Verurteilter Sexualtäter

Trump verurteilt: Darf er dennoch als Präsident kandidieren?

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    VonJohanna Soll
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Ex-US-Präsident Donald Trump wurde wegen eines sexuellen Übergriffs auf E. Jean Carroll schuldig gesprochen. Hier werden Fragen, die sich aufdrängen, beantwortet.

New York City – Die US-Kolumnistin und Autorin E. Jean Carroll hat den ehemaligen US-Präsidenten und derzeitigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump erfolgreich vor einem New Yorker Zivilgericht verklagt. Am Dienstag (9. Mai) befand die neunköpfige Geschworenen-Jury, bestehend aus sechs Männern und drei Frauen, den Beklagten Trump des sexuellen Übergriffs und der Verleumdung der Klägerin schuldig. Carroll (79) wirft Trump (76) vor, sie 1996 in einer Umkleidekabine des New Yorker Luxuskaufhauses Bergdorf Goodman vergewaltigt zu haben. Trump bestreitet den Vorwurf vehement, erschien nicht vor Gericht und will sich gegen das Urteil wehren. Er ist der erste US-Präsident, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.

Warum muss Trump nicht ins Gefängnis?

Es handelt sich um einen Zivilprozess, in dem eine Privatperson eine andere auf Schadensersatz verklagt hat. Haftstrafen sind nur bei Strafprozessen vorgesehen, wenn der Staat einer Person eine Straftat nachweisen kann. Zwar ist ein sexueller Übergriff eine Straftat, doch die Verjährungsfrist für Sexualdelikte ist bereits abgelaufen. Ein neues Gesetz im US-Bundesstaat New York lässt zivilrechtliche Ansprüche des mutmaßlichen Opfers eines Sexualdelikts zu, auch wenn die Tat strafrechtlich bereits verjährt ist. Dies war in dem Rechtsstreit von Carroll gegen Trump der Fall.

Donald Trump, hier beim Golfen, ist der erste US-Präsident, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde

Wozu wurde Trump verurteilt?

Das Bundesgericht in Manhattan sprach Carroll fünf Millionen Dollar (4,56 Millionen Euro) Schadensersatz wegen Körperverletzung und Verleumdung zu.

Hat die Klägerin, E. Jean Carroll, endgültig vor Gericht gewonnen?

Die Klägerin warf Trump Vergewaltigung vor, doch diesen Vorwurf sahen die Geschworenen als nicht ausreichend bewiesen an, wohl aber einen sexuellen Übergriff („sexual assault“). Die Jury befand Trump auch der Verleumdung schuldig, indem er Carroll unterstellte, sie würde lügen, sie sei nicht sein Typ und habe sich den Vorfall nur ausgedacht, um den Verkauf ihres 2019 erschienen Buches anzukurbeln. Trump will das Urteil nicht akzeptieren und kündigte nach dem Schulspruch an, in Berufung zu gehen. Damit ginge der Rechtsstreit in die nächste Instanz.

Klägerin E. Jean Carroll verlässt nach dem Prozesserfolg gegen Donald Trump lächelnd das New Yorker Gericht

Wie reagierten die Parteien auf das Urteil?

Auf seiner rechten Social-Media-Plattform Truth Social schrieb Trump: „Ich habe absolut keine Ahnung, wer diese Frau ist. Dieses Urteil ist eine Schande – eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten.“ Außerdem schrieb er: „Sehr unfairer Prozess.“ Trumps Rechtsanwalt Joseph Tacopina bezeichnete das Urteil als „seltsam“ und es gebe „viele Probleme“ damit, doch sein Mandant sei stark. „Er ist bereit, weiterzumachen. Er wird mit einer Berufung dagegen ankämpfen.“ Carroll sprach von einem Sieg „für alle Frauen, die gelitten haben, weil ihnen nicht geglaubt worden ist“.

Was bedeutet das Urteil für Trumps Präsidentschaftskandidatur?

