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Im Video: Schwer bewaffnete FBI-Beamte stellen Verdächtigen im Fall der Ukraine-Leaks

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Von: Patrick Mayer, Stephanie Munk

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Das FBI verhaftet den Verdächtigen im Fall der Ukraine-Leaks. CNN sendet die Festnahme live. Was wir über den mutmaßlichen Täter wissen.

Update vom 13. April, 21.15 Uhr: Es ist Stoff, wie aus einem fiktiven Agententhriller. Ein junger Soldat kommt an geheime Informationen aus einem internationalen Militär-Konflikt und teilt das, was er da gefunden hat, mit der ganzen Welt.

So geschehen im Fall der spektakulären Ukraine-Leaks. Der junge Mann, der die geleakten US-Dokumente verbreitet haben soll, wurde nun mutmaßlich gefasst. Wie der US-Sender CNN und die New York Times übereinstimmend berichten, soll es sich bei dem Verdächtigen um einen 21-jährigen Mitarbeiter des US-Militärstützpunkts „Massachusetts Air National Guard“ namens Jack T. handeln.

Ukraine-Leaks: FBI nimmt Verdächtigen in Massachusetts fest

Zuvor hatte bereits das ZDF berichtet, dass nach beschriebenem Verdächtigen gefahndet werde. Laut New York Times wurde an diesem Donnerstagnachmittag (Ortszeit) das Haus seiner Familie in Dighton (US-Bundesstaat Massachusetts) von FBI-Agenten umstellt. Die Zeitung veröffentlichte ein Video, wie schwer bewaffnete Bundesbeamte eine Straße absperren und in ein Waldstück gehen. CNN teilte bei Twitter ein Video, dass die Festnahme des Verdächtigen zeigen soll.

T. soll der Anführer einer kleinen Gruppe von Gamern auf der Plattform „Discord“ sein, auf der die ersten als geheim gekennzeichneten Akten laut Bild schon vor Monaten auftauchten. Scheibchenweise wurden zuletzt Top-Secret Informationen zum Krieg zwischen der Ukraine und Russland publik. Zum Beispiel über westliche Spezialeinsätze, über mutmaßliche Spionage der CIA in Moskau oder über angebliche Waffenlieferungen aus Nahost an den Kreml. Wegen der brisanten Veröffentlichungen musste der ukrainische Generalstab sogar anvisierte militärische Pläne über den Haufen werfen. Jetzt soll die mutmaßliche undichte Stelle entlarvt sein.

Ukraine-Leaks: Geleakte US-Dokumente - wer steckt dahinter?

Erstmeldung vom 13. April: Washington - Ein Riesen-Skandal um geleakte US-Geheimdienst-Dokumente - ausgelöst durch einen während des Corona-Lockdowns gelangweilten und nach Aufmerksamkeit suchenden jungen Mannes?

Laut zwei Informanten der Washington Post soll es so gewesen sein. In ausführlichen Interviews schilderten sie dem US-Blatt, dass der Angestellte einer US-Militärbasis sie in einem Online-Netzwerk regelmäßig mit Geheiminformationen der US-Regierung versorgte. Bis die ganze Sache aufflog und nun immer mehr Details aus den geleakten Papieren an die Öffentlichkeit dringen.

US-Leaks: Militärmitarbeiter schmuggelte wohl Dokumente vom Arbeitsplatz

Der Urheber der Leaks soll die Geheiminformationen von seinem Arbeitsplatz geschmuggelt haben und sie seit vergangenem Winter auf der Gaming-Plattform „Discord“ veröffentlicht haben. Rund 20 Jugendliche und junge Männer aus unterschiedlichen Ländern hätten sich dort in einer privaten Gruppe zusammengetan.

Ihre Gemeinsamkeiten: Eine Vorliebe für Waffen und militärische Ausrüstung, ein starker Glaube an Gott und die Suche nach Gleichgesinnten während des Corona-Lockdowns. Auch Rassismus und Antisemitismus soll in der Gruppe eine gewisse Rolle gespielt haben.

Der inoffizielle Anführer der Gruppe sei ein Mitglied namens OG gewesen, schreibt das US-Blatt, etwa 25 Jahre alt. „Er ist fit. Er ist stark. Er ist bewaffnet. Er ist trainiert. So ziemlich alles, was man in einem verrückten Film erwarten würde“, beschreibt ihn einer der Informanten der Washington Post, ein 18-Jähriger. OG hätte angegeben, auf einer US-Militärbasis zu arbeiten und Teile seiner Tage in einer gesicherten Anlage zu sein, in der Handys und elektronische Geräte verboten waren.

