Ein Jahr Ukraine-Krieg: Russlands Invasion und die Wende – Das waren bisher die großen Wegmarken

Invasion, Kriegsverbrechen, Gegenoffensiven, Rückzüge: Der Ukraine-Krieg überschattete die vergangenen 365 Tage. Ein Überblick über die Schicksalsmomente.
Kiew – Seit einem Jahr steht der Ukraine-Krieg ganz oben auf der Agenda der Weltpolitik. Mit all seinen Folgen von gestiegener Migration bis zu Energiekrise und der generellen Frage zum angebrachten Umgang mit Kremlchef Wladimir Putin. Bisher schlugen Friedensbemühungen ins Leere – der Krieg dauert auch im Jahr 2023 an.
Der künftige Blick auf den Krieg wird wohl maßgeblich von seinem Ausgang abhängen. Es gibt aber auch Kriegsereignisse, die als besonders prägend in Erinnerung bleiben. Beim Zweiten Weltkrieg aus deutscher Sicht etwa die Schlacht von Stalingrad. In mehr als zehn Monaten Ukraine-Krieg gab es ebenfalls prägende Ereignisse: ein Überblick über die großen Wegmarken und Wendepunkte.
Die ersten Monate im Ukraine-Krieg: Russlands Kiew-Strategie scheitert
- 24. Februar ⇨ Russland greift die Ukraine an: In den frühen Morgenstunden beginnt Russland mit der Bombardierung der Ukraine und schickt Truppen ins Land. Putin spricht von einer „militärischen Spezialoperation“, mit der die Ukraine „entnazifiziert“ werden solle. Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft den Kriegszustand aus.
- 2. März ⇨ erste ukrainische Großstadt eingenommen: Russische Truppen nehmen die südukrainische Stadt Cherson ein, sie ist aufgrund ihrer Nähe zur 2014 annektierten Halbinsel Krim und zum Fluss Dnepr strategisch bedeutend. Zeitgleich bereitet Moskau eine Offensive auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sowie die ostukrainische Metropole Charkiw vor.
- 25. März ⇨ Strategiewechsel nach ukrainischer Gegenoffensive: Die ukrainischen Truppen schlagen Putins Soldaten in den Vororten Kiews zurück. Die Einnahme der Hauptstadt scheitert ebenso wie das Manöver in Charkiw. Der Kreml verkündet daraufhin, sich nun auf den symbolisch bedeutsamen Donbass zu konzentrieren. Er umfasst auch von pro-russischen Separatisten gehaltene Gebiete.
- 2. April ⇨ Massaker von Butscha: Russische Truppen ziehen aus der Region Kiew ab, nun werden 400 Leichen im Vorort Butscha gefunden. Tote Menschen liegen auf den Straßen. Später werden auch in Irpin tote, teils gefolterte Menschen entdeckt. Russland dementiert Kriegsverbrechen.
- 14. April ⇨ Moskwa sinkt: Das russische Kriegsschiff Moskwa geht im Schwarzen Meer unter. Nach ukrainischem Beschuss kam es zu einer Explosion, mindestens 17 Soldaten sterben, weitere werden vermisst.
- 21. Mai ⇨ Russland nimmt Mariupol ein: Nach wochenlangen Gefechten gelingt Russland die Einnahme der ostukrainischen Stadt Mariupol. Epizentrum der Kämpfe ist das Asow-Stahlwerk, wo russische Kräfte 2500 ukrainische Soldaten in Kriegsgefangenschaft nehmen. Die Stadt ist durch den Bombenbeschuss großflächig zerstört.

Sommer im Ukraine-Krieg: Westen liefert Waffen, Gefechte dauern an
- Juni ⇨ Waffenlieferungen erreichen die Ukraine: Der Westen unterstützt die Ukraine mit größeren Waffenlieferungen, Washington schickt die Mehrfachraketenwerfer Hirmas nach Kiew, Deutschland einige Panzer. Die militärische Unterstützung soll Kiew bei seiner Gegenoffensive helfen. Gleichzeitig wird die Ukraine EU-Beitrittskandidatin.
- 30. Juni ⇨ Russland zieht sich von Schlangeninsel zurück: Nach wiederholten ukrainischen Angriffen räumt Russlands Armee die Schlangeninsel südlich von Odessa.
- 3. Juli ⇨ Region Luhansk unter russischer Kontrolle: Russische Truppen erobern die Donbass-Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk, ein wichtiger Schritt zur Komplett-Kontrolle der Region Luhansk. Russland gibt vor Ort russische Pässe aus und führt den Rubel als Zahlungsmittel ein.
