+++ 22.13 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat sich am Abend zur aktuellen Situation im Ukraine-Russland-Konflikt geäußert. Seit dem Beginn der Krise habe Biden immer klargemacht, dass die USA bereit seien, diplomatisch mit Russland zu verhandeln. „Und wir sind bereit, entschlossen auf einen russischen Angriff auf die Ukraine zu reagieren, der nach wie vor sehr wahrscheinlich ist. All die Ereignisse der letzten Wochen und Monate haben gezeigt, dass dies unser Ansatz war und ist“, sagte der Staatschef. Die USA seien „auf alles vorbereitet, egal was passiert“.
Biden unterstütze alle diplomatischen Bemühungen, damit der Konflikt deeskaliert wird. Alle Seiten müssten sich auf gewisse Standpunkte einigen, um Sicherheitsfragen in Europa zu klären. Die USA böten neue Rüstungskontrollen und andere Maßnahmen an. Die USA und deren Partner würden allerdings keine Grundprinzipien ihrer Sicherheitspolitik opfern.
Alle Nationen hätten das Recht auf Souveränität und territoriale Integrität, sagte Biden in Bezug auf die Ukraine. Trotzdem gebe es nach wie vor einen großen diplomatischen Spielraum. Solange es Hoffnung auf eine nicht-militärische Lösung gibt, werde Biden alles dafür tun. Waffengewalt und „unglaubliches menschliches Leid“ müssten verhindert werden.
Zur Ankündigung von Russland, Truppen von der Grenze des Landes zurückzuziehen, sagte Biden: „Wir konnten noch nicht verifizieren, dass die russischen Militäreinheiten zu ihren Heimatbasen zurückkehren – unsere Analysten weisen darauf hin, dass sie sich weiterhin in einer bedrohlichen Position befinden.“ Eine Invasion sei weiterhin möglich.
Sollte es zu einem Einmarsch in die Ukraine kommen, würden die menschlichen Kosten für die Ukraine gigantisch sein. „Und auch die strategischen Kosten für Russland werden immens sein. Wenn Russland die Ukraine angreift, wird dies auf eine überwältigende internationale Verurteilung stoßen. Die Welt wird nicht vergessen, dass Russland sich für unnötigen Tod und Zerstörung entschieden hat“, so Joe Biden.
+++ 20.55 Uhr: Frankreich hat Russland davor gewarnt, die prorussischen ukrainischen Provinzen Donezk und Luhansk als unabhängig anzuerkennen. Dies wäre „eine Art Angriff ohne Waffen“, sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian bei einer Anhörung des Parlaments. Das russische Unterhaus hat Präsident Wladimir Putin aufgefordert, die Provinzen für unabhängig zu erklären.
„Kiew hält das Minsker Abkommen nicht ein“, erklärte der Präsident der Duma, Wjatscheslaw Wolodin, mit Blick auf die nach der belarussischen Hauptstadt benannten Vereinbarung zur Befriedung der Ost-Ukraine. „Unserer Bürger und Kameraden, die im Donbass leben, brauchen unsere Hilfe und unsere Unterstützung“, ergänzte er mit Blick auf die von prorussischen Separatisten gehaltenen Region im Osten der Ukraine.
+++ 18.03 Uhr: Russland kündigte in der Ukraine-Krise überraschend an, Truppen von der Grenze des Landes zurückzuziehen. Den USA liegen nach Aussage der US-Vertreterin bei den Vereinten Nationen bislang keine Belege für einen Abzug russischer Truppen aus den Regionen nahe der Ukraine vor. Ein solcher Schritt wäre jedoch willkommen, heißt es in einer Erklärung von Linda Thomas-Greenfield.
Derweil wies Russlands Außenminister Sergej Lawrow seinem Ministerium zufolge in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Antony Blinken „aggressive Rhetorik“ als inakzeptabel zurück. Lawrow habe zudem zu einem pragmatischen Dialog über Sicherheitsfragen aufgerufen, hieß es in einer Erklärung weiter.
+++ 16.30 Uhr: In den Signalen aus Moskau in Richtung einer diplomatischen Lösung der Ukraine-Krise, sehen zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Spitzenpolitik eine positive Entwicklung. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bewerte die Entwicklung erstmals als Grund für „vorsichtigem Optimismus“. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den angekündigten Teilrückzug von russischen Truppen von der ukrainischen Grenze zur Ukraine als „gutes Zeichen“.
