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Anklage in New York: Der Anfang von Trumps Ende vor Gericht?

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Von: Johanna Soll

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Das Strafverfahren in Manhattan gegen Donald Trump dürfte nicht das letzte sein. Die rechtliche Lawine, die auf den Ex-US-Präsidenten zurollt, könnte seinen Wahlkampf begraben.

New York City – Der ehemalige US-Präsident Donald Trump muss sich wegen einer Anklage, die 34 Anklagepunkte umfasst, vor Gericht verantworten. Damit geht vorerst der Mythos des „Teflon-Don“ zu Ende, des Mannes, dem nichts und niemand etwas anhaben kann, dessen Handeln keinerlei bleibende Konsequenzen für ihn hat. Höchstwahrscheinlich wird es nicht nur bei dem Strafverfahren in New York bleiben, in mindestens drei weiteren Fällen könnte Trump demnächst angeklagt werden.

Als erster ehemaliger Präsident in der US-Geschichte muss sich Trump einem strafrechtlichen Verfahren stellen. Die Anklage des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan, Alvin Bragg, hat Trumps Beteiligung bei der Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels kurz vor der Präsidentschaftswahl 2016 zum Gegenstand. Das Verfahren dreht sich um die Frage, ob das Geld falsch verbucht und somit gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen wurde. Der Fall ist jedoch nur einer von mehreren, mit denen sich Trump konfrontiert sieht.

Donald Trump, ehemaliger US-Präsident und Amerikas derzeit prominentester Angeklagte
Donald Trump, ehemaliger US-Präsident und Amerikas derzeit prominentester Angeklagte © Chandan Khanna / AFP

Die derzeit wichtigsten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, in denen der Ex-Präsident noch nicht angeklagt wurde, befassen sich mit versuchtem Wahlbetrug, Geheimdokumentenunterschlagung in Verbindung mit möglicher Spionage und einer versuchten Revolte durch Anstiftung zur Gewalt beim Sturm auf das Kapitol. Sollten in diesen Verfahren Anklagen erfolgen, würden derart umfangreiche und komplexe Strafprozesse Trumps Ressourcen binden, sowohl zeitlich als auch finanziell. Womöglich müsste er die Termine in seinem Wahlkampfkalender nach Gerichtsterminen ausrichten.

Donald Trump: Anklage droht auch in Georgia

In Georgia ist das Ermittlungsverfahren der Bezirksstaatsanwältin Fani Willis so weit fortgeschritten, dass mit einer Anklageerhebung spätestens im Mai gerechnet wird. In dem wahlentscheidenden Swing State hatten Trump und seine Gefolgsleute versucht, das Ergebnis der US-Wahl 2020, bei der Trump US-Präsident Joe Biden knapp unterlag, nachträglich zu manipulieren. Als zentraler Hinweis hierfür gilt ein Telefonat Trumps mit Georgias republikanischem Wahlleiter Brad Raffensperger, das mitgeschnitten wurde und in dem Trump den Wahlleiter dazu drängt, „11.780 Stimmen zu finden“. Bis heute verbreitet Trump die Lüge, er und nicht Biden hätte die Wahl in Georgia gewonnen.

Auch Sonderermittler Jack Smith ist Trump juristisch auf den Fersen. US-Justizminister Merrick Garland ernannte Smith im November 2022, kurz nachdem Trump seine erneute Präsidentschaftskandidatur verkündet hatte. Mit diesem Schritt will das Justizministerium den Verdacht der politischen Einflussnahme auf die Ermittlungen seitens der US-Regierung ausräumen. Denn anders als Garland ist Smith kein Mitglied der Biden-Regierung.

