China betreibt online Pro-Russland-Propaganda

Obwohl China eine neutrale Haltung zum Konflikt in der Ukraine predigt, werden Nachrichten aus dem Ukraine-Krieg manipuliert.
Peking – Eine Reihe von mit der chinesischen Regierung verbundenen Medien und pro-russische Social-Media-Konten verbreiten im chinesischen Internet im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg Pro-Kreml-Stimmung, berichtet die britische Tageszeitung The Guardian.
Anonyme Online-Aktivistinnen und -Aktivisten, zum Beispiel der Twitter-Account Great Translation Movement, haben Chinas Pro-Russland-Propaganda aufgedeckt. Sie weisen auf ihrem Account auf Fehlübersetzungen hin, die fälschlicherweise ukrainische Truppen für Bombenanschläge und Gräueltaten russischer Streitkräfte gegen Zivilisten verantwortlich machen.
Falsche Übersetzungen machen Ukraine verantwortlich für Bombenanschläge
Am 21. April enthüllte ein vom Guardian veröffentlichter Artikel, wie Zivilisten, die während der russischen Besetzung der ukrainischen Stadt Butscha starben, von winzigen Metallpfeilen, sogenannten Flechettes, getötet wurden. Sie stammten aus Granaten eines Typs, der von russischer Artillerie abgefeuert wurden.
Die South Review, ein offizielles staatliches Medium und Tochtergesellschaft der Kommunistischen Partei Chinas übersetzte den Artikel jedoch falsch und behauptete, die Flechette-Geschosse seien von ukrainischen Streitkräften abgefeuert worden.
Der offensichtlich falsch übersetzte Artikel sorgte selbst in Chinas stark überwachten sozialen Medien für viel Kontroverse. Viele englischsprachige Nutzer von Weibo wiesen auf den Fehler hin. Am 27. April stellte China Fact Check auf der in Shanghai ansässigen Nachrichten-Website Paper fest, dass es sich um eine „Fehlübersetzung“ handele.
China: Pro-russische Social-Media-Konten manipulieren Nachrichten
Obwohl China eine neutrale Haltung zum Ukraine -Konflikt predigt, wurden auch bei anderen Gelegenheiten Nachrichten von der ukrainischen Front manipuliert.
Beispielsweise explodierten am 8. April in Kramatorsk in der Ostukraine zwei russische ballistische Raketen über dem Bahnhof, warfen Streumunition ab, töteten 59 Menschen und verletzten Hunderte von Passagieren. Am selben Tag behauptete ein populärer Militär-Weibo-Account mit mehr als 34 Millionen Anhängern fälschlicherweise, der Angriff sei von ukrainischen Truppen ausgeführt worden. Gegen Ende des Eintrags fügte der Account einen Hashtag hinzu, der darauf hinwies, dass US-Labore in der Ukraine an acht schweren Infektionskrankheiten arbeiten.
China: Ansichten der westlichen Medien stoßen oft auf Zensur
In China gibt es Debatten über den Ukraine-Konflikt, aber in den sozialen Medien, die stark überwacht werden, stoßen Ansichten der westlichen Medien oft auf Zensur. Anti-westliche Kommentatoren der Ereignisse folgen einer Kreml-Linie und beschuldigen die Nato und die USA für das, was sie russlandtreu „militärische Spezialoperation“ nennen.
Letzten Monat gingen einige chinesische Experten so weit zu hinterfragen, ob die Morde in Butscha eine „inszenierte Aufführung“ gewesen seien. „Schließlich ist Selenskyj ein Schauspieler, der das tut, wofür Schauspieler ausgebildet werden“, sagte ein Militärkommentator bei Phoenix TV, einem chinesischen Staatssender. Einen Monat zuvor sagte derselbe Experte, Russlands Invasion sei „zur Selbstverteidigung“ angesichts des Drucks der USA gewesen.
China: Kampagne gegen Great Translation Movement
„In Chinas EN-CN-Wörterbuch wird ‚Russland‘ in ‚Ukraine‘ übersetzt “, sagte die Great Translation Movement laut Guardian. Die dezentrale anonyme Gruppe wird von mehreren hundert Freiwilligen auf der ganzen Welt betrieben und entstand kurz nach der Invasion Russlands in der Ukraine. Aus Sicherheitsgründen, sagen sie, kennen sie die geografischen Standorte anderer Mitwirkender nicht. Aber sie wurden durch dieselbe Mission zusammengebracht: Pekings Propaganda zu widersprechen und diejenigen in China zu benennen, die Putins Krieg in der Ukraine unterstützen.
Aber als die Great Translation Movement ihren Kreuzzug gegen pro-russische Fehlinformationen begann, starteten auch die chinesischen Staatsmedien ihre eigene Kampagne, um sie zu diskreditieren. Die nationalistische Boulevardzeitung Global Times zum Beispiel hat seit März eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, in denen die Online-Aktivistinnen und -Aktivisten beschuldigt werden, Teil der „Anti-China-Truppe“ zu sein, berichtete der Guardian. In den Artikeln der Global Times heißt es unter anderem: „Angesichts des rasanten Aufstiegs Chinas und des Niedergangs des Westens brauchen diese Menschen eine illusorische Überlegenheit, um sich besser zu fühlen.“ (sot)