Ein CNN-Video soll die Festnahme des Verdächtigen (li.) im Fall der Ukraine Leaks zeigen.
Ein CNN-Video soll die Festnahme des Verdächtigen (li.) im Fall der Ukraine Leaks zeigen. © Screenshot Twitter@CNN

Geheimdokumente fanden nur wenig Beachtung bei „Discord“

Eines Tages habe OG begonnen, Nachrichten mit seltsamen Fachbegriffen zu posten - offenbar wortgetreue Anschriften von Geheimdienst-Papieren, die er mit den anderen Mitgliedern der Discord-Gruppe teilte. Hunderte solcher Botschaften soll er in den kommenden Monaten veröffentlicht haben.

Die komplizierten Texte, die der Mann offenbar abgetippt und mit erklärenden Hinweisen versehen hatte, lasen nur wenige in der Gruppe genau. OG soll frustriert darüber gewesen sein, dass er so wenig Beachtung damit fand. Nach einer Weile war ihm das Abtippen wohl zu mühsam: Er schmuggelte die Dokumente offenbar von seinem Arbeitsplatz und fotografierte sie in seinem Zimmer, was der Hintergrund einiger Bilder belegen soll.

„Definitiv kein Whistleblower“: Leak soll nicht politisch motiviert gewesen sein

Ein Whistleblower also, der mit seinen Nachrichten die Öffentlichkeit wachrütteln wollte? Einer wie Edward Snowden? Mitnichten, berichtete der 18-jährige Bekannte der Washington Post: „Ich würde ihn definitiv nicht als Whistleblower bezeichnen.“

Das Motiv von OG sei „ein bisschen Angeben vor Freunden“ gewesen, „aber auch den Wunsch, uns auf dem Laufenden zu halten“. Er hätte die jüngeren Mitglieder belehren und sich als Anführer profilieren wollen. Der US-Regierung sei er aber „nicht feindlich gesinnt“ gewesen und habe auch darauf bestanden, „nicht für die Interessen irgendeines Landes“ zu arbeiten. Auch im Ukraine-Krieg habe er wohl eine neutrale Position eingenommen.

US-Geheimdokumente sollten innerhalb der Gruppe bleiben - doch das ging schief

OG soll die rund zwei Dutzend Mitglieder, die die abfotografierten Dokumente sehen konnten, zudem streng angewiesen haben, die Sache geheimzuhalten. Dies schien einige Zeit zu funktionieren, bis am 28. Februar 2023 ein Mitglied offenbar mehrere von OG veröffentlichten Fotos auf einem anderen Server der Gaming-Plattform „Discord“ veröffentlichte.

Der Weg der Dokumente verselbständigte sich. Sie landeten auf russischen Telegram-Kanälen, dem Message-Board 4chan und schließlich auf Twitter. Dort wurden US-Medien darauf aufmerksam wurden und mit ihrer Berichterstattung das ganze Ausmaß des Leak-Skandals aufmerksam machten.

Urheber des US-Leaks: Informanten verheimlichen Namen und Aufenthaltsland

Inzwischen fahnden US-Beamten auf Hochtouren nach dem Mann, der verbotenerweise geheime Dokumente zum Ukraine-Krieg und andere politisch hochsensible Themen veröffentlicht haben soll. Die beiden jungen Männer, mit denen die Washington Post sprach, sollen Namen und Aufenthaltsort des angeblichen Urhebers des Skandals kennen, wollen ihn aber nicht verraten. Ihre Überzeugung: OG werde ohne rechtmäßiges Verfahren in Guantanamo oder woanders verschwinden, wenn er gefunden werde.

Der angebliche Urheber der Leaks soll nicht gewollt haben, dass die von ihm geposteten Papiere den Weg in die breite Öffentlichkeit finden, schildern seine Bekannten: Als die von ihm geposteten Dokumente auf Twitter erschienen, soll er sehr hektisch und nervös reagiert haben. „Er sagte, dass etwas passiert sei, und er betete zu Gott, dass dieses Ereignis nicht passieren würde“, schildert der 18-Jährige. Doch da war es bereits zu spät. (smu)

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