Panzer-„Fiasko“ im Ukraine-Krieg? Ampel-Koalition spottet über Leopard-Forderungen
Die westlichen Staaten wollen die Ukraine mit modernen Kampfpanzern unterstützen. Doch auf die Zusagen vieler Länder folgen nur zögerliche Handlungen.
Berlin – Über mehrere Wochen hinweg wurde Olaf Scholz (SPD) als Hauptgrund für die ausbleibenden Panzer-Lieferungen an die Ukraine angesehen. Knapp einen Monat nachdem er den Lieferungen doch zugestimmt hat, scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Nun agiert Deutschland als treibende Kraft einer westlichen Panzer-Allianz und muss seine Partner mit Nachdruck dazu auffordern, ihre Versprechungen einzuhalten. Beobachter sprechen bereits von einem Fiasko mit weitreichenden Folgen.
Ukraine-Krieg: Panzer-Allianz ohne Panzer? Deutschland wird zur treibenden Kraft
Die Ausgangslage: Die EU-Staaten wollen bis Ende März insgesamt 62 Panzer – verteilt auf zwei Bataillone – vom Typ Leopard 2 an die Ukraine liefern. Etwa die Hälfte der Panzer sollen dabei durch Deutschland und Polen bereitgestellt werden. Die Bundesregierung hat ihre ursprüngliche Zusage noch einmal aufgestockt. Statt 14 sollen bis Ende März sogar 18 Kampfpanzer aus den Beständen der Bundeswehr geliefert werden. Das entspricht mehr als der Hälfte des ersten Bataillons.

Polen agierte bereits in der Debatte um die Kampfpanzer-Lieferungen als treibende Kraft und erhöhte zu Beginn des Jahres den Druck auf Deutschland massiv. Auf dem Höhepunkt der Debatte kündigte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki an, auf jeden Fall deutsche Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Selbst dann, wenn man keine Erlaubnis aus Berlin erhalten würde.
Leopard-2-Panzer für die Ukraine: Niederlande macht Rückzieher bei Lieferungen
Verantwortlich dafür, dass die europäische Panzer-Allianz zu einem Rohrkrepierer werden könnte, sind jedoch die anderen Staaten. Noch zu Beginn des Jahres setzten viele Regierungen den Bundeskanzler unter Druck. Nun scheinen sie sich nicht an ihrer eigenen Versprechungen erinnern zu können.
Symptomatisch für die Umstände ist die Situation der Niederlande. 18 Leopard-2-Panzer – so viel wie Deutschland – hatte man zunächst in Aussicht gestellt – geliefert wird jetzt letztendlich kein einziger. Der Grund: Die Niederlande besitzt selbst keine Leopard-2-Panzer, sondern hat diese lediglich von Deutschland geleast. Eine Sprecherin das Verteidigungsministerium verwies bei der Begründung auf eine Entscheidung auf Berlin. Die Bundesregierung ließ kurz darauf verlauten, man habe keine offizielle Anfrage über die Bereitstellung der Panzer aus Den Haag erhalten.
Mehrere Länder ziehen Kampfpanzer-Zusagen zurück – Finnland und Dänemark haben keine Leopard 2 abzugeben
Auch Dänemark fällt zunächst für ein Panzerbündnis aus. Von den insgesamt 44 Leopard-2-Panzern befände sich der Großteil auf einer Nato-Mission in Estland. Den Rest wolle die Regierung in Kopenhagen zur Landesverteidigung behalten. Auch in Deutschland wurden zuletzt immer wieder Stimmen laut, die durch die Lieferungen an einer Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zweifelten.
Die Spanier, die zu den größten Befürwortern einer Panzerallianz gezählt hatten, wurden ebenfalls vorsichtiger in ihren Ankündigungen. Madrid braucht einen Großteil der Panzer für die Landesverteidigung. Wohl auch zur Abschreckung gegen Marokko im Streit um die Exklaven Ceuta und Melilla. Finnland sagte die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine mit Verweis auf die eigenen, knapp 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland gleich komplett ab. Stattdessen will man drei Minenräumpanzer liefern. Und Schweden wollte die Bereitstellung von Leopard-2-Panzern zunächst an eine Aufnahme in die Nato binden.
Panzer-„Fiasko“: Pistorius kritisiert Verbündete als „Ankündigungsweltmeister“
Kanzler Scholz wurde vom großen Blockierer plötzlich zur treibenden Kraft und musste die Panzer bei seinen Verbündeten eintreiben. Sein Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) konnte sich dabei einen gewissen Spott nicht verkneifen. Der 62-Jährige sprach mit Blick auf die ausbleibenden Zusagen der Partner von „Ankündigungsweltmeistern“. Die Zeit zitierte in einem Bericht am Donnerstag auch ein weiteres nicht näher genanntes Mitglied der Bundesregierung, das von einem „Beauty-Contest“ unter den westlichen Staaten sprach. Es ginge darum, wer der „bester Freund der Ukraine“ sein kann.
Das US-amerikanische Magazin Tablet sprach mit Blick auf die plötzlich fehlende Bereitschaft zur Lieferung von einem „Fiasko“. Durch die Zögerlichkeit der Verbündeten hätte man nun genau das Szenario geschaffen, das der Bundeskanzler durch seine anfängliche Zurückhaltung vermeiden wollte: Ein von Berlin organisierte und angeführtes Unterfangen. Dieses Bild sei darüber hinaus auch Wasser auf die Mühlen der Kritiker an Waffenlieferungen an die Ukraine. Weiterführende militärische Unterstützung für die Ukraine könnte dadurch zunehmend an Rückhalt in der breiten Gesellschaft verlieren.
Deutschland stellt 18 Leopard 2: erstes Panzer-Bataillon für die Ukraine endlich komplett
Bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor knapp zwei Wochen wurde deswegen noch einmal verstärkt um die Zusagen der verbleibenden Verbündeten geworben. Nato-Generalsekretär Stoltenberg appellierte unter anderem an Schweden, Dänemark und Spanien, „alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um moderne Waffen zu liefern - auch gepanzerte Fahrzeuge und Kampfpanzer“.
Letztendlich gab Schweden daraufhin bekannt, zehn Kampfpanzer an Kiew liefern zu wollen. Zusammen mit drei Panzern aus Portugal und den 18 „Leos“ aus Deutschland stand somit das erste Bataillon für Kiew. Im zweiten Kampfverband müssen derweil noch letzte Details geklärt werden. Sollte Spanien fünf Panzer liefern, wäre auch dieses Bataillon mit den Lieferungen aus Polen (14), Norwegen (8) und Kanada (4) komplett.
Ob die Lieferung der zwei Bataillone wirklich bis Ende März erfolgen kann, bleibt abzuwarten. Die Bereitstellung der 62 Kampfpanzer könnte jedoch ein Hinweis darauf sein, dass die westliche Militärallianz in ihrem Vorgehen wenig geeint ist, als es den Anschein erweckt. (fd)