenten: So sei Putin inzwischen in einem gedanklichen Zustand angekommen, in dem er „nicht daran glaubt, dass er sich eine Niederlage leisten kann“.
Ukraine-Krieg: CIA-Chef Burns über die Kriegstaktik Russlands und Putins größten Fehler
In der zweiten Phase des Kriegs, die Burns als „ausgesprochen hässliche und brutale Offensive gegen die ukrainische Bevölkerung“ bezeichnet, stehe deswegen auch eine Menge für Putin auf dem Spiel. Wahrscheinlich sei, dass Putin derzeit versuche, aus Fehlern der ersten acht Kriegswochen zu lernen und seine Militärstrategien anzupassen. Ob sich Russland mit dem Ziel den Donbass im Südosten der Ukraine zu erobern zufrieden geben könnte oder schlussendlich wieder versucht, auch andere Teile der Ukraine wie Odessa oder Kiew anzugreifen, werde sich laut Burns im Laufe der kommenden Wochen entscheiden.
In dieser Zeit müsse sich zeigen, ob das russische Militär gegen die unerwartet starke Gegenwehr der Ukraine ankommen könne. Bislang bezeichnen internationale Beobachter:innen die russischen Kriegsfortschritte als „schleppend“ und „langsam“. Der Hauptfehler der russischen Truppen sei es von Anfang an gewesen, die Ukraine massiv zu unterschätzen.
Zur Person | |
Name | William Burns |
Position | Direktor der Central Intelligence Agency (CIA) seit 2021 |
Alter | 66 Jahre (geboren am 4. April 1956) |

Rolle des US-Geheimdienst im Ukraine-Krieg: Keine Anzeichen für Einsatz von Nuklearwaffen
Ebenso verhalte es sich, wie Burns betont, mit der öffentlichen Wahrnehmung des ukrainischen Geheimdiensts, den man keinesfalls unterschätzen dürfe. Gerüchte, dass der Geheimdienst der USA bei zahlreichen Attacken auf das russische Militär mitgeholfen haben soll, haben US-Behörden nie bestätigt. Auch Burns äußerte sich bei dem Gespräch bei der Veranstaltung der Financial Times nicht dazu.
Auf die Frage, ob die Geheimdienste mit der Möglichkeit rechneten, dass Putin im weiteren Kriegsverlauf auch Nuklearwaffen einsetzen könnte, sagte Burns, dass die Nachrichtendienste dafür derzeit keine konkreten Anzeichen sähen. Auf die leichte Schulter nehmen dürfe man die Möglichkeit eines Einsatzes solcher Waffen jedoch trotzdem nicht.

Ukraine-Krieg: CIA-Chef Burns rechnet mit möglicher Schwächung von Russland-China-Partnerschaft
Wofür es in der Tat jedoch erste Anzeichen gebe, sei laut Burns eine leichte Schwächung der guten Beziehungen zwischen Russland und China. Die vergangenen zehn bis elf Wochen im Ukraine-Krieg hätten auf Chinas Regierung unter Xi Jinping auch einen mahnenden Effekt gehabt. Dieser sei zwar nach wie vor entschlossen, eng mit Russland zusammenzuarbeiten, zeige aber auch erste Anzeichen der „Verunsicherung“.
Die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine, von der massiven Gegenwehr der ukrainischen Bevölkerung, bis hin zu den geschlossenen Reaktionen des Westens, seien laut Burns „deutliche Lektionen, die China genau beobachtet“, vor allem im Hinblick auf einen womöglich bevorstehenden Übergriff auf Taiwan, den China immer wieder andeutet. Auch eine mögliche Beschädigung des Rufs Chinas könnte für Xi ein Faktor sein, der die Partnerschaft mit Russland womöglich weiter schwächen könne. (ska)