Russland weitet Raketenangriffe aus – so ist es um die ukrainische Luftabwehr bestellt
Neue Luftangriffe in Kiew und anderen Regionen zeigen, wie das ukrainische Militär aufgestellt ist. Die Luftabwehr ist erfolgreich – langfristig werden die Raketen knapp.
Kiew – Die ukrainische Luftverteidigung ist im vollen Gange. Erneut griff das russische Militär die Hauptstadt Kiew und weitere Regionen der Ukraine aus der Luft an. „Einer Serie von Luftangriffen auf Kiew, von beispielloser Stärke, Intensität und Mannigfaltigkeit geht weiter“ erklärte Serhij Popko, Chef der Zivil- und Militärverwaltung von Kiew. Das sei der neunte Luftangriff auf die Hauptstadt in Folge seit Anfang Mai.
Demnach feuerten russische Bomber am Donnerstagmorgen (18. Mai) Marschflugkörper ab – aus der Region des Kaspischen Meers. Aufklärungsdrohnen hätten anschließend Kiew überflogen. „Alle feindlichen Ziele im Luftraum von Kiew wurden aufgespürt und zerstört.“ Informationen zu Opfern in Kiew lägen noch nicht vor. Unabhängig prüfen ließen sich die Angaben zunächst nicht.
Auch ein schwerer Angriff auf die Hafenstadt Odessa sei registriert worden, teilte die Militärverwaltung mit. Die meisten Raketen seien über dem Meer abgefangen worden. „Es gibt aber leider auch Treffer.“ Ein Mensch sei getötet worden, zwei weitere wurden verletzt. Nach Angaben der Armee gab es zudem Angriffe mit Marschflugkörpern in der Region Winnyzja im Landesinneren. Von Explosionen in Chmelnyzkyj etwa hundert Kilometer weiter westlich sei auch die Rede.
Luftabwehr: Ukraine schießt russische Raketen vom Himmel
Das russische Militär hatte Kiew in den vergangenen Tagen mehrfach mit Drohnen und Raketen angegriffen – unter anderem mit Hyperschallraketen vom Typ Kinschal. Russischen Angaben zufolge wurde dabei auch ein von den USA geliefertes Flugabwehrsystem Patriot zerstört. In Washington wurde am Mittwoch lediglich bestätigt, dass das System „leicht beschädigt“ wurde. Die Raketen mit ihrer extrem hohen Geschwindigkeit sollten als russische Wunderwaffe gegen die Abwehrsysteme aus den Neunzigerjahren dienen – vergebens.

Nach Verlust vieler Raketen bei Angriffen, gehen auch die Reserven Russlands langsam zur Neige. „Während neue Ressourcen von den Verbündeten langsam und in geringer Anzahl in der Ukraine eintreffen, verbessern sie nach und nach ihre Fähigkeiten“, erklärt Keir Giles, Militärexperte beim Londoner Chatham House dem Spiegel. Man führe zu noch weniger Spielraum für Russland. Zudem vermute Giles, dass die Ukraine über zusätzliche Mittel verfüge – die bisher nicht bekannt sind. Möglicherweise habe das Ukrainische Militär westliche Luft-Luft-Raketen an sowjetische Kampfjets montiert.
Fehlende Ressourcen: Lufthoheit könnte bei Gegenoffensive helfen
Während die Ukraine in der Luft erfolgreich ist, erleichtert es die Arbeit der restlichen Truppen. „Die Situation in der Luft entwickelt sich stetig, während sie am Boden eher statisch ist“, sagt Keir Giles. Eine lokale Lufthoheit über Kiew würde eine Gegenoffensive vereinfachen: Ukrainische Truppen sind geschützt und können gleichzeitig Angriffe gegen Russland fliegen. Neue Gleitbomben und britische Storm Shadow-Raketen sollen dafür eingesetzt werden, so der Spiegel. Die Vorteile der Raketen: Eine höhere Reichweite und mehr Durchschlagskraft.
Ukrainische Truppen stehen jedoch vor einem Problem: „Die Frage ist, wo diese Raketen langfristig herkommen sollen“, erklärt Militärexperte Giles. „Die Unterstützer der Ukraine im Westen haben immer noch nicht die notwendigen Schritte unternommen, um die Produktion auf Kriegsniveau umzustellen. Das bedeutet, dass sie deutlich schneller verbraucht als produziert werden.“ Langfristig fehle es der Ukraine an Raketen für sowjetischen S-300 und Buk-Systemen – die den Großteil der Flugabwehr im Ukraine-Krieg darstellen. (hk/dpa/AFP)