Waffenlieferung aus Südafrika? USA erheben Vorwürfe – Berlin ist alarmiert

Die USA sind davon überzeugt, dass Südafrika Waffen an Russland liefert. Pretoria dementiert nicht. Berlin reagiert alarmiert und besorgt.
Washington – Sprengsätze zu zünden gehört nicht zu den Tätigkeiten eines Diplomaten – aber in diesem Fall machte Washingtons Gesandter in Südafrika mal eine Ausnahme. Reuben Brigety rief kürzlich eine Gruppe lokaler Journalist:innen zu sich, um vor ihren Augen eine Bombe explodieren zu lassen: Südafrika habe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin für dessen Feldzug in der Ukraine Waffen und Munition zukommen zu lassen, tobte der US-Botschafter: Die ANC-Regierung habe ihre angebliche Neutralität im Ukraine-Konflikt aufgegeben und sei zumindest indirekt zur Kriegspartei geworden.
Der Vorwurf versetzt den ohnehin angespannten Beziehungen zwischen den USA und Südafrika einen weiteren Schlag: Der Streit könnte zu einer Beendigung der Zollerleichterungen, zu einem Investitionsboykott oder gar zu Sanktionen Washingtons gegenüber dem Kap der Guten Hoffnung führen.
Waffenlieferungen: Bei Nacht und Nebel steuerte ein russischer Frachter einen Militärhafen an
Genaugenommen handelt es sich bei Brigetys Sprengsatz um eine Zeitbombe, denn der Vorfall, auf den sich der Botschafter bezieht, liegt bereits fünf Monate zurück. In einer Nacht- und Nebelaktion steuerte der russische Frachter „Lady R“ am 6. Dezember den südafrikanischen Militärhafen Simon’s Town an und wurde dort in aller Heimlichkeit beladen: Das sorgte schon damals weit über die Grenzen Südafrikas hinweg für Aufsehen. Damals machte Pretoria Unwissenheit geltend: Man werde der Sache nachgehen, hieß es, danach passierte fünf Monate lang nichts. Dagegen blieb der CIA offenbar nicht müßig: „Unsere Informationen über den Vorfall sind so hart, dass ich dafür mein Leben geben würde“, sagte Brigety.
Pretoria bestritt den Vorwurf bislang nicht: Stattdessen kündigte Präsident Cyril Ramaphosa eine weitere Untersuchung an. Dass ein Staatschef selbst fünf Monate nach einem derart heiklen Vorfall angeblich keine Ahnung hat, was vor sich ging, ist dem ANC-Chef offenbar nicht einmal peinlich. Indessen sieht sich die oppositionelle Demokratische Allianz in ihrem Verdacht bestätigt, dass Ramaphosas Regierung in Putins verheerenden Krieg in der Ukraine verwickelt ist: „Und das alles nur, weil Russland den ANC finanziell unterstützt.“
Waffenlieferungen an Russland: Auch Berlin ist alarmiert
Berichte zu möglichen Waffenlieferungen aus Südafrika an Russland alarmieren auch die deutsche Bundesregierung. „Ich bin sehr besorgt darüber, dass es diese Berichte jetzt gegeben hat“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Schweden. Man nehme solche Informationen „sehr, sehr ernst“ und werde das Gespräch mit internationalen Partnern suchen.
Die Haltung der südafrikanischen Regierungspartei zum Krieg in der Ukraine ist schon seit einem Jahr umstritten. Pretoria enthielt sich bei jeder Verurteilung Putins in der UN-Vollversammlung der Stimme: Das Land sei „blockfrei“, heißt es: Im Konflikt der Großmächte werde schon alleine deshalb keine Partei ergriffen, weil man sich als Vermittler bereit halten wolle. Dazu passt allerdings kaum, dass Südafrika wie Russland dem von China dominierten Staatsbündnis Brics angehört, dass seine Marine gemeinsam mit der russischen und chinesischen ausgerechnet am Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine ein Manöver abhielt, dass kürzlich eine russische Militärmaschine auf dem Militärflughafen Pretorias landete, und dass der ANC bei einem Besuch in Moskau mit Putins Partei „Vereintes Russland“ engere Kooperation vereinbarte.
Putin will zum Gipfeltreffen nach Südafrika kommen
Schon zeichnet sich ein weiterer Konflikt ab: Im August findet der Brics-Gipfel in Südafrika statt, zu dem auch Putin kommen will: Der müsste nach südafrikanischen Recht wegen seiner Anklage vor dem Strafgerichtshof in den Haag allerdings sofort verhaftet werden. Wie sich Pretoria aus dieser Affäre ziehen will, ist noch völlig offen. Viele „Comrades“ des ANC sehen Putin als Erben der Sowjetunion, die einst die Befreiungsbewegung unterstützte – während Washington mit der Apartheid-Regierung, mit Imperialismus und Hegemonialansprüchen in Verbindung gebracht wird. (mit dpa)