In einem der Fälle, in denen Smith gegen Trump ermittelt, soll ihm kürzlich ein Durchbruch gelungen sein. Es geht um die massenhafte Mitnahme von Regierungsdokumenten aus dem Weißen Haus in Trumps Luxusanwesen Mar-a-Lago, die teilweise als streng geheim gekennzeichnet waren. Smiths Ermittlungsteam hat, so berichtet CNN, unlängst Beweismittel gesichert, die zeigen sollen, dass Trump persönlich die illegal gehorteten Unterlagen durchgesehen habe. Damit könnte er sich nicht auf ein Versehen oder Fahrlässigkeit berufen. In dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss, der der Beschlagnahme von Kisten voller Dokumente zugrunde liegt, werden drei Straftatbestände genannt: Verstoß gegen das Spionagegesetz, unbefugte Rückhaltung nationaler Sicherheitsgeheimnisse und Behinderung der Justiz.

Sonderermittler Jack Smith ist an Trump dran

Ein weiterer Schwerpunkt von Smiths Ermittlungen ist Trumps Verhalten rund um den Sturm auf das US-Kapitol. Am 6. Januar 2021 stürmten nach einer Kundgebung Trumps Anhänger den Regierungssitz in Washington. Sie wollten verhindern, dass der Kongress Bidens Wahlsieg offiziell bestätigt. Ein Sonderausschuss des Repräsentantenhauses hat empfohlen, Trump in vier Punkten anzuklagen: Behinderung eines offiziellen Verfahrens, Verschwörung zum Betrug der Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Abgabe falscher Angaben sowie Anstiftung oder Unterstützung von Aufruhr. Ob Trump angeklagt wird, hat das Justizministerium zu entscheiden. Smith selbst wird Trump nicht anklagen, sondern am Ende seiner Ermittlungen dem Justizministerium eine Empfehlung aussprechen, ob und wenn ja, in welchen Fällen Anklage gegen Trump erhoben werden soll.

US-Staatsanwalt Jack Smith: Er war am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag tätig und ist nun Sonderermittler gegen Donald Trump
US-Staatsanwalt Jack Smith: Er war am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag tätig und ist nun Sonderermittler gegen Donald Trump © Jerry Lampen/AFP

Bisher bestreitet Trump bei all diesen Ermittlungen jegliches Fehlverhalten. Der Strafprozess in seiner Heimatstadt New York sowie die Ermittlungsverfahren in Georgia und bezüglich der Geheimdokumente und des Kapitolsturms stellen eine nie dagewesene Herausforderung für den rechtsextremen Ex-Präsidenten dar: Er kann die Geschehnisse nicht mehr selbst beeinflussen.

Bei den beiden erfolglosen Amtsenthebungsverfahren gegen ihn war der Ausgang eigentlich von Vornherein klar. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Senat würde nicht erreicht werden, weil Trump die Senator:innen der Republikaner fest im Griff hatte. Eine Wiederwahl hätten diese abhaken können, so das Kalkül, hätten sie für das Impeachment und somit gegen Trump und mit den Demokraten gestimmt.

Trump erlitt bereits zahlreiche Niederlagen vor Gericht

Vor Gericht könnten Trumps Einschüchterungsversuche gegen Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nach hinten losgehen, den das entsprechende Verhalten ist illegal und somit strafbar. Auch im Nachgang der von ihm verlorenen Wahl 2020 fanden Trumps Verschwörungslügen ebenfalls vor Gericht ein jähes Ende. Sämtliche Klagen wegen der angeblich gestohlenen Wahl wurden von teilweise äußerst konservativen und von Trump selbst ernannten Richter:innen im ganzen Land abgewiesen.

Trump war es bisher gewohnt, politisch und wirtschaftlich mehr oder weniger gewähren zu können. Grenzen aufzeigen, konnte ihm bisher lediglich die US-Justiz und die aller Wahrscheinlichkeit noch ausstehenden Strafverfahren könnten seinen Wahlkampf erheblich erschweren. Zwar nützt ihm die Anklage in New York bisher bei den republikanischen Vorwahlen, doch 6 von 10 Menschen in den USA wollen nicht, dass er erneut Präsident wird. Einer CNN-Umfrage zufolge befürworten 60 Prozent der Amerikaner:innen die Anklage gegen Trump. (jso, mit Material von Reuters)

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