Auf Trumps Bestrebungen, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden, wirkt sich das Urteil rechtlich nicht aus. Die republikanische Wählerschaft wird im nächsten Jahr in den Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten darüber abstimmen, wer in bei der US-Wahl 2024 antreten soll. Bisher haben sich die Wählerinnen und Wähler der Republikaner selbst von den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Trump nicht abschrecken lassen und derzeit führt der Ex-Präsident das republikanische Kandidatenfeld mit großem Abstand an.

Donald Trump tritt wieder an – doch die Konkurrenz ist groß

Donald Trump will wieder US-Präsident werden
Nun ist es raus: Donald Trump will 2024 erneut als US-Präsident antreten. Dann wird der Milliardär aus New York 78 Jahre alt sein. Trump hatte das Amt 2017 bis 2021 inne, verlor 2020 aber die Wahl und musste auf eine zweite Amtszeit verzichten. Die soll nun im dritten Anlauf gelingen. Trump wäre erst der zweite Präsident in der Geschichte der USA, dem ein solches Comeback gelingen würde. © Andrew Harnik/dpa
Floridas Gouverneur Ron de Santis spricht nach dem Sieg bei den Midterms zu seiner Anhängerschaft
Donald Trumps härtester Konkurrent um die Nominierung bei den Republikanern für die US-Wahl 2024 heißt Ron DeSantis. Der 44 Jahre alte Gouverneur Floridas feierte bei den Midterms einen klaren Sieg und wurde von der Wählerschaft im Amt bestätigt. Er gilt als der Hoffnungsträger in der Partei. DeSantis hatte sich in der Vergangenheit als Trump-Fan inszeniert, geht mittlerweile aber auf Distanz zum Ex-Präsidenten. Hier zu sehen ist der Politiker mit seiner Frau Casey DeSantis und den drei gemeinsamen Kindern. © IMAGO/Luis Santana
Senator Tim Scott aus dem Bundesstaat South Carolina begreift seinen Aufstieg aus armen Verhältnissen als Verkörperung des amerikanischen Traumes. In einem im April veröffentlichten Video spricht er sich gegen eine Politik der Spaltung aus und fordert mehr Optimismus. Scott betont darin auch seine Religiosität und seinen Wunsch, die konservativen Werte Amerikas zu verteidigen. Als Beispiele nennt er etwa den Schutz der Grenzen und der Kampf gegen Abtreibung.
Senator Tim Scott aus dem Bundesstaat South Carolina begreift seinen Aufstieg aus armen Verhältnissen als Verkörperung des amerikanischen Traumes. In einem im April veröffentlichten Video spricht er sich gegen eine Politik der Spaltung aus und fordert mehr Optimismus. Scott betont darin auch seine Religiosität und seinen Wunsch, die konservativen Werte Amerikas zu verteidigen. Als Beispiele nennt er etwa den Schutz der Grenzen und der Kampf gegen Abtreibung. © ALLISON JOYCE
Nikki Haley tritt als US-Botschafterin bei der UN zurück und 2024 vielleicht noch einmal an
Nikki Haley ist eine andere Kandidatin für die Nominierung bei der US-Wahl 2024. Die 50 Jahre alte Republikanerin wechselt ihre Haltung zu Donald Trump wie andere Leute die Kleidung. Einst als Botschafterin Trumps bei den Vereinten Nationen war sie enge Vertraute des Ex-Präsidenten. Nach dem Sturm aufs Kapitol distanzierte sich Haley. Ein Jahr vor den Midterms sagte sie dann, sie würde Trump unterstützen, sollte er noch einmal kandidieren. Doch im Jahr der Zwischenwahlen wiederum ließ die ehemalige Gouverneurin South Carolinas verlauten, sie würde 2024 gerne antreten, „wenn es einen Platz für mich gibt“. © Evan Vuccid/dpa
Vivek Ramaswamy, Trump-Fan mit Anti-Woke-Agenda
