US-Lobbyisten trommeln für Ukraine-Hilfe – einige wohl mit Hintergedanken
Einige der mächtigsten US-Lobbyunternehmen bieten der Ukraine kostenlose Dienste an. Gleichzeitig kassieren sie Millionenhonorare von Rüstungsfirmen.
Washington/Kiew – Es erscheint ungewöhnlich, dass Washingtons mächtige Lobbyunternehmen für ihre Arbeit kein Geld verlangen. Doch der Angriff auf die Ukraine durch Russland hat auch diese Lobbyunternehmen und -agenturen aus den USA auf den Plan gerufen, die ihre Interessensvertretung für die Ukraine teilweise kostenlos anbieten.
Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine haben sich nach einem Bericht der britischen Tageszeitung The Guardian 25 registrierte Lobbyunternehmen bereit erklärt, ukrainische Interessen kostenlos zu vertreten. Vor dem Krieg sollen insgesamt nur elf Unternehmen für ukrainische Interessen tätig gewesen sein.

Unterstützung im Ukraine-Krieg: Mehr US-Lobbyunternehmen, die in der Ukraine agieren
Von Interessensvertretungen, die aus dem Ausland beauftragt werden und sich an politischen Aktivitäten beteiligen, verlangt die US-Gesetzgebung, eine regelmäßige Offenlegung ihrer Tätigkeiten. Anhand des Registrierungsgesetzes für Vertretungen im Ausland (Foreign Agents Registration Act, kurz Fara) überwachen die US-amerikanischen Behörden Lobbyarbeit im Ausland.
„Ich kann mich nicht an einen vergleichbaren Anstieg der Pro-bono-Arbeit für einen ausländischen Auftraggeber erinnern“, sagt David Laufman, Partner der Anwaltskanzlei Wiggin and Dana, die früher die Durchsetzung des Lobbygesetzes im Ausland für das Justizministerium überwacht hat.
Mehrere der neuen Lobbyunternehmen, die sich in der Ukraine engagieren, setzten sich für eine stärkere militärische Unterstützung der USA für das ukrainische Militär ein. Einem Antrag zufolge, der laut dem Lobbygesetz gestellt werden muss, beabsichtigen sie, „bei Mitgliedern der US-Regierung darauf hinzuwirken, dass die Ausgaben des US-Verteidigungsministeriums für Verträge über Ausrüstungen und andere Maßnahmen erhöht werden, die dem ukrainischen Militär helfen, seinen Kampf gegen das russische Militär erfolgreich zu führen“.
Ukraine-Krieg: Lobbyunternehmen aus den USA sieht keinen Interessenskonflikt bei Unterstützung
Die Unternehmensgruppe „BGR Government Affairs“ arbeitet laut The Guardian seit Mai 2022 kostenlos für Vadym Ivchenko, einem Mitglied des ukrainischen Parlamentes sowie Elena Lpkivska Ergul, einer Beraterin des ukrainischen Präsidenten. Zwei Tage vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine habe ein BGR-Berater öffentlich eine Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine gefordert. Auf die Frage, ob die Arbeit der BGR einen Interessenskonflikt darstelle, verneinte der Präsident der BGR, Jeffrey H. Birnbaum, in einer Erklärung.
Im Jahr 2022 verdiente die BGR mehr als eine halbe Million Dollar mit Lobbyarbeit für Auftragnehmer des Pentagon, von denen einige bereits vom Ukraine-Krieg profitieren. Raytheon zum Beispiel, das BGR laut der Organisation OpenSecrets im Jahr 2022 240.000 Dollar für Lobbyarbeit zahlte, hat bereits mehr als 2 Milliarden Dollar an Regierungsaufträgen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg erhalten.
US-Lobbyunternehmen helfen Ukraine und erhalten Aufträge aus dem Pentagon
Das Beratungsunternehmen „Mercury Public Affairs“ begann nach den Recherchen des Guardian im März 2022 mit einer Nichtregierungsorganisation in der Ukraine zusammenzuarbeiten. Ähnlich wie die BGR Government Affairs habe die „Mercury Public Affairs“ im vergangenen Jahr Aufträge von Unternehmen aus dem Pentagon gehabt und nach eigenen Angaben mehr als 180.000 Dollar für Lobbyarbeit im Auftrag von Vertragspartnern des US-Verteidigungsministeriums veranschlagt.
Auch die in New York gegründete Werbe- und PR-Agentur „Ogilvy Group“, ein Tochterunternehmen des britischen Medienkonzerns WPP, hat seit 2022 eine Partnerschaft mit dem ukrainischen Ministerium für Kultur und Informationspolitik. An erster Stelle sollen dabei laut The Guardian „Investitionsmöglichkeiten für die Verteidigungsindustrie der Ukraine“ stehen. Das US-Verteidigungsministerium soll dem Unternehmen 2022 fast 500.000 Dollar für ihre Lobbyarbeit gezahlt haben. Ogilvy reagierte nach Guardian-Angaben nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme. (Clemens Dörrenberg)