„Unerträglich“: Proteste gegen Roger-Waters-Konzert in Frankfurt angekündigt

Monatelang gab es Forderungen, Konzerte des Pink-Floyd-Mitbegründers Roger Waters zu verbieten – vergebens. In Frankfurt soll es Ende Mai zu Protesten kommen.
Frankfurt – Nach langem Hin und Her steht seit Ende April fest, dass der britische Musiker Roger Waters nun doch in der Frankfurter Festhalle auftreten darf. Zuvor wollten die Stadt und das Land Hessen den Auftritt aufgrund von Antisemitismusvorwürfen verhindern – alles sah danach aus, dass das Konzert am 28. Mai abgesagt wird. Der Mitbegründer der legendären Rockband Pink Floyd hatte aber gegen den Beschluss geklagt und schließlich Recht bekommen. Das Frankfurter Verwaltungsgericht berief sich in seiner Entscheidung unter anderem auf die Kunstfreiheit.
Gegnerinnen und Gegner von Roger Waters hält das jedoch nicht davon ab, gegen dessen Konzert zu protestieren. Wie die Stadt Frankfurt auf Anfrage der Frankfurter Rundschau bestätigte, sind bereits zwei Protestaktionen geplant. Während die Jüdische Gemeinde Frankfurt drei Tage vor Waters‘ Auftritt auf dem Vorplatz der Festhalle demonstrieren will, plant ein weiteres Bündnis eine Demonstration am Konzertabend. Unter dem Motto „Kein Antisemitismus, keine Diffamierung und keine Menschenrechtsverletzung. Keine Bühne für Roger Waters in Deutschland“ erwartet das Ordnungsamt rund 1500 Teilnehmende.
Zentralrat der Juden kritisiert Auftritt von Waters: Proteste seien „nachvollziehbar“
„Roger Waters‘ Spiel mit Ressentiments und sein Hass auf Israel, den er auch auf Juden überträgt, ist unerträglich. In seinen Äußerungen und Auftritten, nicht in seiner Musik, zeigt Waters ein befremdliches Bild, dass ich uns in Deutschland gerne erspart hätte“, sagte Josef Schuster, Präsident des deutschen Zentralrats der Juden, im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. „Dass es gerade in Frankfurt aufgrund der historischen Vergangenheit des Veranstaltungsortes während des Nationalsozialismus zu Protesten kommt, ist nachvollziehbar“, fügte Schuster hinzu.
Vom 10. bis 13. November 1938 wurden infolge der Reichspogromnacht mehr als 3000 jüdische Menschen aus Frankfurt und dem Rhein-Main-Gebiet in der Festhalle zusammengetrieben, festgehalten und dort von Nationalsozialisten misshandelt und anschließend in Konzentrationslager verschleppt. Damit kommt der Festhalle eine erhebliche Bedeutung für den Holocaust und der deutschen Gedenkkultur zu. Unter anderem rief die Jüdische Allgemeine daher schon vorab zu Protesten gegen das Konzert auf.
Waters unterstützt kontroverse Kampagne – und verteidigt Davidstern auf Schweineballon
Der 79-jährige britische Sänger wird unter anderem für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) kritisiert, die zum umfassenden Boykott des Staates Israel wegen dessen Umgangs mit den Palästinenserinnen und Palästinensern aufruft. Der Bundestag distanzierte sich 2019 in einem mit großer Mehrheit angenommenen Antrag von der BDS-Kampagne: „Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch“, hieß es zur Begründung.
Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau verwies die BDS-Kampagne auf ein Statement der ihr nahestehenden PACBI (Palästinensische Kampagne für den akademischen und kulturellen Boykott Israels). Darin heißt es, dass das Gerichtsurteil „ein weiterer entscheidender Sieg“ sowie „eine weitere demütigende Niederlage für die antipalästinensischen rassistischen Unterstützer des Apartheidstaates Israel“ sei. Bei Waters würde es sich um einen prominenter Unterstützer handeln. Der Sänger sei zeitgleich aber nur „einer von Zehntausenden weltweit“, die hinter der „friedlichen, antirassistischen Bewegung für palästinensische Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit“ stünden.
Roger Waters weist Antisemitismus-Vorwürfe zurück: Kritik nur gegen israelische Politik
Bei Konzerten ließ Waters in den vergangenen Jahren immer wieder Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen. Im Spiegel erklärte er, dies sei Teil jeder Show, bei der er den Song „In the Flesh“ (1979) spiele. Schon zu Pink-Floyd-Zeiten avancierte der Schweineballon zu einem Symbol – zunächst als ein Zeichen gegen den Kapitalismus. Den Davidstern habe Waters nach Beschwerden wieder entfernt. Er stehe allerdings zu seiner ursprünglichen Entscheidung, ihn zu verwenden. „Er war eines von vielen Symbolen, die für Dogmen stehen, die mir zuwider sind. Religiöse Dogmen wie der Judaismus, das Christentum und der Islam“, sagte der Sänger und Bassist.
Waters wies darüber hinaus über sein Management von sich, antisemitisch zu sein, und gab an, Antisemitismus wie alle Formen von Rassismus zu verurteilen. „Meine allgemein bekannten Ansichten beziehen sich ausschließlich auf die Politik und die Handlungen der israelischen Regierung und nicht auf die Menschen in Israel“, sagte Waters.
Aller Kritik und Absage-Forderungen zum Trotz startete am 30. April in Hamburg die Deutschland-Tour „This Is Not A Drill“ des Pink-Floyd-Mitbegründers. Der Veranstalter FKP Scorpio gab kurz vor dem Tour-Auftakt an, sich in dieser Angelegenheit leider nicht äußern zu können. Wie die Messe Frankfurt der Frankfurter Rundschau mitteilte, werde im Falle von Protesten „in gewohnt enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden“ für die Sicherheit der Beteiligten gesorgt. (nak/dpa)