Vivek Ramaswamy verkündete am 21. Februar, dass er vorhat, Kandidat der Republikaner für US-Präsidentschaft zu werden. Der 37-jährige, rechtslibertäre Tech-Unternehmer mit indischen Wurzeln ist Trump-Fan und verfolgt eine Anti-Woke-Agenda. Er sieht die USA in einer „nationalen Identitätskrise“ und fordert eine „nationale Wiederbelebung“. Dazu will er z.B. das FBI und das Bildungsministerium abschaffen. Er wolle Trumps „America-First-Aganda auf die nächste Stufe bringen“. © Anna Moneymaker / AFP
Der erfahrene Politiker Asa Hutchinson tritt als Anti-Trump-Kandidat an
Er war bereits Staatsanwalt, Abgeordneter im Repräsentantenhaus, Behördenleiter der Anti-Drogenbehörde DEA und Gouverneur des Bundesstaates Arkansas. Jetzt will Asa Hutchinson 2024 republikanischer Präsidentschaftskandidat werden, doch seine Chancen sind gering. Der 72-Jährige tritt als Alternative zum rechtsextremen Donald Trump an, denn seines Erachtens sollte dieser „nicht der nächste Anführer unseres Landes sein“. Hutchinson forderte Trump auf, seine Kandidatur aufgrund der Anklage gegen ihn in New York zurückzuziehen – eine Sicht, die die republikanische Wählerschaft nicht teilt. © SCOTT OLSON / AFP
Larry Elder ist 2024 der erste schwarze Präsidentschaftskandidat bei den Republikanern
Der 71-jährige Larry Elder ist bei seinem ersten Versuch als Politiker gescheitert: 2021 versuchte der rechte Radiomoderator und Rechtsanwalt erfolglos, Kaliforniens demokratischen Gouverneur Gavin Newsom abzulösen. Elder vertritt rechtsradikale Ansichten, wie ein Abtreibungsverbot, glaubt, dass an Grenzen „Mauern funktionieren“, Antirassismus sowie Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion hingegen nicht. © SCOTT OLSON / AFP
US-Wahl 2024: Ehemaliger Trump-Vertrauter Christie will ins Weiße Haus
Chris Christie hat auch noch einmal Ambitionen auf das Weiße Haus angemeldet. Der frühere Gouverneur des US-Bundesstaats New Jersey war einst ein enger Vertrauter von Donald Trump, hat sich aber mittlerweile von ihm losgesagt und kritisiert ihn sogar öffentlich. So bezeichnete er den früheren Präsidenten wegen dessen Haltung zum Ukraine-Krieg als „Feigling“ und „Marionette“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Christie wollte 2016 schon einmal Präsidentschaftskandidat seiner Partei werden, zog nach schlechten Ergebnissen bei den Vorwahlen aber zurück. © Charles Krupa/dpa
Mike Pence könnte 2024 bei der US-Wahl für das Amt des Präsidenten kandidieren.
Nicht nur Donald Trump liebäugelt mit einem Comeback in Washington, D. C. Auch seinem einstigen Vizepräsidenten werden Ambitionen auf den Posten im Weißen Haus nachgesagt. Bislang hat Mike Pence eine Kandidatur nicht bekannt gegeben, doch mit kritischen Kommentaren nach den Midterms bringt sich der ultrakonservative 63-Jährige in Stellung für einen möglichen Machtkampf innerhalb der Republikanischen Partei. © IMAGO/Aimee Dilger
South Dakota Governor KRISTI NOEM speaks at CPAC 2021: America UnCanceled. Organized
Kristi Noem ist eine der wenigen Protagonistinnen der Republikaner, die als Siegerin aus den Midterms hervorgeht. Die Gouverneurin von South Dakota verteidigte ihren Posten und könnte nach Höherem streben. Erste Werbespots sollen von ihrem Team bereits gesendet worden sein. Eine Frage nach ihren politischen Ambitionen mit Ziel Washington, D.C., sagte Noem: „Das schließe ich ganz und gar nicht aus.“ © Brian Cahn/imago
Glen Youngkin macht bei den Midterms Wahlkampf mit Yesli Vega
Glen Youngkin, hier mit Yesil Vega beim Wahlkampf für die Midterms, gilt neben Donald Trump und Ron DeSantis als einer der großen Favoriten auf die Nominierung der Republikaner für das Jahr 2024. Der 55 Jahre alte Gouverneur des Bundesstaates Virginia ist weder ein enger Verbündeter Donald Trumps noch ein erbitterter Kritiker. Genau diese Haltung könnte in den kommenden Wochen und Monaten wenig Angriffsfläche bieten bei dem über zwei Meter großen ehemaligen College-Basketballspieler. © ALEX WONG/AFP
