Prigoschin-Putin-Streit spitzt sich zu: Wagner-Boss wehrt sich gegen Konkurrenz aus dem Kreml

Der Konflikt zwischen Prigoschin und Putin scheint sich zuzuspitzen. Dieses Mal greift der Söldner-Boss gezielt russische Privateinheiten an.
Moskau – Wagner-Chef Prigoschin macht sich mit seiner scharfen Kritik am Kreml nicht beliebt beim russischen Verteidigungsministerium. Nachdem er bereits häufiger die Kriegsführung öffentlich verurteilt hatte, stichelt er nun gegen militärische Privateinheiten des Kremls und kritisiert ihre Verteidigungsfähigkeit an der Front. Experten zufolge fürchtet Prigoschin drohende Konkurrenz für seine Wagner-Gruppe durch die Ausweitung von Wladimir Putins Privateinheiten.
Streit zwischen Söldner-Armeen: Wagner-Chef Prigoschin will staatliche Privateinheiten untergraben
Um gegen staatliche PMCs (private Militärgruppen) vorzugehen, habe Prigoschin eine Informationskampagne gestartet. Damit wolle er die Glaubwürdigkeit russischer PMCs untergraben, berichtet der Think Thank Institute Study of War (ISW). Besonders die Einheiten „Potok“ und „Alexander Newski“ nimmt Prigoschin ins Visier. Er behauptet, diese an ihren Standorten besucht zu haben und übte scharfe Kritik am schlechten Zustand dieser Einheiten aus.
Die Potok-Einheit ist Berichten zufolge eine von drei Freiwilligenabteilungen des staatlichen russischen Energieunternehmens Gazprom. Prigoschin behauptete, dass die Potok-Einheiten die Wagner-Gruppe an der Front unterstützen sollten. Er stellte ihre Fähigkeit allerdings vor dem Hintergrund infrage, dass es ihnen an angemessenem Nachschub und Waffen fehlt. Der Wagner-Chef kritisierte auch die allgemeine Verbreitung solcher PMCs, was ISW-Experten als seine Angst vor wachsender Konkurrenzkampf für seine Schattenarmee deuten.
Fürchtet Wagner-Chef Prigoschin wachsende Konkurrenz? Putins Privatkämpfer beklagen Waffenmangel
Wagner nahestehende Quellen behaupteten laut ISW zudem, dass es zwischen den Wagner-Söldnern und den Kämpfern der Einheit Potok angespannt ist. Berüchtigte Wagner-Söldner hätten Kämpfer von Potok neue, nicht näher bezeichneten Stellungen bei der Verteidigung zugewiesen, damit sich Prigoschins Kämpfer neu gruppieren könne. Die vom Staat kontrollierte Privateinheit habe diese aufgetragenen Stellungen jedoch aufgegeben und den ukrainischen Kräften die Rückeroberung des Gebiets ermöglicht.
Mitarbeiter der Potok-Einheit veröffentlichten dem ISW zufolge am 24. April eine Videobotschaft, in der sie ihre Führungseinheiten beschuldigten, sie nicht mit angemessenen Waffen und Nachschub versorgt zu haben. Sie warfen offenbar auch den Führungskräften von Wagner vor, das Verlassen ihrer Stellungen verboten zu haben. Einige Militärblogger, die auch der Wagner-Gruppe nahe stehen, kritisierten die Potok-Einheit dafür, dass sie ihre Führungsunternehmen beschuldigten und ihre schlechte Kampfleistung auf ihren Status als Freiwillige zurückführten.
Konflikt zwischen Prigoschin und Putin spitzt sich zu – Verhältnis bleibt ambivalent
Das Verhältnis zwischen Prigoschin und dem Kreml-Chef war zuletzt stets durchwachsen. Es kam häufiger zu Konflikten zwischen Prigoschin und Putin. Der Wagner-Chef hatte mit sonderbaren Aussagen über den Ukraine-Krieg immer wieder für Wirbel gesorgt. Prigoschin hatte entgegen der russischen Kriegspropaganda bestritten, dass Russland in der Ukraine gegen „Nazis“ kämpfe. Der Kreml wiederum hatte sich von Prigoschin distanziert, nachdem dieser einen Vergleich zum Stalingrad gezogen hatte.
Doch auch wenn sich beide Lager häufiger anfeinden, versuchen sie möglichst viel voneinander zu profitieren. So strebt der Kreml offenbar eine engere Zusammenarbeit mit der Wagner-Gruppe an, um die Eroberung Bachmuts stärker anzutreiben. Ein Indiz dafür soll die Rückkehr des russischen Generalobersts Michail Teplinski an die Kriegsfront sein. Prigoschin, der sich in der Vergangenheit häufiger hinter Teplinski gestellt hatte, bestätigte nun offenbar Teplinskis Wagner-Zugehörigkeit in einer öffentlichen Unterstützungsbekundung. (bohy)