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US-Rassisten feiern Donald Trump

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Von: Karl Doemens

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Protest gegen den Präsidenten in der Nähe des Trump Towers in New York. Die Demonstranten fordern Schutz für Einwanderer.
Protest gegen den Präsidenten in der Nähe des Trump Towers in New York. Die Demonstranten fordern Schutz für Einwanderer. © dpa

Nach der Bluttat in Charlottesville schwenkt Donald Trump um und spricht von "sehr anständigen Leuten" unter den Rechtsextremen. Der ehemalige Klan-Chef David Duke ist begeistert.

John Kelly hatte sichtlich Mühe, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Der Stabschef des Weißen Hauses stand am Dienstag in der protzigen Lobby des Trump-Towers an der Fifth Avenue im Herzen Manhattans. Eigentlich sollte sein aus dem Urlaub angereister Chef eine Pressekonferenz zum Infrastrukturprogramm der Regierung geben. Doch die Veranstaltung lief schon bald komplett aus dem Ruder (wir berichteten).

„Warum haben Sie so lange gewartet?“, wollte ein Reporter wissen. Es ging nicht um die versprochenen Milliardeninvestitionen ins Straßennetz, sondern um Trumps Stellungnahme zu den rechtsextremistischen Ausschreitungen von Charlottesville, bei denen eine 32-jährige Frau getötet und zahlreiche Menschen verletzt wurden.

Der Präsident hatte erst 18 Stunden nach einem Fackelmarsch von Neonazis reagiert und zunächst den Hass „auf vielen Seiten“ kritisiert, bevor er sich dann am Montag von den Rassisten und Mördern distanzierte. „Ich habe nicht lange gewartet“, antwortete er nun: „Ich wollte nur sicher sein, dass korrekt war, was ich sagte.“

Trumps Rednerpult stand direkt vor dem goldenen Aufzug seines Hochhauses. Stabschef Kelly hielt sich etwas im Hintergrund. Doch eine Fernsehkamera des Senders NBC fing mit dem Teleobjektiv jede Regung von ihm ein.

The real Donald Trump 

Zunächst rollte der Ex-General kurz mit den Augen. Dann schaute er betont teilnahmslos auf seine Schuhspitzen. Einmal nickte er zustimmend. Doch als Trump dann behauptete, die Öffentlichkeit wisse immer noch nicht die ganze Wahrheit, schüttelte er erschrocken den Kopf. Kurz darauf verzerrte ein nervöses Zucken seine Mundwinkel.

Der Präsident war nämlich noch lange nicht am Ende. Er genoss es offensichtlich, in gewohnter Umgebung wieder er selbst zu sein. „Ich will Ihnen mal etwas sagen“, redete er sich in Rage: „Es gab eine Gruppe auf der einen Seite, die schlecht war, und es gab eine Gruppe auf der anderen Seite, die auch sehr gewalttätig war.“ Tatsächlich hatten einzelne linke Gegendemonstranten offenbar Pfefferspray eingesetzt. Die ultrarechten Gruppen waren aber mit einer schwer bewaffneten paramilitärischen Einheit sowie mit Schutzschildern, Knüppeln und sonstigen Waffen aufmarschiert. Einer von ihnen nutzte sein Auto als Terrorwaffe. „Ich denke, beide Seiten haben Schuld“, sagte Trump nun.

Doch es wurde noch schräger. „Nicht alle diese Leute waren Neonazis“, verteidigte Trump ernsthaft die rechten Demonstranten, die am Freitag mit Fackeln, Hakenkreuzfahnen und „Juden werden uns nicht ersetzen“-Rufen durch die Stadt gezogen waren: „Es gab auf beiden Seiten auch sehr anständige Leute.“

Damit war Trump wieder exakt bei jenem relativierenden Statement angekommen, das er am Samstag in seinem Golfclub abgegeben hatte. Erst nach heftigen öffentlichen Protesten und dem demonstrativen Abzug von fünf Managern aus seinem Industriebeirat hatte er sich am Montag dann von Ku Klux Klan, Neonazis und Anhängern einer weißen Vorherrschaft distanziert – offenbar ohne wirklich dahinterzustehen.

Nicht nur Stabschef Kelly schaute nach der Rolle rückwärts betreten auf den Boden. Auch Wirtschaftsberater Gary Cohn, ebenfalls ein Augenzeuge, soll nach Informationen der „New York Times“ schwer entsetzt gewesen sein. Hingegen wirkte Trump wie befreit. Nach dem offiziellen Ende der Pressekonferenz redete er weiter und prahlte, dass er in Charlottesville ein Anwesen besitze – „eines der größten Weingüter der Vereinigten Staaten“.

Bei vielen Republikanern herrschte nach dem bizarren Auftritt betretenes Schweigen. Doch einige kritisierten den Präsidenten direkt. „Mister Präsident, sie können weißen Rassisten nicht die Hälfte der Schuld erlassen!“, widersprach Marco Rubio, der Senator von Florida, bei Twitter.

„Die eine Seite sind Rassisten, Eiferer und Nazis. Die anderen kämpfen gegen Rassismus und Fanatismus. Dazwischen liegen moralische Welten“, konterte auch Ex-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, betonte: „Wir müssen klar sein. Es darf keine moralische Mehrdeutigkeit geben.“

Lautstarken Beifall erhielt Trump hingegen aus der ultrarechten Ecke: „Danke, Präsident Trump, für die Ehrlichkeit und den Mut, die Wahrheit zu sagen“, schwärmte Ex-Ku-Klux-Klan-Chef David Duke. „Das Statement war fair und reell“, lobte auch Richard B. Spencer, einer der Anführer der rassistischen und antisemitischen Alt-Right-Bewegung.

Im Weißen Haus gab es für Trump zumindest von einer Person Zuspruch: Sein umstrittener Chefideologe Stephen Bannon, berichtet das Magazin „Politico“, habe erklärt, er sei richtig stolz auf seinen Präsidenten.

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