Dennoch gebe es bei den Truppenbewegungen an der Grenze zur Ukraine noch kein Zeichen der Deeskalation, betonte der Nato-Generalsekretär. Mit dem Blick auf die mehr als 100.000 Soldaten, die Russland nach westlichen Angaben an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat, forderte Stoltenberg „einen umfangreichen Truppenabzug“. Noch habe Moskau „alles für einen neuen Angriff vorbereitet“. Der Kreml hatte zuvor von einem geplanten Teilabzug der Truppen gesprochen.
Stoltenberg betonte, die Nato sei weiter zu Verhandlungen mit Russland bereit. Dies verdeutliche auch der Besuch von Bundeskanzler Scholz in Moskau. Dieser betonte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstag in Moskau, Sicherheitsfragen in Europa könnten nur mit und nicht „gegen Moskau“ geklärt werden. Die diplomatischen Möglichkeiten seien in der Ukraine-Krise „bei weitem nicht ausgeschöpft“, so Scholz.
Deutlich zurückhaltender äußerte sich die US-Botschafterin bei der Nato, Julianne Smith. Die USA hätten die russischen Angaben zu einem Truppenrückzug „zur Kenntnis genommen“, sagte Smith. „Wir müssen überprüfen, ob das der Wahrheit entspricht.“ Sie verwies auf ähnliche russische Angaben im Dezember, die sich letztlich als falsch herausgestellt hätten.
Auch der britische Premier Boris Johnson* warnte davor, aus den Signalen aus Moskau, voreilige Schlüsse zu ziehen. „Wir sehen, dass Russland offen für Gespräche ist“, sagte Johnson dem Sender Sky News am Dienstag. „Andererseits sind die Geheimdienstinformationen, die wir heute erhalten, immer noch nicht ermutigend.“ Demnach seien die russischen Streitkräfte „praktisch jederzeit einsatzbereit“. Dazu errichtete das russische Militär in Belarus nahe der ukrainischen Grenze Feldlazarette, was Johnsons Einschätzung nach „nur als Vorbereitung für eine Invasion verstanden werden“ könne.
+++ 14.55 Uhr: Inmitten schwerer Spannungen im Ukraine-Konflikt zeigt sich Russland laut Berichten der dpa bereit für neue Gespräche mit dem Westen. Außenminister Sergei Lawrow sagte am Dienstag (15.02.2022) in Moskau, der Dialog mit den USA und der Nato über die von Russland geforderten Sicherheitsgarantien werde fortgesetzt. Dabei geht es um die Nichtstationierung von Mittelstreckenraketen und der „Verringerung militärischer Risiken“, meinte Lawrow.
Derweil bot die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Moskau einen neuen Dialog an. Polens Außenminister Zbigniew Rau flog dazu in die russische Hauptstadt. Derzeit sitzt Polen der OSZE vor. Die Situation rund um die Ukraine bleibe außerordentlich angespannt und drohe, ernsthaft zu eskalieren, sagte Rau. „In diesem Sinne haben wir eine Initiative für einen neuen Dialog über europäische Sicherheit vorgeschlagen.“
Den Vorschlag nannte Lawrow „interessant“. „Wir sind bereit zu einer sehr engen Zusammenarbeit mit dem OSZE-Vorsitz.“ Lawrow hatte seine OSZE-Kollegen zu einer schriftlichen Antwort auf die Frage aufgefordert, wie die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten eines anderen gewährleistet werden könne. Derzeit sei für Russland aber der Dialog mit den USA und der Nato das Wichtigste. „Ohne Fortschritte mit den USA und der Nato werden Gespräche in Wien keine Fortschritte bringen.“
Update von Dienstag, 15.02.2022, 13.14 Uhr: Nach einer entsprechenden Warnung für die Ukraine haben US-Behörden nun auch ihre Landsleute in Belarus dazu aufgerufen, das Land schnellstmöglich zu verlassen. Hintergrund für die Reisewarnung, die bereits am Montag ausgesprochen wurde, sei ein Truppenaufzug an der Grenze des russischen Nachbarlands zur Ukraine. Das berichtet das regierungskritische russische Nachrichtenportal Moscow Times.
So heißt es in der Reisewarnung: „Wegen zunehmender außergewöhnlicher Aktivitäten des russischen Militärs an der Grenze zur Ukraine werden US-Bürger, die in Belarus leben oder eine Reise in das Land planen, darauf hingewiesen, dass die Situation unvorhersehbar ist und es zu Spannungen in der Region kommen kann“. Bereits vergangenen Monat seien nach Behördenangaben bereits Angehörige von Beschäftigten der Minsker Botschaft zum Verlassen des Landes aufgerufen worden.