- Juli ⇨ Sorge vor AKW-Eskalation: Die Front bewegt sich um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja, das größte Europas. Russland und die Ukraine werfen einander den Beschuss des AKWs vor. Die Angst vor einer Nuklearkatastrophe wächst, letztlich entspannt sich die Situation auch unter Vermittlung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA
- 9. August ⇨ Explosion auf der Krim: Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim zerstört eine Explosion einen wichtigen russischen Luftwaffenstützpunkt. Kiew bekennt sich später zu der Aktion.
Herbst im Ukraine-Krieg: Rückzug, Teilmobilmachung, Annexion
- 10. September ⇨ Russen-Rückzug aus Charkiw: Erster Erfolg für die ukrainische Gegenoffensive. Die Ukraine erobert die Ortschaften Kupjansk und Isjum in der Region Charkiw zurück. Russland zieht sich aus der Gegend zurück.
- 21. September ⇨ Putin verkündet Teilmobilmachung: Als Reaktion auf die Befreiung Charkiws ruft der Kreml eine Teilmobilmachung aus. Mindestens 300.000 Russen sollen zum Militär, einige weigern sich, viele fliehen. Auch in Russland gibt es kritische Stimmen.
- 30. September ⇨ Annexion ukrainischer Gebiete: Russland annektiert nach der Abhaltung von Scheinreferenden vier Gebiete in der Ostukraine; Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson.
Winter im Ukraine-Krieg: Gegenoffensiven und Russen-Rückzug
- Oktober ⇨ Gegenoffensiven im Donbass: Die Ukraine erobert weitere Gebiete wie die Stadt Lyman in der Oblast Donezk, auch in Luhansk gibt es Fortschritte. Am 8. Oktober beschädigt das ukrainische Militär die strategisch wichtige Krimbrücke.
- 9. November ⇨ Russen-Rückzug aus Cherson: Die Ukraine kann auch das monatelang besetzte Cherson befreien. Westliche Vertreter sehen einen möglichen Wendepunkt im Krieg, wenngleich die Sorge vor einem Winter-Krieg wächst.
- 15. November ⇨ Russische Gegenreaktion samt Polen-Vorfall: An einem einzigen Tag feuern russische Truppen fast 100 Raketen auf Städte in der Ukraine. Am selben Tag schlägt eine Rakete im Nato-Land Polen ein. Es soll sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete handeln, die einen russischen Marschflugkörper abfangen wollte.
Winter 2023: Waffenlieferungen und andauernde Gefechte
- Dezember ⇨ Der Krieg geht weiter: Russland greift weiter zivile Infrastruktur in der Ukraine an, die Gefechte dauern auch über Weihnachten an. Es gibt vage Spekulationen um einen Kriegseintritt von Belarus. Selenskyj reist in die USA, Russland sucht den Schulterschluss mit China. Eine Friedenslösung ist nicht in Sicht.
- 1. Januar ⇨ mehr Soldaten: Mit Beginn des Jahres 2023 tritt ein Dekret in Kraft, das die Erhöhung des Personals der russischen Armee um 137.000 Soldaten auf rund 1,15 Millionen Vertragssoldaten und Wehrdienstleistende vorschreibt.
- 5. Januar ⇨ mehr Waffen: Olaf Scholz und Joe Biden vereinbaren weitere Waffenlieferungen. Aus Deutschland kommen das Patriot-Flugabwehrraketensystem sowie Marder-Schützenpanzer. Die Waffendebatte nimmt Fahrt auf, Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht tritt wenig später zurück.
- Mitte Januar ⇨ Kampf um Soledar: Wagner-Chef Prigoschin meldet die Einnahme der ostukrainsichen Stadt Soledar, der Kreml widerspricht erst und meldet wenig später selbst die Eroberung der Kleinstadt. Die Kämpfe in der Region dauern in der Folge an. Auch Bachmut bleibt im Fokus der Gefechte.
- 18. Januar ⇨ Selenskyj-Minister stirbt: Bei einem Hubschrauberabsturz kommt der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj ums Leben.
- 24. Januar ⇨ Deutschland liefert Panzer: Nach längerem Hin und Her gibt die Bundesregierung die Lieferung von Leopard-Panzern bekannt. Mehrere Länder ziehen mit, doch die Lieferung stockt. Die Ukraine fordert anschließend weitere schwere Waffen wie Kampfjets.
- 7. Februar ⇨ Pistorius in Kiew: Der neue Bundesverteidigungsminister reist in die Ukraine und verspricht weitere Unterstützung.
- 20. Februar ⇨ Biden in Kiew: US-Präsident Joe Biden besucht Wolodymyr Selenskyj. Fast ein Jahr nach Kriegsbeginn ist eine diplomatische Lösung fern.
- 24. Februar ⇨ Jahrestag: Der Ukraine-Krieg jährt sich zum ersten Mal. Ein Ende ist nicht in Sicht.
(as)