Wagner-Gruppe soll salonfähig werden: „Putins Koch“ fordert hohe Strafen bei Kritik an seinen Kämpfern
Wagner-Chef Prigoschin will erreichen, dass in Russland Kritik an seinen in der Ukraine kämpfenden Söldnern verboten wird. Ein Russland-Experte erklärt, was dahinter steckt.
Moskau - Kurz nach der Invasion in die Ukraine schuf Russlands Präsident Wladimir Putin Fakten, um seine Bevölkerung mundtot zu machen: Er verabschiedete ein Gesetz gegen die „Diskreditierung der russischen Armee“. Jede Art von Missbilligung des Einsatzes kann seither in Russland hart bestraft werden.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin versucht nun offenbar, dass auch seine private Söldnergruppe unter dieses Gesetz fällt: Kritik an der Wagner-Gruppe soll nach seinem Willen verboten und hart bestraft werden. Prigoschin soll dies bei der russischen Staatsduma beantragt haben.

Informationen über Straftaten von Wagner-Söldnern sollen verboten werden
Prigoschin rekrutiert seine Kämpfer vor allem in Gefängnissen - und nimmt offenbar auch Männer, die wegen Mordes oder Vergewaltigung verurteilt wurden. Durch eine Änderung im russischen Strafgesetzbuch will der Wagner-Chef nun erwirken, dass öffentliche Kritik und negative Berichterstattung zu seinen Kämpfern künftig verboten ist.
Auch die Veröffentlichung von Informationen über ihre vergangenen Straftaten soll nach dem Willen Prigoschins untersagt werden. Bis zu fünf Jahre Haft fordert er wohl für entsprechende Verstöße. Darüber berichten die Nachrichtenagentur Reuters sowie das unabhängige russische Nachrichtenportal Meduza.
Russland-Experte: Prigoschin will für Wagner-Gruppe staatlichen Schutz
Laut Peter Franck, Russland-Experte von Amnesty Deutschland, wolle Prigoschin mit seinem Vorstoß erreichen, dass seine Wagner-Kämpfer den gleichen staatlichen Schutz erhalten wie die russische Armee. „Es ist noch nichts beschlossen, aber zu befürchten, dass die Gesetzesinitiative relativ schnell umgesetzt wird“, sagte der Menschenrechtsexperte auf Anfrage von fr.de von IPPEN.MEDIA.
Die angekündigten Strafen würden in Russland durchaus auch durchgesetzt, so Franck: Seit Putin im März 2022 Gesetze gegen die „Diskreditierung der Armee“ und die Verbreitung von Falschinformationen über den Krieg unterzeichnet hat, seien schon drakonische Strafen von knapp sieben bis achteinhalb Jahren Freiheitsstrafe verhängt worden.

Prigoschin stört sich an Bloggern und Fernsehsendern, die kritisch über Wagner berichten
Prigoschins Vorstoß richtet sich offenbar an „Medien, Blogger und Telegram-Kanäle“, die seine „Freiwilligen“ offen diskreditieren, wie der Wagner-Gründer laut dem Portal Russia Posts in seinem Antrag an die Duma schrieb. Einige Medien und Fernsehsender würden „absichtlich negative Informationen“ über seine Truppe in die Welt setzen, um sie als „Bösewichte und Kriminelle“ darzustellen, wird aus dem Brief zitiert. „Eine solche Praxis muss streng unterdrückt werden, um unsere Gesellschaft bei der Konfrontation mit externen Bedrohungen für Russland zu konsolidieren“, so Prigoschin.
Wjatscheslaw Wolodin, Sprecher der russischen Staatsduma, ließ offenbar bereits durchblicken, dass er der Gesetzesänderung nicht im Weg stehen will: Er befahl den russischen Parlamentarier:innen „dringend“, eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuchs zu prüfen. Jegliche Kritik an den russischen Truppen und auch an anderen „Teilnehmern der Kampfhandlungen“ solle kriminalisiert werden, wird Wolodin von Meduza zitiert.
Prigoschin will seinen politischen Einfluss offenbar ausweiten
Prigoschin - auch bekannt unter dem Spitznamen „Putins Koch“ - versucht seit längerem, durch die starke Präsenz der Wagner-Gruppe im Ukraine-Krieg seinen eigenen politischen Einfluss auszuweiten. Sein aktueller Vorstoß kann als weiteres Signal in diese Richtung gewertet werden - und ist außerdem wohl ein Versuch, seine private Söldnertruppe, die für besonders brutale Methoden berüchtigt ist, in Russland salonfähig zu machen. Während sich Prigoschin versucht, sich mit militärischen Erfolgen unter Putin zu beweisen, gibt es Berichte über Skandale bei der Lieferung von Essen an seine Soldaten. (smu)