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Neue Geheimdokumente zum Kreml-Machtkampf: Putin wollte Prigoschin-Schoigu-Streit schlichten

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Von: Andreas Schmid

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Wladimir Putin, Sergei Schoigu, Jewgeni Prigoschin
Wladimir Putin als Streitschlichter? Der Machtapparat im Kreml scheint von Grabenkämpfen befallen. © picture alliance/dpa/Kremlin | Alexei Nikolsky//picture alliance/dpa/Russian Defense Ministry Press Service/AP | Uncredited//IMAGO / ITAR-TASS (Montage)

Die Leaks zum Ukraine-Krieg gehen in die nächste Runde. Neue Enthüllen offenbaren Zwist im Kreml: es geht um geschönte Opferzahlen und zurückgehaltene Munition.

Moskau – Wie viele russische Soldaten sterben im Ukraine-Krieg? Wie gut ist die Armee wirklich? Und hält das Militär tatsächlich Munition zurück? Diese Frage geistern derzeit durch Moskau. Der Kremlapparat gerät zunehmend ins Wanken, interne Grabenkämpfe belasten die „Spezialoperation“. Wie nun bekannt wird, ist der Machtkampf in der russischen Führung offenbar heftiger als gedacht. Kremlchef Wladimir Putin soll den Streitschlichter geben – allerdings vergeblich.

Kreml-Machtkampf: Streit um russische Opferzahlen laut US-Leaks entbrannt

Die New York Times berichtete am Donnerstag (13. April) über neue Geheimdokumente. Sie umfassen 27 Seiten und stammen wohl von Abhörmaßnahmen des US-Geheimdiensts. Die Dokumente seien jetzt zusätzlich zu den vor Tagen bekanntgewordenen geleakten Informationen im Internet veröffentlicht worden. Von wem, ist unklar. Demnach beschuldigt der russische Inlandsgeheimdienst FSB das Militär, Verlustzahlen zu schönen. Wie viele Opfer es auf russischer Seite gebe, werde verschleiert. Aus Angst, die Kremlführung zu verärgern?

Das Militär schrecke demnach davor zurück, schlechte Nachrichten in der Befehlskette nach oben zu übermitteln, heißt es in dem Bericht. Russland selbst gibt nur selten offizielle Opferzahlen preis, die Ukraine nennt in regelmäßigen Abständen russische Verluste. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Wie viele Soldaten im Ukraine-Krieg sterben, kann nicht seriös bewertet werden. Offenbar auch in Moskau nicht. Der FSB stelle in Diskussionen mit der russischen Regierung die Zahlen des Verteidigungsministeriums infrage.

Der britische Geheimdienst berichtete von ähnlichen Ungereimtheiten bei den Opferzahlen. Russland begeht jedes Jahr am 9. Mai den „Tag des Sieges“, an dem mit pompösen Militärparaden der Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland 1945 gefeiert wird, Gefallener gedacht und noch lebende Veteranen geehrt werden. Nun gibt es ein Paradenverbot. Die Ehrung der Gefallenen früherer Generationen könnte laut London leicht dazu führen, dass das Ausmaß der jüngsten Verluste in der Ukraine, die der Kreml zu vertuschen versuche, offenkundig werde.

US-Leaks: Putin wollte offenbar Prigoschin-Schoigu-Streit schlichten

Zudem offenbarten die neuen Dokumente Details über einen öffentlich ausgetragenen Streit zwischen Wagner-Söldner-Chef Jewgeni Prigoschin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Dabei geht es laut den US-Leaks um angeblich vom Militär zurückgehaltene Munition für die Wagner-Truppe. Demnach soll Putin persönlich versucht haben, den Streit zwischen beiden zu schlichten. Das Treffen soll am 22. Februar stattgefunden haben, heiße es in einem der Dokumente.

Seit Wochen kursieren im Internet offensichtlich geheime Dokumente von US-Stellen zum Ukraine-Krieg. US-Medien berichteten kurz vor Ostern erstmals über das Leck um dieses sensible Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die schon vor Wochen bei prorussischen Kanälen verbreiteten Dokumente publiziert hat. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass sie teils nachträglich manipuliert wurden. Die US-Regierung bemüht sich um Aufklärung. US-Beamte erklärten nun der New York Times, die neuen Dokumente seien authentisch. Sie könnten verändert worden seien oder veraltete oder ungenaue Informationen enthalten. Bei den Berichten über das Geheimtreffen zwischen Putin, Prigoschin und Schoigu sollen Seiten fehlen. Der mutmaßliche Kreml-Machtkampf bleibt diffus.

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