Affront aus den USA: Blinken will EU-Mann stürzen lassen

Die Besetzung des Chefpostens der UN-Organisation für Migration sorgt für Wirbel. Die USA erzwingen eine Kampfabstimmung.
Genf - Die USA sorgen in Genf für Aufregung. Bei der Besetzung des Spitzenpostens der UN-Organisation für Migration (IOM) haben sie sämtliche diplomatischen Gepflogenheiten sausen lassen und eine Kampfabstimmung erzwungen, in der eine US-Kandidatin den portugiesischen IOM-Chef Antonio Vitorino stürzen soll – ein völlig unübliches Vorgehen, mit dem die USA die EU brüskieren.
Die 175 Mitgliedsländer begannen am Montag (15. Mai) bei den Vereinten Nationen in Genf mit der geheimen Abstimmung hinter verschlossenen Türen. Es siegt, wer Zweidrittel der Stimmen bekommt. Bei mehreren Wahlgängen zieht sich das Prozedere bis Dienstag hin.
UN-Organisation für Migration: USA wollen EU-Mann Vitorino stürzen
US-Außenminister Antony Blinken warb dabei für die US-Kandidatin Amy Pope, die bisher als Stellvertreterin von Vitorino tätig war. Grund für die überraschende Intervention der USA war laut Blinken der Wunsch, „die Organisation wiederzubeleben“. Bisher ist Vitorinos Arbeit in diplomatischen Kreisen einhellig gelobt worden. Er habe die Organisation modernisiert und gut geführt. Normalerweise werden Amtsinhaber in solchen Fällen per Akklamation für eine zweite Amtszeit bestätigt.
Internationale Organisation für Migration | |
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Organisationsart | Zwischenstaatliche Organisation |
Kürzel | IOM |
Leitung\t | Antonio Vitorino (seit 2018 Generaldirektor) |
Gegründet | 6. Dezember 1951 |
Hauptsitz | Genf |
Oberorganisation | Vereinte Nationen |
Vor fünf Jahren mussten die USA allerdings eine herbe Niederlage einstecken. In der gut 70-jährigen Geschichte der UN-Organisation für Migration und ihrer Vorläufer waren die Chefposten fast ausnahmslos vom größten Geldgeber USA besetzt. Bei der Wahl 2018 fiel der Kandidat des damaligen US-Präsidenten Donald Trump jedoch glatt durch. Der lange als Missionar tätige Ken Isaacs hatte sich früher in sozialen Netzwerken kritisch über den Islam geäußert und den menschengemachten Klimawandel in Zweifel gezogen.
Die IOM verfügt über Büros in 171 Ländern. Unter anderem hilft sie Gestrandeten bei der Rückreise in ihre Heimat und berät Regierungen im Umgang mit Migrierenden. Sie unterhält in Berlin ein Datenzentrum, das Statistiken über umgekommene und vermisste Personen in aller Welt führt. (cs/dpa)