Liz Cheney, Urgestein der Republikaner und Konkurrentin von Donald Trump
Als Außenseiterin mit großem Namen geht Liz Cheney ins Rennen um die Nominierung bei den Republikanern. Die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney galt einst als neuer Star der Partei. Doch ihre Kritik an Donald Trump und dem MAGA-Kult kostete sie ihre Stellung innerhalb der Republikanischen Partei. Ihre Standhaftigkeit gegen den Ex-Präsidenten könnte ihr nun bei einem politischen Comeback helfen. © JEFF KOWALSKY/AFP
Chris Sununu, möglicher Kandidat der Republikaner bei der US-Wahl 2024
In US-Medien nennen sie ihn bereits das „Dark Horse“ der Republikaner, also den Kandidaten, über den nur wenig bekannt ist, der am Ende aber überraschend siegt: Chris Sununu. Der Gouverneur des US-Bundesstaates New Hampshire hat sich in der Vergangenheit deutlich von Donald Trump distanziert und sagte dem Fernsehsender CBS, er glaube nicht, dass der ehemalige Präsident 2024 eine Chance auf den Sieg habe. Sununu selbst hat seine Kandidatur noch nicht bekannt gegeben, nach Informationen von Newsweek hat aber ein politisches Aktionskomitee, das in Verbindung zu dem Gouverneur steht, seine Arbeit bereits aufgenommen. Erste Social-Media-Anzeigen seien in Iowa und South Carolina geschaltet worden, also in den Bundesstaaten, in denen die Vorwahlen zur Präsidentschaftskandidatur der Republikaner beginnen. © WADE VANDERVORT/AFP
Mike Lindell und Kari Lake im Wahlkampf vor den Midterms für die Republikaner
Nach ihrer Schlappe in Arizona dürfte Kari Lake nur noch Außenseiterchancen auf die Nominierung der Republikaner für die Wahl 2024 haben. Die 52-Jährige ist eine enge Verbündete von Donald Trump und wie ihr Vorbild eine Vertreterin der Verschwörungstheorie zum „Großen Wahlbetrug“ 2020. Auch ihre Niederlage in der Gouverneurswahl bei den Midterms brandmarkte Lake als „Quatsch“. Wenn Lake nicht wie hier mit Mike Lindell, Anhänger von QAnon, posiert, umgibt sie sich gerne mit Menschen wie Greyson Arnold, für den Adolf Hitler laut CNN eine „komplizierte historische Figur [ist], die viele Leute falsch verstehen“. © IMAGO/Lev Radin

Welche weiteren juristischen Probleme drohen Trump noch?

Ende März wurde Trump als erster US-Präsident überhaupt in einem Strafprozess angeklagt. Ihm werden in New York Urkundenfälschung und das Verschleiern anderer Straftaten vorgeworfen. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, wirft Trump vor, gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze verstoßen zu haben, indem er Schweigegeldzahlungen an zwei Frauen verschleierte, um dadurch seine Siegchancen bei der US-Wahl 2016 zu erhöhen.

Weitere strafrechtliche Ermittlungen gegen Trump laufen in folgenden Fällen:

  • Im Bundesstaat Georgia wird in den nächsten Monaten mit einer Anklage von Bezirksstaatsanwältin Fani Willis gerechnet. Es geht um versuchte nachträgliche Manipulation bei der US-Wahl 2020.
  • Sonderermittler Jack Smith ermittelt auf Bundesebene gegen Trump. Zum einen wegen der Geheimdokumente, die dieser nach seinem Ausscheiden aus dem Amt auf seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida hortete.
  • Zum anderen untersucht Smith, ob Trump wegen seiner Beteiligung am Sturm auf das Kapitol angeklagt werden kann.

(Johanna Soll)

Rubriklistenbild: © ANDY BUCHANAN / AFP

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