Nach Gerichtsverbot: US-Bundesstaaten horten Abtreibungspille
Ein Richter aus Texas entzieht der meistgenutzten Abtreibungspille in den USA die Zulassung. Viele liberale Bundesstaaten legen Vorräte an.
Washington – Die Debatte über Schwangerschaftsabbrüche polarisiert die USA. Es ist ein erbitterter Kampf um das Grundrecht der körperlichen Autonomie und Selbstbestimmung, der vor allem seit der Supreme-Court-Entscheidung von Juni 2022 immer wieder zu Protesten führt.
Die Entscheidung kippte das landesweite Grundrecht auf Schwangerschaftsabbrüche und öffnete damit die Tür für gravierende Einschränkungen oder sogar Verbote von Abtreibungen. Vor allem in konservativen Bundesstaaten folgten diese unmittelbar. In Texas herrschen aktuell besonders strenge Regelungen. Das „Herzschlaggesetz“ verbietet Schwangerschaftsabbrüche vollständig nach der sechsten Woche. Ein Richter aus dem Bundesstaat hatte am Freitag (7. April) der meistgenutzten Abtreibungspille der USA, Mifepriston, die Zulassung entzogen. Der Beschluss soll Ende dieser Woche in Kraft treten.
Bundesstaaten wollen Vorrat von Abtreibungspillen anlegen
Liberale, meist von Demokraten geführte Bundesstaaten kämpfen für umfassenden Zugang zu sicheren Abtreibungen. Dazu gehört auch Kalifornien. Der demokratische Gouverneur Gavin Newsom steht einem Verbot entschieden entgegen: „Wir werden nicht Extremisten nachgeben, die versuchen, diese wichtigen Abtreibungsdienste zu verbieten.“
Kalifornien habe sich einen Vorrat von zwei Millionen Dosen eines alternativen Medikaments beschafft. Zudem kündigten weitere Bundesstaaten an, den Zugang zu Abtreibungen weiter zu gewährleisten. Maura Healey, demokratische Gouverneurin von Massachusetts, teilte mit, der Bundesstaat verfüge über reichlich Rücklagen von Mifepriston. Auch Washington habe für drei Jahre ausreichende Vorräte gesammelt.

Abtreibungen in den USA: Verbot beschneidet Recht auf Selbstbestimmung
Der Schritt ist ein Sieg für Abtreibungsgegner:innen, die letzten November eine Klage gegen die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA eingereicht hatten. Das Medikament Mifepriston sei „gefährlich“ und damit die Zulassung unrechtmäßig gewesen. Matthew Kacsmaryk, erzkonservativer Richter aus Texas, gab ihnen recht.
Die Regierung unter Präsident Joe Biden, der sich immer wieder „Pro Choice“ ausspricht, protestierte am Montag (10. April). Bis zu einem endgültigen Beschluss müsse das Medikament im ganzen Land verfügbar bleiben und der Zugang gewährleistet werden, so heißt es in einem Schreiben des Justizministeriums. Sollte der Beschluss aber bestätigt werden, würden „irreparable Schäden“ für das Gesundheitswesen und Patient:innen entstehen.
Es ist zu erwarten, dass der Fall letztlich vor dem Supreme Court landen wird - auch weil ein Gericht im Bundesstaat Washington fast zeitgleich ein Urteil fällte, das der Entscheidung aus Texas zuwiderläuft. Jedoch herrscht am Obersten Gerichtshof seit der Amtszeit von Donald Trump eine deutliche konservative Mehrheit. (Maibrit Schültken)
Einsatz von Mifepriston in den USA
Mifepriston ist die meistgenutzte Abtreibungspille in den USA. Seit ihrer Zulassung im Jahr 2000 berichtet die US-Arzneimittelbehörde von einem Einsatz in 5,6 Millionen Fällen. Sie wird fast bei jedem Schwangerschaftsabbruch angewendet.
In Deutschland ist das Medikament als Mifegyne bekannt.