Erstmeldung von Dienstag, 15.02.2022, 11.57 Uhr: Kiew – Aus Sorge vor einem russischen Angriff auf die Ukraine noch in dieser Woche haben die USA ihre diplomatische Vertretung in der Ukraine von der Hauptstadt Kiew in die westukrainische Stadt Lwiw unweit der Grenze zu Polen verlegt. Die Botschaft in Kiew werde „vorübergehend“ geschlossen, wie US-Außenminister Antony Blinken am Montag (14.02.2022) erklärte. Währenddessen kündigte Russland am Dienstag (15.02.2022) den Abzug erster Truppen aus dem Süden und Westen des Landes an.
Die Entscheidung, die Botschaft vorläufig zu verlegen, sei laut Außenministeriumssprecher Ned Price „absolut notwendig“ gewesen, wie der Fernsehsender CNN Blinkens Sprecher zitiert. Diese Einschätzung folge einer „deutlichen Möglichkeit, vielleicht realistischer als je zuvor, dass es von russischer Seite zu militärischen Aktionen kommt“. Die USA beobachte seit Monaten eine unprovozierte Aufrüstung Russlands entlang der Grenze zur Ukraine. In dieser Situation biete die Stadt Lwiw einen „Grad von Schutz, den andere Städte in der Ukraine nicht bieten“.
Der Umzug der Botschaft sei bis ins kleinste Detail geplant gewesen, sagte Price und verwies darauf, dass sicherheitsrelevante Dokumente und Ausrüstung mit größter Vorsicht behandelt worden wären. Details, was er damit meinte, nannte Price laut CNN nicht. Laut CNN bestätigte jedoch auch eine weitere Person aus Ministeriumskreisen, dass Geheimunterlagen vernichtet worden seien.
Dazu berichtet das auf US-Politik spezialisierte Nachrichtenportal Thehill.com, dass bereits am Samstag (12.02.2022) die Vernichtung von Dokumenten besprochen worden sei. Die Quelle dafür sei eine Mitschrift aus einem Telefonat zwischen einem stellvertretenden Staatssekretär des Außenministeriums und dem Abgeordneten des Repräsentantenhauses Gregory Meeks, die dem Nachrichtenportal vorliegt. Demnach seien auch Einreise- und Reisedokumente vernichtet worden, die sicherheitsrelevante Informationen beinhalten.
Vor der Botschaft in Kiew bestätigte ein ukrainischer Sicherheitsmann gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, alle US-Vertreter hätten das Gebäude verlassen, das nun geschlossen sei. Eine US-Fahne war nicht zu sehen. Die USA hatten zuletzt bereits die Zahl ihrer Mitarbeiter in der Botschaft in Kiew deutlich reduziert. In Lwiw wolle man die Ukraine weiterhin mit einem diplomatischen „Kernteam“ für die Regierung der Ukraine ansprechbar sein, sagte Price dem Sender CNN.
Auch US-Außenminister Blinken betonte, dass man mit dem Wegzug aus Kiew die Ukraine keinesfalls im Stich lassen wolle: „Wir setzen auch unsere intensiven diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation der Krise fort.“ Die „Vorsichtsmaßnahmen“ würden in keiner Weise die Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ukraine untergraben. „Unser Engagement für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine ist unerschütterlich.“ Neben den USA versuchen auch andere westliche Länder wie Frankreich*, Großbritannien* und Deutschland zur Deeskalation im Ukraine Konflikt beizutragen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz* ist in dieser Woche in die Ukraine und nach Russland gereist.
Währenddessen hat Russland am Dienstag den Abzug von Truppen angekündigt, der nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums noch am selben Tag beginnen solle. Zuvor hatte bereits Verteidigungsminister Sergej Schoigu angekündigt, dass einige Übungen kurz vor dem Abschluss stünden. Um wie viele Soldaten es sich handelte, war zunächst unklar.
Andere Manöver liefen jedoch unbeeinflusst von der russischen Ankündigung weiter, heißt es in dem Agenturbericht. So setze Russland etwa einen „Komplex von großangelegten Maßnahmen zur operativen Ausbildung von Truppen und Streitkräften“ fort. Auch im Schwarzen Meer hielten unterdessen mehr als 30 russische Kriegsschiffe unterschiedlicher Klassen ein weiteres Übungsmanöver unter Einsatz von Artillerie ab.
Dennoch werde die russische Ankündigung als möglicher Schritt in Richtung einer Entspannung gewertet. Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, schrieb im sozialen Netzwerk Telegram: „Der 15. Februar 2022 wird als Tag des Scheiterns der westlichen Kriegspropaganda in die Geschichte eingehen.“ Der Westen habe sich blamiert. (ska/lz mit AFP/dpa) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA